Die Legende von Carter Prewitt
eine Nacht darüber schlafen«, schlug Corinna vor. »Sie können in der Mannschaftsunterkunft nächtigen, James.«
»Auch ich werde im Bunkhouse übernachten«, gab Carter Prewitt zu verstehen.
*
Es war hell, als Carter Prewitt und James Allison auf den Hof traten. Sie wuschen sich am Brunnen, dann gingen sie ins Ranchhaus. Es roch nach Kaffee und frischem Brot. Buck, der alte Cowboy, der als einziger bei den Prewitts geblieben war, saß am Tisch. Kath Prewitt stand am Herd. Auf dem Tisch standen Tassen. Die verhärmte Frau nahm die Kaffeekanne, trug sie zum Tisch und schenkte die Tassen voll. Buck nahm eines der frischen Brote, brach es auseinander und tauchte die eine Hälfte in seinen Kaffee. Das aufgeweichte Stück schob er sich in den zahnlosen Mund.
Kath Prewitt sagte: »Meine Tochter hat mir von Ihnen erzählt, Mister Allison. Ich heiße Sie auf der Triangle-P willkommen.«
»Vielen Dank, Ma'am. Ich nehme Ihre Gastfreundschaft gerne an.«
»Corinna hat mir von deinen Absichten berichtet, Carter«, so wandte die Frau sich an ihren Sohn.
»Wir werden heute anfangen, meine Pläne in die Tat umzusetzen«, meinte Carter Prewitt. »Alles wird gut werden, Ma. Du wirst es sehen. Wir gehen nach Oregon und beginnen dort von Neuem.«
Corinna kam aus einem anderen Raum und setzte sich an den Tisch. Sie nickte erst ihrem Bruder, dann James Allison zu. Carter Prewitts letzte Worte hatte sie vernommen. Sie sagte: »Ich denke, es wird ein gutes Leben oben in Oregon. Es gilt jetzt, alles daranzusetzen, um die Basis für den Neustart zu schaffen. Sprich mit Hank Meredith, Bruder. Biete ihm an, mit uns nach Oregon auszuwandern. Sag ihm, dass uns im Westen das Paradies erwartet.«
Eine Viertelstunde später ritten Carter Prewitt und James Allison von der Ranch. Ihr Ziel war Southton. Carter Prewitt hatte das blaue Uniformhemd ausgezogen und trug auch eine neutrale Hose. Ein erster Schritt, um die Jahre des Krieges und der Gefangenschaft zu vergessen und diese wenig erfreuliche Vergangenheit abzuschütteln.
Sie erreichten die Stadt und bewegten sich mitten auf der breiten Hauptstraße. Einige Passanten beobachteten sie. Beim Store hielten sie an und stiegen von den Pferden. Während James Allison sich auf die Vorbaukante setzte und die Beine übereinander schlug, ging Carter Prewitt hinein.
Joana bediente gerade eine ältere Frau. Carter Prewitt stellte sich an den Tresen und wartete. Die Lady bezahlte, Joana half ihr, die Waren in eine bauchige Tasche zu packen, dann verließ die Frau den Laden.
Joana kam um den Tresen herum und trat vor Carter Prewitt hin, blickte hoch in sein Gesicht und sagte: »Es ist alles so hoffnungslos, Carter. Was wirst du tun, wenn du die Ranch verlierst?«
Carter Prewitts Hände legten sich um Joanas Oberarme, er zog sie zu sich heran und küsste sie lange und innig. Ihre Lippen waren weich, ein seltsames Gefühl durchströmte den Mann. Es war Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass Joana auf ihn gewartet hatte. Er liebte sie. Ihr wollte er eine gute Zukunft bieten. Für sie war er bereit zu kämpfen.
»Ich muss mit deinem Vater sprechen«, sagte Carter, nachdem er seine Lippen von ihrem Mund gelöst hatte.
»Dad ist hinten im Lager. Wer hat dir die Schwellung und den Bluterguss am Kinn zugefügt?«
»Es ist nicht der Rede wert«, murmelte Carter Prewitt. »Ich habe eine Entscheidung getroffen, Joana. Sie wird unser aller Leben verändern.«
Joana starrte ihm fragend in die Augen.
»Hier gibt es keine Zukunft für uns«, fuhr Carter Prewitt fort. »Ich werde jetzt mit deinem Vater reden, Darling. Von ihm wird es abhängen, dass ich meinen Plan in die Tat umsetzen kann.«
Da erschien Hank Meredith in der Tür, die in den Lagerraum führte. »Was ist das für ein Plan, Carter?«
»Ich werde eine große Herde nach Kansas City treiben und sie dort oben verkaufen. Der Gewinn, den ich erziele, wird reichen, um in Oregon neu anzufangen. Ja, du hörst richtig, Hank. Wir gehen nach Oregon.«
Der Storebesitzer starrte Carter Prewitt an, als hätte dieser soeben völligen Blödsinn von sich gegeben. Von Joana kam ein verlöschender Laut. Ungläubig starrte sie Carter Prewitt an.
»Das soll wohl ein Witz sein?«, grollte Hank Meredith.
»Kein Witz, Hank. Mir ist es verdammt ernst. Doch ich bin auf deine Hilfe angewiesen.«
»Wie könnte ich dir helfen?«
»Indem du mir Geld leihst.«
Der Storebesitzer lachte gallig auf. »Die Triangle-P schuldet mir sowieso schon an die
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