Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Titel: Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. A. Stone
Vom Netzwerk:
Blut lief aus meiner Nase und sickerte in die Kartoffelsackmaske. Grimmige, kalte Wut erwachte in mir. Ich gab meine Zurückhaltung auf. Meine Faust krachte gegen den Schädel eines Mädchens und ich hörte ihre Knochen splittern. Das andere Mädchen sprang mich daraufhin wütend an, während ein großer, stämmiger Junge mit einem Ruck den Kartoffelsack von meinem Kopf riss. Alle erstarrten für einen Augenblick.
    »Der Eidechsenjunge«, keuchte einer.
    »Das Schuppenmonster«, fluchte ein anderer.
    Für einen kurzen Moment starrten wir uns alle nur an und ließen die Fäuste sinken. Die Paltonier überwanden aber recht schnell ihre Verblüffung darüber, dass ausgerechnet ich, der doch immer ihr Opfer gewesen war, es gewagt hatte, sie anzugreifen. Sie spuckten verächtlich vor mir aus, drehten sich um und liefen davon. Das tote Mädchen ließen sie einfach liegen.
    Ich blickte ihnen mit bangen Gedanken hinterher. Meine Eckzähne schlugen voll Ingrimm und hilfloser Wut aufeinander. Warum flohen die paltonischen Feiglinge und verhinderten so meine Rache? Meine Unerfahrenheit verhinderte damals ein konsequentes Handeln meinerseits. Heute würde ich jedem einzelnen Paltonier unerbittlich nachhetzen und zur Strecke bringen, damit es keine Zeugen für meine unrühmliche Tat geben würde. Aber damals hatte Thoranton meine Sinne noch nicht ausreichend geschärft. So überkam mich plötzlich eine panische Angst: Ich wollte weg. Einfach nur weg! Die Felle riss ich von meinen Beinen, da sie mich am Laufen hinderten. Unterwegs zog ich auch die Handschuhe aus. Eine Weile irrte ich ziellos und voll banger Gedanken durch die Stadt. Irgendwann blieb ich dann stehen und keuchte erschrocken auf. Mit einem Schlag war mir klar geworden, dass ich zurück musste, um meine Mutter zu warnen. Die Paltonier hatten mich erkannt. Sie würden mir nachstellen und natürlich bei meiner Mutter mit der Suche beginnen. Als ich in die Nähe der Grünen Gans kam, hörte ich schon die Rufe und den Tumult. Ich drückte mich in den Schatten einer Hauswand und schlich vorsichtig weiter. Endlich erreichte ich die schmale Gasse und schlüpfte hinein. Mein Kapuzenmantel war noch da. Eilig zog ich ihn über und trat wieder zum Ausgang der Gasse. Vor der Grünen Gans brandete Jubel auf. Besorgt schob ich meinen Kopf um die Ecke und sah, wie meine Mutter von Gardisten der Stadtwache festgenommen wurde. Die Menge johlte. Tomaten, Salatköpfe und Eier wurden meiner Mutter ins Gesicht geschleudert. Die Soldaten hatten Mühe, ein Lynchen zu verhindern.
    Meinem Herz wurde klamm vor Angst und ich glaubte, ersticken zu müssen. Thumaner und Paltonier standen einträchtig beieinander und schimpften und wüteten gegen meine Mutter. Langsam begann mein Verstand das Gesehene zu verarbeiten. Meine Mutter war unschuldig, ich allein hatte gesündigt. Doch das interessierte keinen Menschen. Hier ging es nicht um Gerechtigkeit. Mochten die Paltonier und die Thumaner auch ihre Meinungsverschiedenheiten haben, wenn es gegen eine Skriek ging, hielten die Menschen stets zusammen. Auf Grund des Erlasses von König Viktor wagten die Soldaten nicht, meine Mutter an Ort und Stelle zu töten und brachten sie stattdessen, trotz massiver Proteste des Pöbels, in den Gefängnisturm. Ich beobachtete alles aus der Ferne und wusste, was ich jetzt zu tun hatte. Mit Gewalt brach ich in eine nahegelegene Schmiede ein und stahl ein Schwert. Es war alt und schartig und wohl zum Schmied gebracht worden, damit die Klinge geschärft wurde, doch mir musste es genügen, so wie es war. Ich schlich zum Gefängnisturm zurück und wartete, bis sich endlich der aufgebrachte Mob zerstreut hatte und Ruhe eingekehrt war.
    Der Gefängnisturm hatte dicke Mauern, war gut dreißig Meter hoch und ebenso breit. Er hatte keine Fenster und nur eine einzige, ebenerdige, eisenbeschlagene Tür, die von einem Trupp Soldaten bewacht wurde. Ich kannte den Turm von meinen nächtlichen Klettereien und wusste, dass von der oberen Plattform eine unbewachte Falltür ins Innere führte. Niemand in ganz Thum konnte sich vorstellen, dass es nötig war, dort Wachen aufzustellen. Aber die Bewohner der Stadt wussten auch zu wenig über meine Kletterkünste. Leise und verstohlen wie ein Schatten zog ich mich entlang der Steinmauern auf der Rückseite des Wachturmes immer weiter nach oben. Mein Atem ging mittlerweile keuchend. Die Sorge um meine Mutter wurde immer beklemmender. Da hörte ich laute, langgezogene Schmerzensschreie aus

Weitere Kostenlose Bücher