Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass
Feldzuges
zu übernehmen!«
Carmondai
war erleichtert und begann augenblicklich zu schreiben. Er unterdrückte die
Frage, was er zwischen den ganzen Kriegern in Tark Draan tun sollte. Er sah
kurz zu Morana, die offensichtlich ebenso überrumpelt war wie er, und lieà den
Blick schweifen: Keiner der Versammelten wirkte, als hätte er mit dieser
Eröffnung gerechnet.
Seine
Hand bewegte sich wie von selbst, skizzierte und hielt Einzelheiten fest:
Antlitze, Rüstungen, Gesten, Sitzpositionen der Albae â nur so würde er sie
später in einem monumentalen Gemälde richtig darstellen können.
Er
sah das Bild vor sich, gut zehn Schritte lang und sechs hoch, damit der Saal
zur Geltung kam. Ich werde die zerschlagene Krone der
Unterirdischen hinzumalen, sinnierte er und komponierte den Aufbau: eine
lange Tafel, von sachtem Licht beschienen und von Säulen eingefasst, und dann
die Nostà roi, in ihrer ganzen Herrlichkeit, die etwas mehr als die der anderen
Albae sein musste. Ohne dass er etwas dagegen tun konnte, tauchte er mit seinen
Gedanken tiefer und tiefer in das zu schaffende Gemälde ein, suchte bereits
nach den passenden Farben, ging im Kopf seine Vorräte durch, überlegte sich
neue Komponenten ⦠Sinthorasâ weitere Erklärungen wurden zu einem angenehmen
Gemurmel â das abrupt endete.
»Carmondai,
was schreibst du da?«, hörte er Caphalors verwunderte Frage. »So viel sprach
niemand bislang, aber deine Hand jagt nur so über das Blatt.«
Carmondai
sah auf, erfasste die Umgebung noch nicht wirklich, da sich sein Geist
weiterhin mit dem Gemälde beschäftigte und sich zunächst weigerte, damit
aufzuhören. Seine Schöpfungskraft wehrte sich gegen die Unterbrechung. »Bitte?«,
sagte er kehlig und versuchte, sich zu fangen. »Ich â¦Â« Er räusperte sich und
langte nach dem Weinpokal.
Arviû
beugte sich nach vorn, um zu sehen, was in die Kladde geschrieben worden war.
»Da steht nichts. Er hat gezeichnet«, sagte er dann und lachte kurz, doch
leicht verächtlich; sie würden keine wahren Freunde werden. »Wie soll daraus
später etwas für die Nachwelt werden? Sollten die Worte nicht so
niedergeschrieben werden, wie sie aus dem Mund der Nostà roi kommen, statt dass
du sie anhand deiner Striche erfindest?«
Die
Feindschaft, die erneut in Arviûs Worten mitklang, machte Carmondai stutzig. Was habe ich ihm getan?
»Carmondai,
ich weiÃ, wie leicht sich ein Künstler ablenken lässt«, sagte Sinthoras milde.
»Aber beherrsche dich und unterdrücke deine Visionen. Schreibe auf, was wir sagen. Danach ist Zeit für Zeichnen und Malen. Das ist
es doch, womit sich dein Kopf beschäftigt, richtig?«
Carmondai
nickte und gab sich Mühe, den anordnenden Ton zu überhören. Ich
fürchte, dieses Kunststück werde ich noch öfter vollbringen müssen. Er
nahm einen Schluck. »Es wird nicht wieder vorkommen, doch der Anblick hier ist
so ⦠mitreiÃend, überwältigend!« Er sah ausgerechnet die anmutige Horgà ta dabei
an, und Virssagòn musste grinsen, wie Carmondai aus den Augenwinkeln bemerkte.
»Am
besten«, sagte Sinthoras, »beginne ich noch einmal. Und ich bitte dich, Meister
des Wortes, schreibe und erhalte der Nachwelt, welche Aufträge die Nostà roi an
diesem Splitter der Unendlichkeit den Besten der Albae gaben!«
Â
Der Argwohn, heiÃt es, ist der beste Schutz
vor Ãberraschung und Tod.
Â
Doch die Albae hatten im Laufe ihrer
Existenz verlernt, argwöhnisch zu sein.
Weil sie mutige, überlegene Krieger in
ihren Heeren hatten.
Weil sie Vasallenvölker befehligten.
Weil sie Festungen, Gräben und Mauern
errichtet hatten, die allem standhielten.
Und weil sie dem Tod von Geburt an durch
ihr besonderes Wesen trotzten.
Â
Doch es kam der Tag, an dem die Albae ihren
alten Argwohn hätten brauchen können.
Denn die Vorsehung sandte ihnen einen
vergessenen Feind, um sie zu prüfen.
Â
Epokryphen
der Schöpferin,
Buch
des Kommenden Todes, 11â19
Â
IshÃm Voróo (Jenseitiges
Land), einstiges Reich der Fflecx, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199.
Sonnenzyklus), Sommer
»Wir
müssen nach links. Dort drüben habe ich noch Reste der Grenzpalisaden gesehen.«
Arganaï lenkte seinen Feuerstier über den breiten Weg, der einst zur Toranlage
und damit ins Reich der Fflecx geführt
Weitere Kostenlose Bücher