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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Unverstandene«, weil ich als Künstler weiß, was es bedeutet, anders zu denken und zu empfinden.
    Doch nicht wenige meines Volkes nannten sie »die Verrückte« oder Schlimmeres, wobei »Verräterin« das harmloseste Wort war.
    Sie fühlte sich von Barbaren angezogen wie Forscher von niederen Tieren, gab dafür ihren Rang als Benàmoi auf und bereiste Tark Draan, anfangs mit Einwilligung der Unauslöschlichen.
    Sie wollte erforschen, wollte verstehen, wie Barbaren denken und warum sie widersprüchlich handeln. Das Herrscherpaar wähnte in ihren Erkenntnissen einen Vorteil für die kommenden Eroberungszüge.
    Doch sie verlor sich in ihrem Tun – und ihr Herz an manchen Barbaren.
    Mehr als einmal.
    Als die Unauslöschlichen sie erbost nach Dsôn zurückbefahlen, um sie zur Rede zu stellen, weigerte sie sich.
    Ich behauptete damals, dass ich nicht wüsste, was aus ihr geworden sei.
    Nun, da sich die Zeiten wandelten, darf ich die Wahrheit schreiben, ohne um ihr oder mein Leben zu fürchten.

    Tark Draan (Geborgenes Land), Weyurn, 4392. Teil der Unendlichkeit (5204. Sonnenzyklus), Sommer
    Carmondai und sein Begleiter Nimòras ritten gemächlich nebeneinander auf Barbarenpferden; leise knirschten die Sattel, die Metallringe der Trensen klirrten melodisch im Takt der Schritte. Sie trugen weite Gewänder über ihren Harnischen, um die Rüstungen zu verbergen.
    Der Schimmel und der Fuchs waren gemütliche Kreaturen, dazu nicht besonders schnell. Doch sie genügten, um sich kräftesparend und unerkannt durch Tark Draan zu bewegen, was mit Nachtmahren gewiss nicht gelungen wäre.
    Kniehohes, saftiges Gras umspielte die Beine der Tiere, die eben durch ein breites, geschwungenes Tal schritten. An den sonnenbeschienenen Hängen waren Weinstöcke in langen Linien angebaut, deren grüne Blätter leuchteten. Schwalben jagten am Himmel entlang, das Zirpen von Insekten und Vogelgesang begleitete sie.
    Wie friedlich es in Tark Draan sein kann. Ein wunderschöner Sommertag. Das verspricht eine noch schönere Nacht. Carmondai hatte eine grobe Karte auf dem Sattel liegen und prüfte ihren Aufenthaltsort anhand markanter Punkte, wie der Bergnadel, die sich zu ihrer Rechten erhob. Der Leuchtturm von Kelaïn. Wir sind richtig.
    »Unglaublich, wie laut das Reitgeschirr der Barbaren ist. Man könnte uns nachts auf zwei Meilen hören«, murrte Nimòras und sah ungeduldig wie ein Kind zum blauen Himmel hinauf. »Wird es noch lange dauern?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich war noch nicht hier«, gab Carmondai amüsiert zurück. »Aber das da vorne könnte sprichwörtlich ein Lichtblick sein: der Leuchtturm der Stadt Kelaïn. Gegen Mittag werden wir dort sein und in der Nähe warten, bis die Sonne versunken ist.«
    Der schwarzhaarige Nimòras nickte und zog die Geschwindigkeit seines Schimmels an; die Tiere verfielen in Trab.
    Unbemerkt an den Verteidigungslinien der Heereshaufen aus Tark Draan vorbeizugelangen, wurde immer schwieriger und für größere Gruppen unmöglich. Nur mit rabiater Gewalt gelangten Kontingente durch die Sperrriegel der Verteidiger, die aus rasch erschaffenen Steinwällen und Türmen sowie magischem Stützwerk erbaut worden waren.
    Den Trollen war es vor geraumer Zeit gelungen, sich gleich in zwei Königreichen der Barbaren festzusetzen, aber Carmondai nahm an, dass es nicht mehr lange dauerte, bis die Verteidiger ein Mittel gegen die riesigen Scheusale fanden.
    Nachdem Carmondai und Nimòras tief nach Südwesten vorgedrungen waren, schlug ihnen weniger Misstrauen entgegen, solange sie nach Einbruch der Dunkelheit auf Einheimische stießen. Man hielt sie für Elben, und das ließen sich die beiden ausnahmsweise gefallen, weil es weniger Umstände bedeutete. Carmondai stand nicht der Sinn danach, sich unentwegt durch die Reihen einfacher Bauern zu schlachten, nur weil sie sie als Albae erkannten. Er war nicht unterwegs, um zu töten, betrachtete es auch nicht als seine Aufgabe.
    Seinen Begleiter hatte er mitgenommen, falls die Lage dennoch ein zweites Paar Hände und eine geschickte Klinge erforderte.
    Der Wind drehte urplötzlich, wurde kühler und veränderte seinen Geruch.
    »Ich … rieche das Meer!«, rief Nimòras aufgeregt und blickte den wesentlich älteren Carmondai an. »Oder täusche ich mich?«
    »Reite und sieh nach«, schlug der vor und musste lachen, als der junge Alb daraufhin lospreschte. Als hätte er niemals in seinem Leben zuvor Wasser gesehen.
    Dann wurde Carmondai bewusst, dass es sich durchaus

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