Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
lebenden Bären so nahe gewesen.
    Ihr Kopf war so groß wie ein Scheffelkorb, und ihr heißer Atem, der über meine Brust strich, stank nach Fisch. Endlich war sie fertig mit mir, trat zurück und stieß dumpfe, schnaubende Laute aus, als versuchte sie zu ergründen, was sie an mir gewittert hatte. Auf dem Hinterteil sitzend, sog sie die Luft durch das offene Maul, wie um meinen Geruch zu schmecken, dann wiegte sie behäbig den Schädel von einer Seite zur anderen und schien zu einem Entschluß zu gelangen. Sie ließ sich wieder auf alle viere fallen und entfernte sich in wiegendem Paßschritt. »Komm«, sagte Rolf kurz und winkte mir, ihm zu folgen. Das Ziel schien der Wald zu sein. Über die Schulter fügte er hinzu: »Du kannst mit uns das Mahl teilen. Der Wolf ist ebenfalls willkommen.«
    Nach kurzem Zögern setzte ich mich in Bewegung.
    Ist das klug? Mein Gespür sagte mir, daß Nachtauge nicht mehr weit entfernt war und mich bald einholen würde.
    Ich muß herausfinden, was es mit ihnen für eine Bewandtnis hat. Sind sie wie wir? Ich habe noch nie mit welchen gesprochen, die von unserer Art sind.
    Ein geringschätziges Schnaufen von Nachtauge. Du bist von Dem-wir-folgen aufgezogen worden. Er ist uns ähnlicher als diese. Ich bin nicht sicher, ob ich in der Nähe eines Bären sein möchte oder des Mannes, der mit dem Bären denkt.
    Ich will mehr wissen, beharrte ich. Wie hat seine Bärin mich gespürt? Wie hat sie zu mir hinausgegriffen? Trotz meiner Neugier hielt ich deutlichen Abstand zu dem seltsamen Paar. Mann und Bär suchten sich einen Weg durch den Weidensaum am Flußufer, bis zu einer Stelle, wo man nach dem Überqueren der Straße sogleich in den Wald auf der anderen Seite eintauchen konnte. Im tiefen Schatten der hohen Bäume stießen wir bald auf einen Wildwechsel, der einen flachen Hügel hinaufführte. Ich spürte Nachtauges Gegenwart, bevor er neben mir auftauchte. Er hechelte von dem langen Lauf. Es tat mir in der Seele weh, ihn auf drei Beinen hinken zu sehen. Zu oft war er schon meinetwegen in Gefahr geraten. Welches Recht hatte ich, das von ihm zu verlangen?
    So schlimm ist es auch wieder nicht.
    Er lief nicht gerne hinter mir, aber der Wildwechsel war zu schmal für uns beide. Ich überließ ihm den gebahnten Pfad und ging nebenher, wich Zweigen und Stämmen aus und behielt unsere Führer im Auge. Keinem von uns war die Bärin ganz geheuer. Ein Schlag ihrer Tatze genügte, um zu verstümmeln oder zu töten, und Bären waren allgemein als launisch und unberechenbar verschrien. Nachtauge trabte mit gesträubtem Nackenfell in der Fahne ihrer Witterung, und mir kribbelte es auf der Haut.
    Nach einer Weile gelangten wir zu einer kleinen, an die Hügelflanke gebauten Hütte aus Steinen und Balken. Zum Abdichten der Fugen hatte man Erde und Moos verwendet. Das Dach aus Stämmen war mit Soden gedeckt; Gras und sogar kleine Sträucher wuchsen darauf. Die Tür war ungewöhnlich breit und stand weit offen. Beide, Mann und Bär, verschwanden in der Hütte; ich überwand mein Unbehagen, wagte mich näher und warf einen Blick ins Innere. Nachtauge hielt sich im Hintergrund, das Fell gesträubt, die Ohren gespitzt.
    Rolf der Schwarze steckte den Kopf aus der Tür, um nach uns zu sehen. »Tretet ein und seid willkommen«, sagte er, und als wir uns offenbar nicht entschließen konnten, fügte er hinzu: »Altes Blut wendet sich nicht gegen Altes Blut.«
    Mit zögernden Schritten folgte ich der Einladung. In der Mitte des Raums stand ein niedriger Steintisch mit einer Bank an jeder Längsseite. In einer Ecke gab es einen gemauerten Kamin, flankiert von zwei großen, bequem aussehenden Armstühlen. Eine Tür führte in ein kleines Nebengelaß, vermutlich das Schlafzimmer. In der Hütte roch es wie in einer Bärenhöhle, nach Tier, feuchtem Stein und Erde. Eine Frau stellte gerade den Besen weg, nachdem sie den Lehmboden gefegt hatte. Sie trug braune Kleider, und ihr kurzes braunes Haar lag eng am Kopf wie eine Kappe. Sie wandte mir langsam das Gesicht zu und betrachtete mich mit einem langen, unverwandten Blick aus braunen Augen. Sie sagte kein Wort, bedeutete uns nur mit einer Handbewegung einzutreten. In einer Ecke entdeckte ich verstreute blanke Knochen, und die Mauer dort zeigte Krallenspuren. Ich wandte mich an Rolf und begegnete seinen glitzernden schwarzen Augen, die mich musterten. »Ich habe nie zuvor von diesem ›Alten Blut‹ gehört«, bekannte ich.
    »Aber du weißt, was es ist.« Er lächelte, und

Weitere Kostenlose Bücher