Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
Elfenfreunde aufzusuchen. Also konnte er ihnen vorauseilen, eine vollkommen andere Route nehmen und sich dann einen bequemen Platz suchen, an dem sie vorbeikommen mussten. Dort würde er auf sie warten.
Früher oder später würden sie auftauchen, und dann konnte er sie töten.
KAPITEL 9
Weil sie eine Prinzessin war und der Umgang mit ihr einen gewissen Respekt erforderte, trotz der Beschuldigungen, die man gegen sie erhob, wurde Phryne Amarantyne nicht in das Gefängnis gesperrt, in dem die normalen Verbrecher saßen. Stattdessen verfrachtete man sie in einen fensterlosen Raum im Untergeschoss des Gebäudes, in welchem sich auch die Ratsgemächer befanden und in dem normalerweise Vorräte gelagert wurden. Auf diese Weise, behauptete man, würde sie keinen unnötigen Gefahren ausgesetzt, solange sie auf ihren Prozess wartete.
Ihr Gefängnis war einigermaßen geräumig, knapp vier mal fünf Meter, aber es fühlte sich klein an, weil Kisten mit alten Akten an zwei Wänden bis zur Decke gestapelt waren. Man hatte ihr eine Pritsche zum Schlafen hineingestellt, Bettzeug, einen Nachttopf sowie einen kleinen Tisch und einen Stuhl, und dazu etwas zu schreiben. Sie durfte Kerzen benutzen – wie umsichtig! –, weil die Sonne niemals in diesen Raum schien und Tag und Nacht für sie ziemlich gleich waren. Vor ihrer Tür stand vierundzwanzig Stunden am Tag eine Wache, und die Tür war stets verschlossen, außer wenn eine kleine Küchenmagd ihr das Essen auf einem Tablett brachte. Dann wurde die Tür gerade so lange aufgesperrt, dass das Mädchen das Tablett auf den Boden stellen und den Nachttopf austauschen konnte. Es war der Magd verboten, die Zelle zu betreten oder etwas zu sagen. Danach wurde die Tür wieder verschlossen.
Die Soldaten der Heimatgarde, die sie bewachten, waren Männer, die sie nicht kannte. Keinem von ihnen war es erlaubt, mit ihr zu reden. Als sie versuchte, um Dinge zu bitten, zwang man sie, ein schriftliches Ersuchen zu stellen. Angeblich wurde dieses dann Personen übergeben, die dafür sorgten, dass sie bekam, was sie brauchte. Sie stellte mehrere Anträge, und auf keinen erhielt sie eine Antwort. Als sie einen ihrer Wärter fragte, warum sie nichts hörte, antwortete man ihr, solche Dinge erforderten Zeit und sie solle geduldig sein. Etwas an der Art und Weise, wie der Soldat das sagte, machte klar, dass Geduld wohl kaum ausreichen würde. Daraufhin verzichtete sie darauf, noch einmal um etwas zu bitten.
Besucher durfte sie ebenfalls nicht empfangen. Es war ihr nicht erlaubt, Briefe zu schreiben. Man sagte ihr nicht, was außerhalb der Mauern ihrer Zelle geschah.
Und ebenso wenig teilte man ihr mit, wann ihr Prozess stattfinden würde.
Als sie darum bat, ihre Großmutter Mistral Belloruus sehen zu dürfen, eine Bitte, die man ihr unter gar keinen Umständen hätte verweigern dürfen, bekam sie zu hören, ihre Großmutter wollte sie nicht sehen. Die Lüge war so offenkundig, dass Phryne es endlich akzeptierte: Nichts von dem, was sie wirklich wollte, würde ihr jemals gewährt werden. Das Höchste, was sie erwarten konnte, war, dass man sie am Leben ließ und einigermaßen für ihre Gesundheit sorgte.
Selbstverständlich wusste sie genau, wer dahintersteckte.
Wäre es möglich gewesen, jemanden dadurch zu töten, dass man ihn einfach nur hasste und seinen Tod wünschte, wäre Isoeld Severin bereits tot. Da ihre Stiefmutter aber anscheinend immer noch herumlief, vermutete Phryne, dass sie einen anderen Weg finden musste.
Sie trauerte täglich um ihren Vater. Die Bilder seiner letzten Augenblicke waren in ihre Erinnerung eingebrannt. Noch Tage, nachdem sie verhaftet und eingesperrt worden war, sah sie den Schock und die Qual auf seinem Gesicht, als sein Meuchelmörder immer und immer wieder mit diesem Messer auf ihn einstach. Sie hörte ihn rufen, erinnerte sich daran, wie er den Kopf gedreht und sie angesehen hatte, während Isoeld sie auf den Boden gepresst hielt. Der Blick seiner Augen verriet ihr, dass er begriff, was da Ungeheuerliches geschah. Er wusste, dass seine Frau ihn verraten hatte. Phryne konnte seinen Schmerz fühlen, als der Dolch aus seinem Körper gezogen wurde und sein Lebensblut aus ihm heraussickerte.
Sie sah all das immer wieder, obwohl sie es nicht wollte.
Kurz danach war die Heimatgarde gekommen und hatte sie trotz ihrer Proteste davongeschleppt. Die Waffe, mit der der König getötet worden war, lag noch neben ihr. Der echte Meuchelmörder war verschwunden. Sowohl
Weitere Kostenlose Bücher