Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
in ein Kunstwerk umwandeln«, schritt Sisaroth ein. »Was machen die Überlebenden aus Dsôn?«
Horogòn nahm die Maßregelung hin und deutete eine entschuldigende Verbeugung an. »Wir tun alles Erdenkliche, um sie wieder zu Kräften zu bringen. Einige von ihnen sind sehr schwach und der Endlichkeit nahe. Die Karderier raubten ihnen nur einen Teil ihrer Magie. Meine Heilerfreunde und ich versuchen, die Vorgänge in einem Albkörper zu verstehen, dem die angeborenen Kräfte entzogen wurden.« Ratlos hob er die Schultern. »Verzeih, dass wir nicht schneller sind, doch so etwas Ungeheuerliches gab es bislang nicht.«
»Wie viele sind davon betroffen?«, fragte Firûsha.
»Zur Zeit zweiunddreißig, aber die Zahl kann sich verringern. Fünf starben bereits, und das bei bester Fürsorge. Um die Restlichen müssen wir uns keine Sorge machen.«
»Das Problem«, warf Gàlaidon ein, »sind die Vorräte. Wir waren nicht darauf ausgelegt, eine solche Menge an Mündern zu stopfen. Zwar wurden, wie Tirîgon befahl, sofort Krieger ausgesandt, um neue Abgaben einzutreiben, aber bis dahin müssen wir stark rationieren.« Aïsolons ehemaliger Stellvertreter hatte sich rasch eingefügt und war zu einer wichtigen Stütze der Drillinge geworden. Er nahm sein Amt ernst, hatte sich in die Abläufe eingearbeitet und schien sich bereits auszukennen, als lebte er seit Teilen der Unendlichkeit bei ihnen.
»Wie laufen die Befragungen?«, erkundigte sich Sisaroth.
Tirîgon überwand sich, schrieb jedoch nur in Stichworten mit. Es erscheint so sinnlos, was wir tun. Das Ende wird sich kaum aufhalten lassen. Die letzten Albae aus Dsôn Faïmon verrotten elendig in Phondrasôn.
Gàlaidon nickte. »Bislang konnten wir in dreihundertachtzig Fällen ausschließen, einen Karderier vor uns zu haben. Einundfünfzig Fälle sind unsicher, und acht besitzen großes Potenzial, unseren Feinden anzugehören.« Sein Blick wurde ernster. »Wenn die Drillinge mir erlauben, Gewalt anzuwenden, dringe ich schneller zur Wahrheit vor.«
Firûsha lehnte sofort ab, ehe ihre Brüder sich äußerten. »Du wirst sie weiter befragen und Untersuchungen vornehmen. Wortgewalt anstatt Hiebe. Wir können es nicht zulassen, Unschuldige zu verletzten oder zu verstümmeln, nur weil sie aus Angst oder Erstarrung nicht antworten wollen oder können. Manchen haben die Erlebnisse schwer zugesetzt. Sie benötigen Zeit, um ihren Verstand davon zu befreien.«
Sie leidet darunter, den Jungen irrtümlich getötet zu haben. Tirîgon hatte ebenso wie Crotàgon und Sisaroth versucht, ihr die Schuld auszureden, doch sie blieb dabei. Niemand klagte Firûsha an, nicht einmal die Mutter des Toten. Alle wussten, dass es ein Unfall, eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen war. Anders als bei Esmonäe.
Gàlaidon nickte. »Von den Überlebenden und Befragten konnten wir zweihundert in unser Heer aufnehmen, doch aufgrund der kaum vorhandenen Bewaffnung halte ich es für klüger, sie in der Festung zu behalten oder sie als Späher einzusetzen.«
Eine Streitmacht, die keine ist. Tirîgon begann mit kleinen Zeichnungen. Zuerst schienen es abstrakte Muster zu sein, bis er bemerkte, dass er Gegenstände malte, die seiner Mutter gehörten. Er seufzte und strich die Skizzen durch, legte die Feder weg. Ich sandte ihr den Tod. Wenn Sisaroth nun auch noch jemanden tötet wie meine Schwester und ich, sind wir zu Recht als Mörder an diesem Ort.
»Was ist mit diesem Carmondai?«, regte Crotàgon an. »Ist er der echte?«
»Wir hören ihn später, wenn wir mit der Besprechung durch sind«, verkündete Sisaroth und warf Tirîgon einen fragenden Blick zu. Es schien ihm nicht entgangen zu sein, dass sein Bruder die Lust an der Besprechung verloren hatte. »Sobald die Krieger mit dem Proviant zurück sind, lassen wir die Eingänge sichern. Dreifache Besetzung an den Toren und ständige Alarmbereitschaft auf der ersten Mauer.«
Gàlaidon wirkte überrascht. »Rechnest du damit, dass die Karderier zurückschlagen? So rasch?«
Tirîgon hob den Kopf. »Er rechnet damit, dass der Zhadar aufmarschiert, sobald er erfährt, wie wir an den Schmuck und die Zunge des Veyn gelangten. Es wird ihn nicht freuen, die Dreifachhöhle von Whifis verloren zu haben.« Seine weiteren Überlegungen behielt er für sich. Gegen dessen Magie richten wir nichts aus. Marandëis Verlust ist unersetzlich.
Sisaroth wollte seinen Becher greifen und bemerkte, dass er leer war. »Im Grunde haben wir nichts zu befürchten. Er gab
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