Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
bestimmt verendet herumliegen.«
Jedenfalls reicht eines davon nicht aus, um Elben dazu zu bringen, ihre Behausungen aufzugeben. Caphalor wollte nicht mehr länger in der Siedlung verweilen. Es schien, als rückten die Bergwände jedes Mal näher, sobald er nicht hinsah, und pferchten die Häuser mehr und mehr ein, um sie schließlich heimtückisch zu erdrücken. »Wir brechen morgen auf. Ein Feuer sollte dem Ganzen hier ein Ende bereiten.«
»Einverstanden.« Sinthoras betrat als erster das große Haus. »Ich hatte mir mehr von unserer Reise erhofft«, gestand er ein. »Wenn ich an die Plackerei des Aufstiegs denke – für nichts!«
Caphalor lächelte vieldeutig, weil er genau wusste, worauf sein Freund gesetzt hatte. »Wir können den Unauslöschlichen sagen, dass wir eine weitere Bleibe der Todfeinde vernichtet haben. Du wirst es sicherlich auszuschmücken wissen, sodass man glaubt, es wäre eine Heldentat gewesen.«
»Spotte nur«, erwiderte Sinthoras. »Ich mag es bis zu einem gewissen Grad verdient haben, doch sobald wir wieder in Dsôn sind, erwarte ich, dass du fortan darüber schweigst.«
»Das kann ich dir nicht versprechen«, gab Caphalor erheitert zurück.
Sie betraten den hallengleichen Hauptraum, in dem bei allem Geruch nach Staub, Sommer und Holz auch die Reste von verbranntem Kräuterwerk haftete.
Caphalor fiel es zum ersten Mal auf. Sie haben etwas ausgeräuchert. Eine Krankheit? Einen bösen Dämon? Er sah zu Sinthoras, der schon auf die Treppe zuhielt, um zum Lager zu gelangen. Dabei fiel sein Blick auf die Wandvertäfelung, die einen Spaltbreit aufklaffte. Sieh an … Kommt der Geruch von dort?
Er ging näher und fand eine verborgene Doppeltür, die er behutsam öffnete.
Dahinter kam eine schreinähnliche Einbuchtung zum Vorschein.
Darin erhob sich ein präparierter Óarco.
Das Scheusal steckte in voller Rüstung, die von ihrer Beschaffenheit und Herstellungsweise alt und äußerst überholt wirkte und nichts mit den gegenwärtigen Harnischen der Bestien gemein hatte. Die Augen waren durch Glas ersetzt worden, der Geruch von Leder wallte gegen Caphalor. Einen Arm hatte die Bestie erhoben, in der linken Klauenhand hielt sie ein Schwert in Zackenform, wie der Alb noch nie eines gesehen hatte, in der rechten Hand lag ein Beil mit Doppelklinge.
Woran der Óarco gestorben war, ließ sich mit einem Blick erkennen: In der Brust steckten zwei weiße Pfeilschäfte mit hellem Gefieder, im Unterleib sowie im Hals eine Axt; den Abschluss bildete ein dritter Pfeil in der Stirn, der wiederum von einem Wurfbeil gespalten worden war.
Caphalor lehnte sich nach vorne. Das sind … Runen der Unterirdischen auf den Axt- und Beilklingen, die in der Bestie stecken! »Sinthoras?«, rief er seinen Freund und zeigte ihm seinen Fund. »Wie lautet deine Einschätzung?«
Der blonde Alb betrachtete den ausgestopften Óarco eindringlich. »Gute Arbeit. Und ich deute es so, dass die Spitzohren und die Bergmaden ihn gemeinsam zur Strecke brachten.« Er wandte sich um, musterte den Raum. »Dieser Schrank ist so errichtet, dass man darauf zugeht, sobald man die Halle betritt.« Er drehte sich wieder zum Schrein und besah sich die Runen, die auf der Innenseite eingraviert waren. »Eine Mischung aus Elbisch und Zwergisch, richtig?«
»Eingeritzt in Holz und Stein«, fügte Caphalor nachdenklich hinzu. In seinem Verstand schossen die Gedanken durcheinander. Sollte es die Erklärung sein? »Ich denke«, sprach er nach einer Weile verblüfft, »dass es sich um eine Freundschaftssiedlung handelte.«
»Sie versuchten eine Annäherung.« Sinthoras’ Augen wurden schmal, dann schüttelte er sich angewidert. »Dieser Óarco ist so etwas wie das Symbol für die neue Gemeinschaft und Verbrüderung, sollte ich deuten, was ich vor mir sehe.«
»Wie gut, dass dieser Versuch scheiterte.« Caphalor schloss den Schrein wieder, deren Schriftzeichen er zu gerne übersetzt wüsste. Ich werde sie morgen früh abzeichnen und Carmondai mitbringen. Soll er sich damit herumschlagen. Er ging die Treppe hinauf. »Wie gesagt: Wir übergeben bei Sonnenaufgang alles dem Feuer. Dann wird die Erinnerung getilgt.«
Sinthoras nickte und blickte sich nachdenklich im Raum um. »Ob es noch mehr Geheimnisse gibt?«
»Sie interessieren mich nicht. Wir haben Tark Draan zu erobern, und das kostet uns schon genug Kraft.« Caphalor schritt weiter Stufe um Stufe nach oben.
Sinthoras folgte ihm erst viel später, als der schwarzhaarige Alb bereits in
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