Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
erkundigte er sich.
Da sie ihn nicht verärgern wollte, lächelte Firûsha und kaute. Ich will nicht wissen, welches Fleisch ich esse.
Er lachte. »Das war eine diplomatische Antwort. Aber ich durchschaue den wahren Kern.« Er warf seine Gabel in den Getreidebrei. »So schön ich mir mein Zuhause einrichtete, so schrecklich ist das Essen, das man in Phondrasôn zubereiten kann. Es fehlen die Gewürze, es fehlt der Wein. Und vom Fleisch will ich erst gar nicht sprechen.«
»Was mir auch lieber ist«, ergänzte Firûsha und schluckte den Bissen. »Es ist tot und gar, und es bringt mich hoffentlich nicht um?«
»Würde ich mein Singvögelchen vergiften wollen?« Crotàgon hob seinen Becher und prostete ihr mit dem parfümierten Wasser zu. »Auf dich, Kehle der Reinheit. Besser wurde ich niemals unterhalten als durch deine Stimme.«
Firûsha hob ihren Becher, nippte am Trank und stellte ihn auf die Tischplatte. Sie wollte endlich wissen, wie seine Entscheidung ausgefallen war. »Nun, höre ich zum Nachtisch deine Entscheidung?«
Der muskulöse Alb wurde ernst. »Ich habe eindringlich nachgedacht und in mich gehorcht. Sollten sich deine Worte als wahr herausstellen, was die Ereignisse der letzten Teile der Unendlichkeit anbelangt, bin ich in Dsôn Sòmran wahrlich besser aufgehoben als hier. So schön ich es mir auch einrichtete. Ich werde gebraucht, um meinem Volk beizustehen. Du begleitest mich.«
»Oh, das ist …« Jede Faser ihres Körpers zitterte vor Freude. Ich werde Mutter und meine Brüder wiedersehen und in die Arme schließen können! »Wann brechen wir auf?«
»So schnell wir können, kleine Albin. Ich werde Vorbereitungen treffen müssen, Proviant packen, einen Schlitten bauen, auf dem ich alles ziehen kann. Es wird keine einfache Reise, auf die wir uns begeben.« Er öffnete die Hände. »Was du siehst, habe nicht ich erschaffen.«
»Nein? Dann fandest du es vor?«
»Ein Freund fertigte all das, um mir eine Bleibe zu gewähren, in der ich mich wohlfühle«, berichtete er. »Er ersann die Pläne, ich führte sie aus. Er baute mir die Möbel, die Leuchter, die Kunstgegenstände im Gegenzug für ein Versprechen.«
»Und … das wäre?«
»Dass ich ihn mitnehme, sollte ich Phondrasôn verlassen.«
»Dann sprichst du von deinem Gefährten?«
Jetzt lachte Crotàgon schallend. »Nein! Oh, ihr Infamen, nein! Wenn er mein Gefährte wäre, hätte ich ihn längst erschlagen. Er ist zu anstrengend, zu launisch, zu sprunghaft in seinen Ansichten und Gedanken. Sein Gemüt wechselt von einem Lidschlag zum nächsten. Er weiß um seine Schwäche und lebt daher gerne alleine. Und ich ebenfalls, besuche ihn jedoch und versorge ihn mit frischem Fleisch.«
Noch sah Firûsha darin keinen Nachteil. »Es ist doch gut, wenn wir zu dritt reisen. Ein zweites Schwert gibt mehr Sicherheit.«
Der Alb lächelte. »Er ist kein Krieger, er ist Künstler. Aus Waffen formt er höchstens ein Denkmal oder … etwas, das ihm in den Sinn kommt. An dir wäre er sehr interessiert, glaube mir.« Er lehnte sich nach vorn und berührte sie am Arm, an der Schulter und am Hals. »Nicht als Mann. Sondern als Skulpteur. Diese Art von Begierde ist wesentlich gefährlicher für dich.«
Meine KNOCHEN! Firûsha riss vor Entsetzen die Augen auf. »Aber ich gehöre zu seinem Volk!«
»Und weil er denkt, dass nur perfekte Knochen das perfekte Kunstwerk abgeben, sitzt er in der Verbannung«, fügte Crotàgon hinzu.
Sie erinnerte sich unvermittelt an einen Namen, den ihre Mutter einst voller Abscheu genannt hatte.
»Tossàlor.«
»So heißt er.«
Sie sackte zusammen. »Müssen wir ihn mitnehmen?«
»Er ist mein … Freund.«
»Er ist ein vielfacher Mörder, der sich an seiner eigenen Art verging!«
»Ich mag ihn.«
Er mag ihn? Was ist das für ein unsinniges Argument? »Aber … er verschwieg dir, was mit Dsôn Faïmon geschah! Was glaubst du, warum er dies tat? Um dich zu schonen? Nein, er verfolgte sicherlich einen anderen Grund.« In Firûsha gewann die Ablehnung die Oberhand. »Ich möchte, dass wir ihn zurücklassen. Ihm wird es ohnehin verwehrt sein, nach Dsôn einzutreten. Seine Taten sind unentschuldbar. Mein Vater wird ihn nicht begnadigen.«
Crotàgon nickte grinsend. »Das ist ein guter Hinweis, kleine Albin: Wie es die Fügung will, werde ich dich, seine unschuldige Tochter, dabeihaben, wenn wir Dsôn erreichen und bei ihm vorsprechen. Dein Vater wird so froh sein, dich zurückzubekommen, dass er Tossàlors Begnadigung in
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