Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
verantwortlich für die Tragkraft des Konstrukts sein? Wenn es so wäre, könnte ich etwas versuchen. Er packte sein Schwert und zerteilte eine Planke, zerschlug sie und warf sie in den Abgrund. Sinke ich jetzt?
    Als seine Tat keine Auswirkungen zeigte, entfernte er zwei, drei, dann vier und schließlich eine fünfte Planke.
    Da endlich senkte sich der Steg.
    Ich hatte recht! Hastig schaute er unter sich.
    Die Kaskaden waren vergangen, der See war zur Ruhe gekommen und zeigte sich mit leicht kräuselnden Wellen.
    Bis zum eingezeichneten Ufer waren es laut Karte keine drei Meilen. Aber Tirîgon sah es nicht. Für ihn schien die Höhle endlos zu sein.
    Der Steg ist aus Holz, demnach wird er mich tragen. Mit kräftigen Schwertschlägen zerstörte er weitere Bretter, und der Ausleger senkte sich rascher dem Wasser entgegen. Eine andere Wahl, als den Steg wie ein Floß zu nutzen, blieb ihm nicht.
    Seinen Tod wollte er nicht in Phondrasôn finden, sondern seine Geschwister, und danach Wohlstand, Ansehen und sein größtes Glück.

    Phondrasôn, 5427. Teil der Unendlichkeit (6241. Sonnenzyklus), Frühling
    Firûsha gestand Crotàgon zu, dass er nicht übertrieben hatte: Sie lag in einer Steinwanne, umgeben von warmem Wasser, das nach Blüten und Sommer duftete. Besäße ich keine Heimat und meine Geschwister wären hier, könnte es mir gefallen wie ihm.
    Der Raum, in den sie der Goldstählerne nach ihrem Erwachen geführt hatte, musste für einen Herrscher errichtet worden sein und stand in keinem Vergleich zu dem schäbigen Kämmerchen, in dem sie zuerst gelandet war. Polierter Stein überall, Wassereinlässe unmittelbar über der Wanne, ein Kohlefeuer für beständige Wärme, in dem Weihrauch verbrannte und Wohlgeruch verbreitete. Die Strapazen der letzten Zeit vergingen.
    Firûsha entstieg der Wanne und trocknete sich mit weichen Tüchern ab, die ihr Crotàgon hingelegt hatte. Sie schlüpfte in das dunkelgelbe Kleid, das als Ersatz für die Fetzen diente, die sie vorher am Leib trug.
    Dann kehrte sie zum Krieger zurück, aber nicht in die Küche, sondern durch eine weitere Tür, die er ihr vor dem Bad ans Herz gelegt hatte. Was sich dahinter verbarg, hatte er nicht verraten wollen.
    Was erwartet mich? Sie klopfte und öffnete beherzt.
    »Ah«, sagte er bei ihrem Eintreten. Er trug ein weites Gewand in abgeschwächtem Schwarz mit gelben und grauen Stickereien darin. »Ich sehe, dass du dich erholt hast.«
    »Ja, das habe ich.« Firûsha glaubte bei dem Anblick, nach Hause gekommen zu sein: Die Wände waren mit albischen Schriftzeichen verschönert, Ständer und Leuchter aus den Gebeinen verschiedener Wesen hielten die Kerzen und Lampen. Sogar drei abstrakte Gemälde schmückten den Raum, in dem sich außer einem langen Tisch vier Stühle sowie zwei Liegen befanden. Für so künstlerisch begabt hätte ich ihn niemals gehalten! »Ich verstehe immer besser, was du meintest, als du von Zurücklassen sprachst.«
    Das Heimweh packte sie schlagartig. Sie dachte an Sisaroth und Tirîgon sowie an deren ungewisse Schicksale.
    Crotàgon nickte, die langen dunkelgrauen Haare fielen nach vorn und er strich sie sich wieder vom Antlitz. »Ich habe einen Entschluss gefasst. Aber zuerst singst du für mich, kleine Albin.«
    Dafür lasse ich dich büßen. Das Bad und das Kleid machen dein Benehmen und deine Verfehlungen nicht wett. Niemand darf mich sklavengleich behandeln. Sie rang ihren Trotz nieder und besänftigte sich mit dem Gedanken, dass sie Crotàgon damit stärker an sich band. Natürlich singe ich für dich. Du wirst dir noch wünschen, du hättest meine Stimme nie vernommen.
    Firûsha stand entspannt, ließ die Arme herabhängen und schloss die Augen, um sich auf ihren Gesang zu konzentrieren.
    Zuerst bot sie ihm erneut die Blutblume dar, anschließend folgte eine Kinderweise, mit der ihre Mutter sie einst in den Schlaf gesungen hatte. Danach sah sie ihn unerschrocken an. »Mehr wirst du hören, nachdem wir speisten und ich deinen Entschluss vernahm.«
    Er betrachtete sie abwesend. Seine Seele hing noch in der Welt der Töne gefangen. »Ja«, gab er zurück und räusperte sich. »Sicherlich. Ich bringe unser Mahl.«
    Crotàgon tischte auf und servierte ihr Speisen, die mundeten und sättigten, jedoch nicht an die Güte heranreichten, die ihre Köchin aus Pfannen und Töpfen zauberte. Das Fleisch war zart, das Gemüse mit unbekannten Gewürzen, und der Brei schmeckte herrlich nach frischer Minze. »Schmeckt es dir?«,

Weitere Kostenlose Bücher