Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
stärker wurde der Wunsch, dem Freund seines Vaters einen Dolch durchs Herz zu stechen, um die schreckliche Wahrheit, die nur Tirîgon kannte, auszulöschen. Dass Firûsha neben ihm schluchzte und in Tränen ausbrach, steigerte seine Qual. Ich brachte meine Geschwister in die Verbannung und unserer Mutter den Tod. Wie könnte ich mich davon jemals reinwaschen?
»Aïsolon und ich saßen im Wachhaus. Er hatte die Verschwörer eben in aller Heimlichkeit in die Verbannung gesandt, um nach euch suchen zu lassen, als sich der Berg gegen unsere Stadt auflehnte und die Häuser von seinem Rücken warf«, endete Gàlaidon. »Die Lawine verschüttete uns, ich brachte mich nach den Kämpfen gegen die hereinflutenden Bestien mit den anderen hierher in Sicherheit. Daher weiß ich nicht, ob euer Vater noch lebt. Mit Sicherheit vermag ich es weder auszuschließen noch anzunehmen.« Gàlaidon fiel es schwer, über die Ereignisse zu sprechen. Er sah auf seinen Verband. »Lasst mich noch eines hinzufügen: Carmondai spricht mir aus der Seele. Wir haben die Pflicht zu überleben.«
»Wir müssen mehr als überleben«, preschte Crotàgon begeistert vor. »Gehen wir nach Tark Draan, das sich frei und sicher vor uns wähnt. Wir überrumpeln sie im Nu und rächen die Unauslöschlichen.« Er sah begeistert in die Gesichter am Tisch. »Was sagt ihr?«
Keiner antwortete ihm.
Ich muss ihm beispringen. Tirîgon erhob sich. »Sollen wir den Rest der Unendlichkeit damit verbringen, gegen den Zhadar zu bestehen und unser Haupt zu beugen, bis er unser überdrüssig wird? Zeigen wir Tark Draan, dass der Versuch scheiterte, uns in die Knie zu zwingen und rotten wir die Elbenbrut aus. Endgültig!«
»Nur mit einer sicheren Passage würde ich den Auszug wagen.« Horogòn schien nicht recht überzeugt. »Wir haben zu viel Schwache unter uns. Und diejenigen, deren wir uns nicht sicher sein können, ob sie Karderier sind, müssten wir hierlassen.«
»Oder verarbeiten«, warf Tossàlor ein. »Ich hätte Verwendung.« Er sah zum Heiler. »Verstehe mich bitte richtig: Natürlich wünsche ich deinen Schützlingen das Beste, aber lasse mich wissen, wenn du jemanden erlösen würdest, der zu sehr siecht. Es wäre mir eine Freude, diese Tat zu vollbringen. Seinen Körper hätte ich danach auch gerne.«
Tirîgon mochte die Verhaltenheit am Tisch nicht. Aber ich muss Carmondais Worte erst wirken lassen, das sehe ich. »Gut. Warten wir mit der Entscheidung.«
Firûsha stand auf. »Ich gehe mit dir«, sagte sie zu Horogòn. »Ich möchte die Überlebenden mit Liedern der Heimat erfreuen.«
»Das wäre sehr edel von dir. Es tut ihnen in der Seele gut«, gab er zurück.
Zögerlich löste sich die Versammlung auf, bis nur noch die Brüder übrig waren.
Sisaroth erhob sich von seinem Stuhl und ging nachdenklich zur Karte. »Die ganze Arbeit«, murmelte er. »Die ganzen Momente der Unendlichkeit, die Tossàlor und ich verbrachten, Phondrasôn zu ergründen, erscheinen … verschwendet.«
»Auch mein Eroberungsdrang war Verschwendung. Er brachte uns nichts, außer ein paar Abgaben der Barbaren.« Und den Verlust von Esmonäe. Der wahre Herrscher ist der verfluchte Zhadar. Tirîgon begab sich an seine Seite. »Ich sehe dir an, dass du nachdenkst.«
Sein Bruder lächelte. »Mir kam in den Sinn, dass es zwei Schlüssel zu unserer Rückkehr gibt, die uns das Verlies namens Phondrasôn öffnen«, teilte er seine Überlegungen. »Ein Schlüssel, ein äußerst lebendiger, befindet sich hier.« Er zog einen Wurfdolch und schleuderte ihn, die Spitze bohrte sich in die Höhle, in welcher der Zhadar hauste. »Dass er uns aufschließt, halte ich für puren Unsinn. Ich gebe nichts auf sein Versprechen.«
Also ist er doch auf Crotàgons und meiner Seite! Tirîgon war erleichtert. »Und der zweite Schlüssel?«
Sisaroth wandte sich halb zu seinem Bruder. »Liegt in unserer Festung und muss dringend repariert werden. Ganz egal, was es kostet.« Er tippte ihm gegen die Brust. »Ich denke, es ist so weit.« Dann eilte er an ihm vorbei, griff zwei Bücher aus den Regalen und verschwand durch eine der geheimen Türen in der Wand.
»Was ist so weit?« Tirîgon verstand nichts. Seit wann mag er Rätsel?
»Darf ich dich einen Moment sprechen?«, sagte Gàlaidon plötzlich neben ihm. »Es ist nicht für die Augen und Ohren der anderen bestimmt.«
Er fuhr überrascht herum und sah den Sytràp hinter einem Bücherregal hervorkommen. Ging er nicht eben hinaus? »Sicherlich.« Mit
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