Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
gewandt. »Oder aber sie wurde gerettet, wie du willst. Niemand scheint etwas Genaues zu wissen. Es muss irgendwann letzte Nacht passiert sein. Der Wachposten wurde schlafend vorgefunden, und die Zelle, in der sie eingesperrt gewesen ist, war leer. Die Königin ist außer sich vor Wut. Überall suchen Elfenjäger nach ihr, aber bis jetzt hat niemand sie gesehen.«
»Was ist mit den Orullians? Vielleicht ist sie zu ihnen gegangen. Und sie verstecken sie.«
Prue schüttelte den Kopf. »Das ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Die Orullians dienen in einer Abteilung, die den Aphalionpass sichert. Sie waren bereits dort oben, als der König ermordet und Phryne eingesperrt wurde. Angeblich duldet die Königin keinen von ihnen in der Nähe ihrer Cousine und hat befohlen, dass sie dort oben bleiben. Wenn sie keine Möglichkeit gefunden haben, sich aus dem Pass zu schleichen und von den anderen Elfen zu entfernen, müssten sie dort immer noch Wache halten.«
»Wenn sie ihren Posten verlassen, würde man das zweifellos bemerken.« Pan dachte einen Moment darüber nach. »Aber würde Phryne nicht sofort zu ihnen gehen, wenn sie entkommen ist?«
»Wie hätte sie das tun können? Wie sollte sie auch nur in ihre Nähe kommen?« Prue packte seinen Arm. »Aber sie könnte versucht haben, die beiden zu benachrichtigen, dass sie in Freiheit ist. Das könnte sie tatsächlich bewerkstelligt haben.«
»Oder aber sie ist zu ihrer Großmutter gegangen.«
»Daran habe ich auch gedacht. Angeblich wird ihre Großmutter vermisst. Einige behaupten, die Königin hätte sie getötet. Im Moment kursieren alle möglichen Gerüchte in der Stadt. Niemand glaubt wirklich, dass Phryne ihren Vater ermordet hat. Man fragt sich, ob die Königin lügt. Aber immerhin ist sie die Königin, und sie genießt die Unterstützung des Ersten Ministers und der Heimatgarde der Elfen. Also kann niemand viel gegen sie unternehmen.«
»Da Phryne jetzt verschwunden ist, wird sich die öffentliche Meinung auch nicht zu ihren Gunsten neigen. Im Gegenteil, das wirkt eher wie ein Schuldeingeständnis. Ich frage mich, wohin sie wohl geflüchtet ist.«
Prue hob eine Braue. »Ich glaube, das sollten wir die Orullians fragen.«
Pan stimmte ihr zu. »Zunächst jedoch sollten wir höher in den Berg gehen, weg von der Stadt. Wir sind zu dicht dran, wenn sie Suchtrupps ausschicken.«
Sie wollte sich umdrehen, aber er griff nach ihrem Arm. »Warte.« Sie sah zu ihm zurück. »Hat dich jemand erkannt? Oder dich gefragt, wer du bist?«
»Einige haben mich gefragt, ob sie mir helfen könnten. Ich habe getan, als wäre ich blind. Andere haben mir etwas zu essen und Geld angeboten, aber ich habe ihnen erzählt, ich wäre ein Kind des Hawk und wäre auf Pilgerreise in Arborlon. Danach haben sie mich in Ruhe gelassen.«
»Du bist sicher, dass die Orullians nicht dort gewesen sind?«
Sie nickte ungeduldig. »Sie sind beide oben am Aphalionpass. Komm jetzt, Pan, gehen wir.«
Sie schnallten sich ihre Rucksäcke um, befreiten Bonnasaint von dem Baum, an den er gebunden war, überprüften seine Fesseln, nahmen die Leine und brachen auf. Als Bonnasaint sie fragte, was sie mit ihm vorhätten, erzählte ihm Pan, sie würden in die Berge steigen, um jemanden zu suchen, der helfen würde, ihn zu verstecken. Pan sah an der Miene des Meuchelmörders, dass ihm diese Vorstellung gar nicht gefiel. Allerdings interessierte es sie nicht, was Bonnasaint gefiel oder nicht. Der Mann würde tun, was man ihm sagte, und gehen, wohin er geführt wurde. Er konnte von Glück reden, dass sie ihn überhaupt mitnahmen. Er war schon zuvor weit lästiger gewesen, als er wert war, und nachdem Phryne jetzt frei war, war er so gut wie gar nicht mehr von Nutzen. Glücklicherweise konnte er ihnen helfen, Phrynes Unschuld zu beweisen, aber der Junge war immer weniger überzeugt, dass der Meuchelmörder freiwillig seine Hilfe anbieten würde, wenn es so weit war.
Die Nachrichten über Phryne hatten ihn verblüfft. Wer hatte sie befreit, wenn nicht die Orullians? Niemand sonst würde es wagen, der Königin und der Heimatgarde zu trotzen. Und er glaubte auch nicht, dass Phryne Fähigkeiten besaß, die ihr eine Flucht ermöglicht hätten. Das wahrscheinlichste Szenario beinhaltete einen achtlosen Wachposten und eine aus Versehen nicht abgeschlossene Tür … oder so etwas Ähnliches.
Aber Pan behielt seine Gedanken für sich und warnte Prue nachdrücklich davor, ihrem Gefangenen zu verraten, was passiert war. Er
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