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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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riss die Lider weit auf vor Schmerz und Sonoîtai sah, wie die Wangen einfielen, der Leib schrumpfte, bis der kleine Körper wie eine Mumie dalag.
    Das Knöchlein indes sang: »Du pflanztest mich! Nun wachse ich für dich!«
    Aus dem Mund des unglücklichen Mädchens schoss ein weißes Knochenstämmchen heraus und wuchs empor, während Wurzeln wie weiße Schlangen knisternd und knackend über die Lippen krochen und der Kopf des Kindes unter dem Gewicht zerdrückt wurde.
    Sonoîtai sprang zurück, doch die Jungen und Mädchen wurden von den zustoßenden Wurzelenden durchbohrt. Es erging ihnen wie ihrer Freundin. Sie wurden ausgezehrt, während der Knochenbaum sich weiter bebend in die Breite und Höhe schraubte.
    »Du pflanztest mich! Nun wachse ich für dich!«, sang er nun mit dunkler, dröhnender Stimme, und sein Stamm wurde so dick, dass ihn die Albin nicht mehr umfangen konnte.
    Sonoîtai lief fort, um Hilfe zu holen, damit man dem grausamen furchtbaren Knochenbaum Einhalt gebot.
    Albae strömten herbei, gerüstet mit den besten Waffen, die zu finden waren, doch keine richtete etwas gegen den Gebeinstamm aus. Die Knochenäste peitschten die tapferen Krieger nieder, die Wurzeln schossen plötzlich aus dem Boden und durchdrangen sie, um ihnen ihre Kraft zu rauben.
    »Du pflanztest mich! Nun wachse ich für dich!«, schallte es schrecklich über die ausgezerrten Leichen, und der Knochenbaum wuchs und wuchs und wuchs.
    Strahlend weiß erhob er sich über Dsôn, seine Wurzeln durchpflügten den Boden, brachen unvorhersehbar aus der Erde und überfielen die Bewohner. Die Kadaver zog der Knochenbaum heran und schob sie unter sich, sodass sein Stamm alsbald auf einer Halde von Gebeinen stand.
    Da verstand Sonoîtai, wie die ganzen Knochen auf die Lichtung gekommen waren, und sie tat das Einzige, was ihr einfiel.
    Schnell lief sie sich in ihr Laboratorium und mischte ein starkes Gift, das ausgereicht hätte, um Tausende zu töten, dann eilte sie zurück.
    »Ich pflanzte dich! Nun stirb durch mich!«, rief die Albin und nahm ihren Trunk ein. Dann warf sich in eine der zuckenden Wurzeln.
    Der Knochenbaum sog sich gierig mit ihrem Blut voll und nahm die Kraft ihres Fleisches. Im selben Augenblick färbte er sich pechschwarz. Die weißen Gebeinäste, die Wurzeln, der mächtige Stamm – alles erstarb.
    Und während Sonoîtai mit einem Lächeln in die Endlichkeit zog, zerfiel der Knochenbaum und löste sich auf. Nichts blieb von ihm übrig als schwarze Asche, die über Dsôn wehte und vom Nordwind davongetragen wurde.
    Bis heute fand sich kein Gelehrter, der sich erklären konnte, welches Gebeinstückchen Sonoîtai in Ishím Voróo fand.
    Doch seit diesem Moment der Unendlichkeit ist es verboten, etwas aus der Ödnis aufzulesen und mit nach Dsôn zu bringen.
    Denn eine größere Mahnung als diese wahre Geschichte kann es nicht geben.

Nicht
    die Feder
    ist mächtiger.
    Auch nicht
    das Wort.
    Der Wille
    besiegt alles
    sogar
    die Vernunft.

Über die Barbaren
    Briefwechsel zwischen Morana und Nagsar Inàste
gefunden in Tark Draan
    Verehrte göttliche Nagsar Inàste,
    Ihr hattet mich ausgesandt, um Tark Draan zu erkunden, was ich voller Freude und mit ganzer Kraft tat.
    Meine ausführlichen Berichte erreichten Euch und Euren Bruder, und ihnen ist kaum mehr etwas hinzuzufügen.
    Doch lasst mich es wagen, die Barbaren von Tark Draan anzusprechen.
    Meine Wege führten mich weit herum, und ich stellte fest, dass es unter ihnen viele kluge Exemplare gibt.
    Sicherlich, sie sind nicht vergleichbar mit uns Albae, da sie ein gänzlich anderes Volk sind, doch gebt mir die Erlaubnis, mich näher mit ihnen beschäftigen zu dürfen.
              
    Geschätzte Morana,
    wir wissen Deine scharfen Augen und Deine Beobachtungsgabe zu schätzen.
    Genau diese brauchen wir bei dem Zug gegen die Heere von Tark Draan, und so setze Deine Reise fort und erkunde, aber verschwende keinen Splitter der Unendlichkeit mit den Barbaren, es sei denn, Du bringst in Erfahrung, wie sie noch einfacher zu schlagen sind.
    Hiermit sende ich Dir meinen geschriebenen Segen.
              
    Verehrte göttliche Nagsar Inàste,
    anbei meine neuesten Erkenntnisse über Ländereien und Festungen.
    Erlaubt mir festzustellen, dass ich mehr und mehr zu der Überzeugung gelangte, dass die Barbaren in der Lage sind, ihren Verstand zu nutzen, und zwar nicht nur, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben oder Kriege zu führen.
    Ich entdeckte umfangreiche Bibliotheken,

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