Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
ledernen Untergewand befestigt waren. Auf die Maske und die stinkenden Bestienfelle verzichtete er. Er reiste nun als bekennender Alb, den breiten Speer wie einen Wanderstab nutzend. »Bist du bereit?«
    Auf dem Transportschlitten türmten sich fest geschnürte Säcke. In der Lücke, die er vorn gelassen hatte, befand sich Firûshas Käfig.
    »Nur zu«, sprach sie säuerlich durch die Gitter. »Ich werde es genießen, dich schnaufend und prustend wie ein Packpferd ziehen zu sehen.« Gegen die Kälte hatte er ihr eine weitere Decke überlassen, die sie enger um sich schlang.
    Er nahm die Riemen und legte sie sich über die Schulter, zog an und stapfte, leicht vornübergebeugt, los.
    Es ging in den Wald aus den hohen rotgrünlichen Grashalmen hinein, durch den sie eine Schneise zogen und eine Spur hinterließen, die nicht zu übersehen war. Der austretende Saft verströmte einen Geruch aus schmelzendem Bernstein und zerriebener Minze, der schwer und aromatisch in der Luft hing.
    Firûsha wandte sich für einen Augenblick um und sah das Haus hinter ihnen. Er hat es wirklich aufgegeben.
    Sie sang ein fröhliches Marschlied, um den Alb anzuspornen und sich die Zeit zu vertreiben. Zudem wollte sie ihn abhängig von ihrer Stimme machen, um Macht über ihn auszuüben. Ich ziehe ihn mir wie einen Hund.
    Sie wusste, dass es gelingen konnte. Ihre Mutter hatte davon gesprochen und sie mehrmals darin unterwiesen, doch es war schwer. Sehr schwer.
    Schlichte Gemüter, wie die von Barbaren oder Óarcos, erlagen der Stimme einer Albin recht schnell. Wenige Töne genügten, und man konnte von ihnen verlangen, was man wollte, hatte ihre Mutter gesagt. Perfekte Sängerinnen stürzten die einfachen Geister gar in solche Verwirrung, dass sie den Verstand verloren.
    Aber einen Alb durch den Zauber einer Melodie gefügig zu machen, sodass er jeglichen Wunsch erfüllte und sogar bereit war, sein Leben zu geben, dieses Kunststück erforderte wesentlich mehr.
    Mir bleibt auf der Reise viel Gelegenheit zum Üben. Die werde ich reichlich nutzen. Firûsha wusste, dass Crotàgon nicht nur ihr Garant gegen die Bestien und Gefahren war, sondern ihren Schutz gegen Tossàlor darstellte. Ihren einzigen Schutz.
    Da es keine Sonne und keine Gestirne in der Höhle gab, die sie durchquerten, vermochte die Albin den Verlauf der Zeit nicht einzuschätzen. »Woher stammen die Helligkeit und die Wärme?«, wollte sie wissen. »Welches Geheimnis steckt dahinter?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Crotàgon zurück, ohne sich umzudrehen. Er sprach schleppend, den Schlitten über das Gras zu ziehen, strengte an. »Magie, womöglich. Doch zerbrich dir nicht den Kopf über die Dinge und Wunder, die du sehen wirst. Vieles lässt sich nicht erklären. Die bekanntesten und unbekanntesten Götter scheinen sich ausgetobt zu haben, um ihr Können zu beweisen. Vermutlich ein Wettstreit, wer die größten Merkwürdigkeiten zustande brachte.«
    »So? Was denn zum Beispiel?«
    Er blieb stehen, warf den Riemen ab und nahm einen Schluck aus dem Trinkbeutel, den er vom Gürtel nahm. Die dunkelgrauen Haare klebten auf seiner Stirn. »Anfangs streifte ich viel umher. Ich gelangte in Kavernen, in denen das Wasser von unten nach oben floss. Oder an Orte, an denen du die Wände hinauflaufen kannst, ohne zu stürzen, und an der Decke einen Purzelbaum machen, ohne zu fallen. Manche Räume«, erzählte er und sah sich dabei aufmerksam um, »sind nichts anderes als ein großes Spiegelkabinett, aus dem man fast nicht mehr herausfindet.«
    »Das klingt … faszinierend!«
    »Nicht, wenn du lange darin herumirrst und in den Skeletten derer watest, die keinen Ausgang fanden«, bemerkte Crotàgon. »Der Tod kommt in vielen Gestalten. Als Scheusal, als Gas, als Abgrund, als kleines Insekt mit tödlichem Stich, als Geist. Meine Aufzählung wäre endlos. Daher beschloss ich, mein Revier zu verteidigen und mich auf meine Höhle und angrenzende kleine Gänge zu beschränken. Tossàlor ist da anders.« Er ging nach vorn und nahm die Riemen auf. Die Reise ging weiter.
    »So? Aber sollte er nicht lieber in seiner schützenden Behausung bleiben, wenn er nicht zu kämpfen versteht?«
    »Sein Kunstsinn lässt ihn blind sein für die Gefahren, die ein Krieger sieht«, antwortete er. »Er legte eine Karte seiner Streifzüge an. Wenn jemand weiß, wie man von hier entkommt und wo wir einen Ausweg finden, dann er. Auch deswegen sollten wir ihn mitnehmen.«
    »Eigentlich brauchen wir die Karte. Nicht ihn«,

Weitere Kostenlose Bücher