Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
gesunden Menschenverstand. Hört auf mich, nur dieses eine Mal. Lasst es bleiben.«
»Wir wären Feiglinge, wenn wir es täten«, sagte der Junge. »Bayleen und Rausha waren Freunde. Sie haben etwas Besseres verdient.«
»Sie waren auch meine Freunde. Aber jetzt sind sie tot, und daran könnt ihr nichts mehr ändern.« Der Fährtenleser fixierte sie mit scharfem Blick. »Wenn ihr echte Beweise für eure Sache beibringt, dann könnt ihr berichten.«
Pan schüttelte den Kopf. »Wenn wir darauf warten, werden sich die Leute fragen, warum wir so lange unsere Zunge gehütet haben. Wenn es wahr ist, warum hätten wir es dann vor ihnen verbergen sollen?«
»Wir riskieren, dass die Leute auf die ganz harte Tour erfahren müssen, was wir bereits wissen«, fügte Prue hinzu. »Wir riskieren, anderen beim Sterben zuzusehen.« Sie hob die Hände. »Warum sollten wir es ihnen nicht einfach sagen? Diese Leute kennen uns. Sie wissen, dass wir nicht lügen.«
Trow Ravenlock schüttelte den Kopf. »Skeal Eile würde sie vom Gegenteil überzeugen. Das kann er; ich habe es schon erlebt. Wenn ihr ihn euch zum Feind macht, steht es in seiner Macht, alle gegen euch aufzubringen. Er würde eine derartige Provokation nicht einfach so hinnehmen, ohne zurückzuschlagen. Wenn ihr diesen Bericht abgebt, dann könntet ihr ihn auch gleich einen Lügner und Betrüger nennen. Denn ihr verkündet vor jedermann, dass die Kinder des Hawk seit fünfhundert Jahren in ihrem Glauben geirrt haben. So etwas könnt ihr nicht tun, ohne auf Vergeltung gefasst zu sein. Und darauf seid ihr nicht eingestellt.«
»Worauf ich nicht eingestellt bin«, erklärte Panterra, »ist, die Hände in den Schoß zu legen und nichts zu tun. Was ich gesehen habe, habe ich gesehen. Wir beide haben das. Die Kreaturen, denen wir begegnet sind, stammten nicht aus diesem Tal. Vielleicht hat der Graue Recht, und die schützenden Nebel weichen auf. Aber was auch immer der Fall sein mag… er hat uns aufgetragen, den Leuten von Glensk Wood mitzuteilen, was seiner Einschätzung nach gerade geschieht, und wir haben eingewilligt. Ich werde mein Wort nicht brechen.«
Der Fährtenleser erhob sich und schaute stehend auf Pan. »Ihr begeht einen Fehler. Aber es ist euer Fehler. Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Ich werde noch bis zum Morgen warten– für den wohl wenig wahrscheinlichen Fall, dass ihr eure Meinung doch noch ändert. Dann werde ich mit Pogue Kray reden und dafür sorgen, dass ihr morgen Nacht vorm Rat erscheinen könnt.«
Er schüttelte den Kopf. »Und jetzt geht. Raus mit euch.«
Der Junge und das Mädchen gingen aus dem Langhaus, blieben noch eine Weile auf der Veranda stehen und schauten hinüber zu den erleuchteten Fenstern der Gemeinschaftsgebäude, die in der Dämmerung schimmerten. Wie in einer stummen Übereinkunft schwiegen beide lange.
»Vielleicht hat er Recht«, sagte Prue schließlich.
Pan warf ihr einen Blick zu. »Vielleicht aber auch nicht.«
»Ich meine ja nur.«
»Lass es.«
Sie presste gereizt die Lippen zusammen. »Vielleicht sollten wir einfach ins Bett gehen.«
»Vielleicht sollten wir uns erstmal etwas zu essen beschaffen. So wie wir es geplant hatten.«
Sie stiegen die Stufen herab und folgten dem Weg zu ihren Häusern. Es wurde spät, und zu dieser Stunde waren nur noch wenige Menschen draußen und unterwegs. Die, an denen sie vorbeigingen, nickten höflich oder sagten Hallo. Weil sie die Wahrheit nicht kannten, verlieh ihnen ihre Überzeugung, dass in ihrer Welt alles im Rechten sei, ein Gefühl von Sicherheit. Aus Gründen, die er sich sogar selbst nur schwer erklären konnte, brachte Panterra das sehr durcheinander.
»Kommst du mit zu mir nach Hause und isst mit mir?«, erkundigte Pan sich schließlich.
Prue schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, ich gehe einfach nach Hause und suche mir dort etwas. Ich will ins Bett.«
Sie sagten nichts mehr, bis schließlich ihre Gasse mit der ordentlichen Reihe von Höfen hinter den Bäumen auftauchte. In einigen Fenstern flackerten Lichter, aber keines davon beleuchtete ihr Zuhause. Prues Eltern waren auf Besuch bei der Schwester der Mutter in Fair Glade End, der Nachbargemeinde. Panterras Eltern waren vor zwei Jahren an einer Krankheit verstorben, die niemand richtig zu behandeln gewusst hatte.
Vor Prues Haus blieben die beiden verlegen stehen. Sie vermieden es tunlichst, sich anzusehen.
»Ich wollte dir nicht über den Mund fahren«, meinte Panterra schließlich. »Tut mir
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