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Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Titel: Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. A. Stone
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dem Inneren des Turmes. Sie kamen von meiner Mutter. Mein Herz raste. So schnell ich konnte kletterte ich weiter und erreichte die Falltür. Ich zog das gestohlene Schwert aus dem Hüftgurt meiner Gürteltasche und eilte ins Innere des Turmes, immer den Schreien meiner Mutter folgend. Augenblicke später sah ich sie. Sie lag am streubedeckten, steinigen Boden einer düsteren Zelle; nackt und blutend. Drei Soldaten schlugen mit Peitschen auf sie ein, während ein vierter ein Brandeisen ins Feuer hielt. Ich riss die unversperrte Tür auf und schrie den Namen Thorantons. Dieses Mal kannte ich keine Zurückhaltung. Meine schartige Schwertklinge brachte Tod und Verderben. Ich metzelte die Soldaten ohne Gnade nieder. Dann löste ich die Fesseln meiner Mutter, hüllte sie in den Mantel eines toten Soldaten und reichte ihr ihre Gürteltasche, die neben ihren zerfetzten Kleidern am Boden lag. Mit zitternden Fingern band sie die Gürteltasche um ihre Hüften. Ich sah tiefe, klaffende Wunden auf der Haut meiner Mutter. Sie stammten vom Brandeisen und es stank erbärmlich nach versengten Schuppen. Wut kochte in mir hoch. Meine Krallen schlugen mehrmals gegen die steinerne Wand. Meine Mutter sah mich nur ausdruckslos an und sagte kein einziges Wort. Schließlich kam ich langsam wieder zur Besinnung. Ich hielt keuchend inne und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
    »Wir müssen fliehen«, sagte ich, immer noch nach Atem ringend. »Kannst du klettern?«
    Meine Mutter nickte. Ihr Gesicht wirkte seltsam starr. Wir eilten auf die Plattform, schwangen uns über die Zinnen und kletterten den Gefängnisturm hinab. Niemand sah uns. In dieser Nacht flohen wir aus Thum und ich machte mir große Vorwürfe. Meine Mutter blieb die ganze Zeit über seltsam stumm und teilnahmslos. Damals dachte ich, dass die Schmerzen sie so schweigsam machten. Doch das war es nicht. Ihre Seele war gebrochen und sollte niemals wieder heilen. Und das war allein meine Schuld.
07
    Wir brauchten fünf Stunden, bis wir jene nördliche Grenze erreichten, die die Königreiche Thuma und Palton voneinander trennte. Meine Sinne waren in jener Nacht ungewöhnlich geschärft. Es gelang mir immer wieder, den thumischen Patrouillen rechtzeitig auszuweichen und einen großen Bogen um sie zu schlagen. Meine Mutter wäre ohne mich keine zwei Meilen weit gekommen. Mit leerem Blick ging sie hinter mir her. Schweigend und eingehüllt in einen Mantel der Traurigkeit. Ich litt an dunklen Schuldgefühlen, da ich wusste, dass sie durch meine Dummheit gequält, misshandelt und gebrandmarkt worden war. Aber immer wenn meine Hand den Griff des alten, schartiges Schwertes berührte, das an meiner Seite an einer Schlaufe meiner Gürteltasche hing, fühlte ich mich irgendwie seltsam erhaben. Und sehr mächtig.
    Heute weiß ich, dass es am Metall des Schwertes lag, warum sich meine Sinne damals so ungewöhnlich scharf anfühlten. Vor allem Eisen lässt die Jagdinstinkte eines Skriek erwachen und kann ihn zu einem tödlichen Jäger machen. Daher lehnen die Skriek das Eisen auch so vehement ab und fühlen sich in seiner Nähe unwohl. Mich hingegen macht das Metall zu dem, der ich bin. Und in jener Nacht bekam ich eine erste, wage Vorstellung von der Beschaffenheit meines Wesens.
    Wir überquerten einen kleinen Grenzfluss, dessen Namen ich nicht kannte, und setzten nach Palton über. Nicht weit entfernt standen ostalische Soldaten dicht gedrängt an einem Grenzposten und blickten müde und übernächtig in die beginnende Morgendämmerung des neuen Tages. Es war ein Leichtes, sie zu umgehen. Als es noch etwas heller wurde, sahen wir dann auch all die grausamen Verwüstungen. Ostalien hatte das kleine Königreich Palton mit seinen Soldaten regelrecht überrannt. Dörfer brannten. Leichen lagen entlang der Wege. Die abgeschlagenen Köpfe von paltonischer Soldaten hingen von den unteren Ästen der Bäume. Planwagen waren ungekippt und Tempel zerstört worden. Die Ostalier gingen mit unglaublicher Brutalität vor und raubten und vergewaltigten ohne Hemmungen. Meine Mutter war starr vor Entsetzen, als sie all der Gräueltaten ansichtig wurde. Auch mein Herz schlug heftig gegen meinen Brustkorb und ich verabscheute die ostalischen Soldaten für ihre Grausamkeit. Aber ein Teil meiner Seele hätte geradezu liebend gerne das schartige Schwert gezogen, sich in den Kampf gestürzt und Ostalier getötet. Immer wieder musste ich an die Wachen im Gefängnisturm von Thum denken und jedes Mal spürte ich eine

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