Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
leise.
Die Wache fluchte unter ihrem Helm und sah hinaus. »Ich dachte, der Frühling sei dazu da, die Sonne herauskommen und die Temperaturen steigen zu lassen?«, murmelte er unwirsch. »Ich werde auf dem Wall nass bis auf die Knochen.«
Das Eis unter den Passagieren war gebrochen.
Ein dumpfes Krachen ertönte, eine Erschütterung durchlief die Plattform; danach huschte ein Schatten am Fenster vorbei.
»Was war das?« Ranôrias Nackenhärchen stellten sich warnend auf.
»Ein Stein«, erklärte der Bediener und legte zwei Hebel um, woraufhin sich die Geschwindigkeit erhöhte.
»Der Vorbote einer Moräne?« Die Wache wechselte einen Blick mit den Passagieren.
»Kann sein. Deswegen möchte ich den nächsten Ring erreichen, damit wir aussteigen und ich die Lage prüfen kann«, gab der Bediener zurück und blickte nervös in den Nebel. »Die Strecke wurde erst vor zwei Momenten untersucht und freigegeben, weswegen mich der lose Stein wundert. Die Fangnetze sollten das eigentlich verhindern.«
»Kürzlich gab es Probleme auf der Nordseite. Wegen des vielen Regens«, warf der Alb mit den schmutzigen Schuhen ein. »Der Schiefer mag die Feuchtigkeit nicht.«
Wie zur Bestätigung seiner Worte krachte es, als ein zweiter Brocken aufs Dach prallte, ein dritter durchbrach in einem Scherbenhagel das Fenster und rollte der Wache vor die Füße.
Aufschreiend war Ranôria in Deckung gegangen, der Bediener lag keuchend am Boden, von zahlreichen Splittern im Gesicht und am Hals verletzt.
Die Plattform hielt an, der Stein hatte die Hebel verbogen. Nebelschwaden drängten durch das Loch ins Innere und brachten feuchte Kühle, trübten die Sicht.
Sofort war der Soldat heran und kümmerte sich um die Wunden. »Wir müssen weiter! Er verblutet sonst.«
Das war keine Moräne. Ranôria sah auf den Brocken. Genau die richtige Größe zum Werfen. Sie behielt den Kopf unten. Wollte jemand, dass wir hier stehen bleiben? Sie sah zum Alb mit den schmutzigen Schuhen, der ratlos zu den demolierten Bedienungshebeln ging und nachdachte, wie er die Plattform zum Laufen brachte. Hat er doch was damit zu tun?
»Weißt du, wie man sie steuert?« Er sah zu Ranôria. »Ist das verrückt? Ich lebe seit elf Teilen der Unendlichkeit in Dsôn und nutze diese Dinge ständig, aber ich könnte nicht sagen, wie …«
Der Soldat ließ den Verletzten plötzlich los, schnellte in die Höhe und zog dabei sein Schwert, um es dem Alb am Pult durch den Körper zu stoßen; die andere Hand hielt ihm den Mund zu, damit er nicht schrie. Gequält aufschnaufend sank der Getroffene neben den blutenden Bediener, dem der Soldat als Nächstes die Klinge durch den Hals trieb.
Er ist Acòrhias mörderischer Gruß an mich! Ranôria sah aus dem Fenster, um abzuschätzen, wo sie landete, wenn sie auf der Flucht vor dem Soldaten hinaussprang, aber der Nebel ließ eine Orientierung nicht zu. Sie konnte einen halben Schritt tief oder zwanzig stürzen.
Der gerüstete Alb stand breitbeinig vor ihr, das Schwert auf ihren Unterleib gerichtet. Sein Antlitz blieb hinter dem Visier weitestgehend verborgen. »Ich soll dir ausrichten, dass es nicht klug war, die Schuld deiner Nachkommen anzuzweifeln«, sprach er drohend.
Ihr wollte nicht einfallen, wie sie aus der Falle entkam, außer ihren Gegner anzugreifen – was bestimmt ihren Tod und nicht seinen bedeutet hätte.
Ich hätte stutzig werden müssen, als er behauptete, auf den Wall zu müssen. Die Gardisten, die dort ihren Dienst verrichten, leben in den Unterkünften innerhalb der Mauer.
»Und nachdem ich meine Botschaft überbrachte«, er lockerte die Schultern, »komme ich zum zweiten Teil meines Auftrags.« Er stieß mit dem Schwert zu.
Ranôria machte einen Sprung zur Seite, die Spitze verfehlte sie und bohrte sich ins Holz der Kabine. Sie trat dem gedungenen Mörder mit aller Macht in die rechte Seite, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, und tat einen Satz an ihm vorbei durch die Türluke.
Ranôria fiel einige Schritt durch das wattige Grau und den strömenden Regen, bis sie mit den Füßen gegen schrägen Widerstand prallte. Dem Klang nach handelte es sich um Schindeln, auf denen ihre Schuhe keinen Halt fanden.
Die Albin schlug hin und rutschte das Dach hinab, die Finger glitten über den nassen Stein, ohne sich festklammern zu können.
Schließlich wurde ihre Fahrt durch einen Kamin gestoppt. Es knackte. Ihr linker Knöchel sandte einen sengenden Schmerz.
Gebrochen! Ranôria richtete sich hektisch an dem
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