Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
habt, das Leben genommen hättet. Etwas in der Art. Tasha sieht die Dinge erheblich klarer als Ihr, Phryne.«
Dem konnte sie nicht widersprechen. Es war vollkommen logisch, dass Isoeld versuchen würde, sie so schnell wie möglich loszuwerden. Vor allem, wenn sie in Phryne eine Rivalin um den Elfenthron sah. Sehr wahrscheinlich war es nur der Wunsch ihrer Stiefmutter, die verschwundenen Elfensteine zu finden, dem Phryne bis jetzt ihr Leben verdankte.
Es war unheimlich, aber auch deprimierend. Seit ihr Vater Isoeld geheiratet hatte, hatten sich die Dinge verschlimmert, aber Phryne hatte nicht begriffen, wie übel sie wirklich geworden waren. Sie hatte nicht genug auf das geachtet, was passierte. Sie war zu selbstverliebt gewesen, obwohl sie doch eigentlich an ihren Vater und die Möglichkeit hätte denken sollen, dass Isoelds Absichten erheblich gefährlicher waren, als er ahnte. Isoeld hätte all dies nicht bewerkstelligen können, wenn sie es nicht lange im Voraus geplant hätte. Sie hätte darauf bauen können, dass sich zufällig eine Möglichkeit ergab, oder ihre Verzweiflung hätte sie dazu treiben können, aber Phryne vermutete, dass sie diese Tat bereits sehr lange geplant hatte, bevor sie sie schließlich umsetzte.
Phryne dachte über das Schicksal ihrer Großmutter und den Verbleib der Elfensteine nach. Isoeld hätte es nicht bei dem Mord an ihrem Vater bewenden lassen, wenn sie glaubte, dass die Elfensteine ihren Anspruch auf den Thron zementieren würden.
»Gab es wirklich keinerlei Nachrichten über Mistral?«, erkundigte sie sich bei Xac. »Sie ist einfach nur verschwunden, und niemand hat etwas gehört oder gesehen?«
»Ich habe Euch schon gesagt, was ich gesehen habe, als ich zu ihrem Haus gegangen bin. Mehr weiß ich nicht, Phryne.«
Sie gingen schweigend eine Weile weiter und näherten sich den östlichen Grenzen von Arborlon, hinter denen das Landhaus ihrer Großmutter lag. Es wurde dunkler, als die Lichter der Stadt verblassten und der dichte Wald vor ihnen aufragte. Der Weg war schmal und gewunden. Phrynes Unbehagen wuchs, und sie lauschte nach jedem Geräusch, spähte suchend in die Schatten.
»Warum machen wir das eigentlich?«, flüsterte Xac plötzlich. »Ich kann mir nicht vorstellen, was Ihr dort zu finden hofft.«
»Ich auch nicht.« Phryne fühlte sich niedergeschlagen. »Ich muss einfach dorthin gehen und selbst nachsehen. Ich muss versuchen zu verstehen, was passiert ist.«
Von den Elfensteinen sagte sie nichts. Es gab keinen Grund, diese Angelegenheit mit Xac Wen zu besprechen. Obwohl sie ständig an den Verbleib der Steine dachte, war sie nicht sicher, was sie mit ihnen anfangen konnte, wenn sie sie erst gefunden hatte. Wahrscheinlich versuche ich nur, sie vor Isoeld in Sicherheit zu bringen, dachte sie. Ich will sie ihrem Zugriff entziehen.
»Ich glaube, dass das ein großer Fehler ist«, meinte Xac, was nicht gerade hilfreich war.
Phryne beschloss, das Thema zu wechseln. »Wie hast du es eigentlich geschafft, mir diese Nachricht zuzuspielen? Wie konntest du dich lange genug in der Küche aufhalten, um sie dort zu verstecken?«
»Welche Nachricht?«
Sie starrte ihn an. »Die Nachricht, die du in das Brötchen gestopft hast, das mir zum Abendessen gebracht wurde! Der Zettel, auf dem stand: HILFE IST UNTERWEGS .«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet. Ich habe Euch keine Nachricht geschickt.«
Sie packte seinen Arm und zog ihn zu sich herum. »Eine Sekunde mal. Sag das noch einmal.«
»Ich habe Euch keine Nachricht geschickt. Und lasst bitte meinen Arm los, Phryne! Verdammich!«
Der kalte Schauer, der ihr über den Rücken lief, war eisiger als selbst die Kälte in den Hochpässen, die aus dem Tal herausführten. Nachdem Xac Wen sie befreit hatte, war sie so sicher gewesen, dass er die Nachricht geschrieben hatte, dass sie nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, sie könnte von jemand anderem stammen.
Wenn es jedoch jemand anders gewesen war …
Rasch erzählte sie dem Jungen, was passiert war und dass sie angenommen hatte, die Nachricht stammte von ihm. Als sie fertig war, sah er sich hektisch um.
»Das war sie !«, zischte er. »Isoeld! Eine andere Erklärung gibt es nicht!«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, pflichtete sie ihm bei. »Es wäre jedenfalls logisch. Es war reiner Zufall, dass du aufgetaucht bist. Wärst du nicht gekommen, hätte ich wahrscheinlich irgendwann festgestellt, dass die Tür unverschlossen ist
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