Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
»Ist das dritte Refugium in der Nähe?«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil du sagtest, du bekämst rasch neues Blut.«
Carâhnios zeigte nach Süden. »Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es bis zum Morgengrauen.«
Die geringen Abstände zwischen den Verstecken ergaben für Carmondai keinerlei Sinn. »Existiert ein Tunnel zwischen ihnen oder weswegen liegen sie dicht beieinander?«
»Wer sprach von einem Versteck? Ich rede von Aichenburg.«
»Das Attentat auf Mallenia.« Das hatte er nicht bedacht. »Du wirst zu einem Helden, wenn du der Königin von Gauragar und Idoslân das Leben rettest.«
»Wie wahr, wie wahr.« Carâhnios zeigte unvermittelt dieses wahnsinnige Grinsen, mit dem er Dämonen beeindrucken konnte. »Sollte es sich ergeben, werde ich es tun. Doch es würde mir auch ausreichen, den Alb zu fassen.« Er zeigte auf den Eingang. »Jetzt schau nach, zeichne wie der Wind, und dann los.« Er verzog den Mund. »Erinnere mich, dass ich einen Glasmacher aufsuche. Die Flaschen gehen zur Neige.«
Er würde Mallenia in den Tod gehen lassen. Dabei sind sie Verbündete. Carmondai war mehr als befremdet und gab es auf, den Zhadár verstehen zu wollen. Die Kreatur unterschied sich von Unterirdischen und Albae, trug Gutes und Schlechtes in sich. Der letzte Tropfen des neuen Destillats scheint ihn deutlich mehr zum Bösen gewendet zu haben.
Er betrat das Versteck, in dem eine schmale Treppe hinabführte. Leuchtmoos sorgte für ausreichend Licht, um die Stufen zu erkennen.
Das Vorhaben, seinen verrückten Wächter bald umzubringen, bevor er selbst das Leben bei der Jagd auf Albae verlor – durch Fallen, Dorfbewohner oder eine unberechenbare Laune Carâhnios’ –, verfestigte sich. Nimm noch einmal in meiner Anwesenheit vom Elixier, und du wirst sterben.
Ishím Voróo, 69 Meilen vor Dsôn Dâkiòn, 5452. Teil der Unendlichkeit (6491. Sonnenzyklus), Spätsommer
Die schmalen, langen Boote jagten mit ihren großen, dreieckigen Segeln so selbstverständlich den Tronjor stromaufwärts, dass sich Aiphatòn wunderte. Man könnte meinen, sie machten das jeden Umlauf.
Der Wind stand gut für die Angreifer, und auch die Felsenengstelle hatten sie hinter sich gelassen. Aiphatòns Vorschlag, eine gesonderte Einheit vorwegzuführen, war abgelehnt worden, und so reiste er notgedrungen mit der Streitmacht.
Die Schiffe unterschieden sich deutlich von den Rònken und den Begleitseglern. Sie waren einzig dafür ersonnen worden, den Strom hinaufzufahren und bis nach Dâkiòn zu gelangen. Mit der Friedfertigkeit der Albae schien es dahin zu sein. Die großen Dreimaster lagen vor der Mündung des Tronjor und erwarteten ihre Rückkehr.
Wir gelangen innerhalb weniger Umläufe bis vor die Stadt. Aiphatòn befand sich auf dem ersten der fast hundert Gefährte und machte sich bereit, mit einer kleinen Truppe an Land abgesetzt zu werden. Sie hatten eine besondere Aufgabe erhalten, die entscheidend für das weitere Vorankommen war.
Irïanora stand keine zwei Schritte neben ihm. Die blonde Albin trug die weiße Rüstung der Elhàtorianer, zur besseren Unterscheidung waren ihr rote Armbinden verpasst worden. Sie hatte darauf bestanden, an dem Unterfangen teilzunehmen.
Aiphatòn hätte es ohnehin angeregt. Zum einen kannte sie sich in Dâkiòn aus, zum anderen wäre sie ein gutes Druckmittel. Vielleicht nicht gegen Shôtoràs, aber doch bei den Kriegern, denen man unterwegs begegnet. Der Anblick der Nichte des Regenten konnte für die entscheidende Verzögerung sorgen, die sie brauchten, um den ersten Pfeil zu schießen. Zudem gab es sicherlich auch Freunde in der Stadt, die Irïanora lebend zurückhaben wollten und auf Verhandlungen bestanden.
Aiphatòn gesellte sich zu ihr. »Hast du dir deine Rückkehr so vorgestellt?«
Sie warf ihm einen knappen Blick zu und richtete die Augen erneut nach vorne. Das Anlegemanöver begann, das rechte Ufer rückte näher. »Ich ging davon aus, meine Heimat gar nicht mehr zu sehen«, antwortete sie schleppend.
Nun säe ich ein wenig Verunsicherung. Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich sah deine Abneigung mir gegenüber und dein schlecht vorgetäuschtes Entsetzen, als es zur Kriegserklärung kam«, sagte er leise. »Ich sage dir: Du freust dich darüber. Und wahrscheinlich denkst du darüber nach, wie du die Truppen aus Elhàtor in die Falle führen kannst.«
»Unsinn«, gab sie empört zurück. »Es veränderte sich vieles, und …« Sie stockte. »Ich verlor mein Herz an
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