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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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Morgenröte oder aber hier auf Dreckswetter oder tief im Dschungel der Neuen Länder. Oder sonst wo.
    Vielleicht gab es ja auch überhaupt keinen Schatz.
    War das möglich?
    Alles war möglich. Das Einzige, was ich sicher wusste, war, dass Guts und ich nicht die Einzigen waren, die den Schatz suchen würden. Dank Millicent hatten Roger Pembroke und ich unsere letzte Begegnung überstanden, doch es schien wahrscheinlicher denn je, dass meine Probleme mit ihm erst aufhören würden, wenn einer von uns tot war.
    Und dann war da auch noch Birch, der Zwillingsbruder des Mannes, den ich getötet hatte. Auch ihm war ich bestimmt nicht das letzte Mal über den Weg gelaufen.
    Doch da ich in diesem Augenblick nichts davon ändern konnte, war es sinnlos, sich den Kopf zu zerbrechen.
    Ich stand auf und trottete zur vorderen Veranda. Es war die angenehmste Tageszeit auf Dreckswetter – genau genommen die einzig erträgliche Zeit, ganz kurz vor Sonnenaufgang, wenn die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit niedrig genug waren, um sie einigermaßen auszuhalten. Die Stinkfruchternte war endlich eingebracht und auf eine Kolonne von sechs Karren aufgeladen, die in der Nähe des Stalls darauf wartete, dass die Pferde für die Fahrt zum Frachtschiff am Kai vorgespannt wurden.
    Ich hatte diese Fahrt mit der beladenen Karrenkolonne schon ein Dutzend Mal oder mehr mitgemacht, war jedoch immer am Ufer umgedreht, um hinter einem leeren Karren her zurück nach Hause zu gehen.
    Dieses Mal war es anders. Ich würde der Ernte bis zu ihrem Bestimmungsort folgen. Ohne zu wissen, wann ich zurückkommen würde. Falls überhaupt.
    Und meine Familie war tot. Ganz egal, was passierte, sie würden nie hierher zurückkommen. Wenn ich an sie dachte, hatte ich einen Kloß im Hals. Selbst wegen meines Bruders wurde ich ein bisschen sentimental – weniger wegen Adonis selbst, denn er war so was von niederträchtig, sondern eher wegen der Vorstellung, überhaupt einen Bruder gehabt zu haben, und wegen all dem, was hätte sein können, wäre meine Mutter nicht bei meiner Geburt gestorben und wäre alles anders gelaufen.
    Ich hörte die Eingangstür knarren. Guts kam heraus. Er lächelte mich an, den Arm ohne Hand hielt er hinter dem Rücken versteckt.
    »Warum grinst du?«
    »War gestern Abend einkaufen. Hab einem Piraten ’ne Kleinigkeit abgekauft.«
    Er hielt den Arm vor, um es mir zu zeigen. Es war ein Stahlhaken, der mit einer Lederkappe über seinem Stumpf festgebunden war.
    »Glückwunsch! So einen wolltest du doch immer.«
    »Ja«, sagte er und betrachtete den Haken. »Ich glaub, ich nenn ihn Lucy. Kann’s kaum erwarten zu sehen, wie er sich bei einer Schlägerei macht … Und ich war noch mal oben auf’m Berg –«
    Er griff in die Tasche seiner ausgebeulten Hose und zog einen unhandlichen Packen heraus, der sich nach dem Entwirren als eine Kette aus erdverkrusteten Edelsteinen und beschädigten Kielen längst verfaulter Federn entpuppte, an der ein fast zehn Zentimeter großer Feuervogelanhänger hing.
    »Die Halskette des Feuerkönigs.«
    Er nickte. »Das einzig Wertvolle.«
    Irgendetwas daran verursachte mir ein ungutes Gefühl. »Meinst du, das ist in Ordnung?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Sie einem Toten wegzunehmen.«
    »Er benutzt se ja nich.«
    »Aber … Was, wenn ein Fluch darauf liegt oder so was?«
    Guts schnaubte. »Der einzige Fluch daran is der Gestank.« Er schnüffelte an der Kette, zuckte und stopfte sie wieder in die Hosentasche. »Außerdem isse vielleicht bei den Eingeborenen ganz nützlich.«
    Ich nickte. Dann trat ich zurück, um mir mein Haus noch einmal gut anzuschauen.
    »Fühlt sich komisch an, gleich wieder zu gehen.«
    Von der Piratenbaracke drang entferntes Geschrei zu uns her, gefolgt vom Donnern einer Granate. Dann ein Schrei und anschließend Gelächter.
    »Aber eigentlich ein guter Zeitpunkt«, erwiderte Guts.
    »Ja. Zumindest so lange, bis ihnen die Granaten ausgehen.«
    Jeder einzelne Feldpirat begleitete die Ernte den Berg hinunter, sie hielten sich an den Karren fest oder humpelten nebenher. Diejenigen, die zwei Hände hatten, hielten in der einen ihr Geld und in der anderen ihr Gewehr, ihre unversehrten Augen blitzten vor Vorfreude auf das Spektakel, das sie veranstalten würden.
    Wir müssen einen erschreckenden Anblick geboten haben, denn selbst die Betrunkenen auf den Straßen von Galgenhafen machten Platz, als wir durch die Stadt schwankten.
    Guts und ich saßen mit Otto auf dem ersten Karren. Er hatte

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