Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
zurück, versuchte sich an den genauen Wortlaut zu erinnern in der Hoffnung auf einen Hinweis. Aber nichts wirkte auffällig oder ungewöhnlich. Es passte alles perfekt zusammen.
Bis auf …
Bis auf das Ende, erinnerte sich Phryne plötzlich. Als Teonette sie fast zu Tode geprügelt hätte, als sich die Ereignisse überstürzten, was hatte Isoeld da gesagt?
Wenn du sie umbringst, werden wir sie nie finden.
Sie.
Phrynes triumphierendes Lächeln wäre noch viel strahlender gewesen, wenn es ihr nicht so wehgetan hätte, den Mund zu verziehen. Sie. Isoeld musste über die Blauen Elfensteine geredet haben! Das war die einzig logische Erklärung. Natürlich wusste sie von ihrer Existenz; immerhin waren sie ein wertvolles Artefakt, ein Talisman und ein Vermächtnis aus der Zeit von Kirisin Belloruus. Wie die Königin herausgefunden hatte, dass Mistral die Steine besaß, konnte Phryne sich nicht vorstellen. Aber sobald ihr Vater beseitigt worden war, hatte ihre Stiefmutter natürlich sofort nach ihnen gesucht.
Ganz offensichtlich hatte sie sie nicht gefunden. Aber sie schien zu wissen, dass sie für Phryne bestimmt waren, und glaubte offenbar, dass sie sich bereits in ihrem Besitz befanden. Sie vermutete wohl, sie wären versteckt worden. Isoeld wollte sie zweifellos unbedingt finden und in ihren Besitz bringen, damit ihr Anspruch auf den Thron nicht nur durch Worte untermauert, sondern durch die Macht von Elfenmagie gestützt wurde.
Selbstverständlich beruhten diese Überlegungen auf einer waghalsigen Vermutung, auf recht gewagten Schlussfolgerungen, die sie aus vagen Möglichkeiten gezogen hatte. Aber Phryne spürte in ihrem Herzen, dass sie richtig lag.
Nur, was sollte sie diesbezüglich unternehmen? Erst musste sie diesen Raum verlassen, bevor sie handeln konnte, und gerade in diesem Moment war eine Chance zur Flucht nicht sonderlich wahrscheinlich. Sie lag nicht einmal im Bereich des Möglichen. Es sei denn, jemand außerhalb dieses Raumes entschied sich dazu, ihr zu helfen.
Wenn sie nur eine Möglichkeit gehabt hätte, ihre Cousins zu benachrichtigen!
Sie malte sich immer noch verschiedene unmögliche Wege aus, genau dies zu tun, als ihr Abendessen gebracht wurde. Die Tür des Lagerraums öffnete sich, und die kleine Küchenmagd trat mit dem Tablett herein. Sie setzte es vorsichtig hinter der Schwelle ab, bevor sie rückwärts hinausging und die Tür sich wieder hinter ihr schloss. Phryne starrte das Tablett und die Speisen mehrere Minuten lang an. Sie war nicht hungrig, aber sie wusste, dass sie essen musste.
Vorsichtig rappelte sie sich auf und ging zu dem Tablett. Dort setzte sie sich wieder zu Boden, selbst von dieser kleinen Anstrengung so geschwächt, dass sie das Tablett nicht durch den Raum zu ihrem Tisch tragen konnte. Sie musste auf dem Boden essen und dann vielleicht schlafen. Es war mittlerweile so viel Zeit vergangen, dass eine Gehirnerschütterung kein Problem mehr sein dürfte.
Das Essen bestand aus einem trockenen Brötchen, kaltem Fleisch und Käse, und einer Tasse Wasser. Es war ausreichend, wenn auch nicht besonders aufregend. Sie fing an zu essen.
Gerade hatte sie das Brötchen entzweigebrochen und wollte hineinbeißen, als sie das gefaltete Stück Papier sah, das in dem Teig versteckt gewesen war.
Auf dem Papier stand etwas geschrieben, drei Worte in großen Blockbuchstaben.
HILFE IST UNTERWEGS
KAPITEL 10
Wer hatte ihr diese Nachricht geschickt?
Es war Stunden her, seit Phryne das Brötchen gebrochen und das Stück Papier gefunden hatte, das darin versteckt gewesen war, aber sie konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken. Es gab nur eine begrenzte Auswahl von Möglichkeiten, und sie hatte jede Einzelne davon ein Dutzend Mal im Geiste erwogen. Aber keine von ihnen fühlte sich richtig an.
Die Orullianbrüder, Tasha und Tenerife, wären ihre erste Vermutung gewesen. Die beiden waren ihre Cousins und Freunde und hatten zudem die besten Möglichkeiten, ihr eine solche Nachricht zuzuschmuggeln. Außerdem waren sie es, die ihr auch am wahrscheinlichsten helfen würden. Nur waren sie am Aphalionpass stationiert, mit einem Elfenjägerkontingent, das die Aufgabe hatte, die Armee der Drouj an einem Einfall ins Tal zu hindern. Sie waren bereits seit Wochen dort oben, und selbst wenn sie mittlerweile vermutlich wussten, was ihr widerfahren war, konnten sie unmöglich ohne Erlaubnis nach Arborlon zurückkehren. Und da Isoeld von ihrer engen Beziehung wusste, würde es
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