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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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unentbehrlich«, sagte sie mit einem Lächeln.
    Guts zuckte, als stünde er kurz vor einem Anfall, und stieß ein paar knurrende Töne aus, doch er ließ sich von mir Richtung Kabine bugsieren.
    »Sie meint es wirklich gut«, sagte ich ihm leise.
    »Halt sie mir bloß vom Hals.« Er stapfte zuckend und vor sich hin brummend die Kabinentreppen hinunter.
    Als er weg war, knöpfte ich mir Millicent vor. »Verdammt noch mal, kannst du endlich aufhören, ihn zu provozieren? Willst du, dass er dich ersticht?«
    »Er würde dieses Messer niemals einsetzen.«
    »Und wie er das würde. Er ist ziemlich gewalttätig. Und nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Welche Art von ›nicht ganz richtig‹?«
    »Die Art, die Leute ersticht. Schau dir das an.« Ich öffnete zwei Knöpfe meines Hemdes und zog es so weit über die Schulter, dass sie sich den blutverkrusteten Biss auf meiner Schulter genau ansehen konnte.
    »Oh, das ist übel! Hat er einen Hund?«
    »Nein, das war er selbst.«
    Millicents Augenbraue zuckte nach oben. »Na schön. Gut zu wissen. Danke für den Tipp.«
    Danach ließ Millicent Guts in Ruhe und kommandierte stattdessen mich herum. Sie versuchte mir Befehle zu geben, als wäre ich ein normaler Seemann, merkte aber schnell, dass mich Wörter wie Schothorn und Fall völlig überforderten. Sie musste also deuten oder mir einfachere Anweisungen geben wie »Zieh an diesem Seil« oder »Lass Guts das machen«.
    Und »Pass auf den Baum auf!«. Letzteres hätte sie ruhig früher sagen können, dann hätte ich mich rechtzeitig wegducken können und keinen Schlag ins Kreuz gekriegt, als die Rahnock des Segels über die Plicht schwang. Wenigstens erwischte sie mich nicht am Kopf.
    Irgendwann segelten wir los. Millicent ging auf westlichen Kurs und lehnte sich, den Arm auf der Ruderpinne, gemütlich in der Plicht zurück.
    »Ganz schön kühl«, meinte sie und schlang die Arme um den Oberkörper. »Kannst du mir eine Decke aus der Kabine holen?«
    Ich ging hinein. Guts schlief bereits selig. Er hatte sich in einem der kleinen, aber bequemen Kabinenbetten zusammengerollt. Ich nahm eine Wolldecke vom anderen Bett und brachte sie Millicent. Sie wickelte sie wie einen Umhang um sich, als ich mich neben sie auf die andere Seite der Ruderpinne setzte.
    Es war noch eine Stunde oder so bis Sonnenaufgang und das Meer war ruhig im Mondlicht. Ich beobachtete Millicent eine Weile, betrachtete die Wölbung ihres Wangenknochens und die langen Haarsträhnen, die ihr der Wind ins Gesicht blies, doch irgendwann ertappte sie mich dabei und ich musste aufhören.
    »Was schaust du so?«
    »Nichts.« Ich drehte mich weg und starrte stattdessen aufs Wasser.
    »Erzähl mir, was passiert ist«, sagte. »Mit Birch.«
    Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. Als ich zu der Stelle kam, als Birch gesagt hatte: »Anweisung vom Chef«, vermied ich sorgfältig jeden Blickkontakt. Ich wusste zwar, dass sie es nicht gern hören würde, aber ich wollte es nicht auslassen.
    »Sie haben es völlig anders dargestellt«, sagte sie, als ich fertig war.
    »Wer ist ›sie‹?«
    »Die Männer in der Schlucht. Die zugesehen haben, als es passierte.«
    »Was haben sie gesagt?«
    »Dass Birch ihnen von der Klippe aus zugewinkt hat und sie zurückgewinkt haben, und in diesem Moment seist du von hinten gekommen und hättest ihn über den Rand gestoßen.«
    »Das haben sie euch erzählt?«
    »Nein. Sie haben es Daddy erzählt. Er war sehr aufgebracht.«
    »Millicent … Ich sage die Wahrheit.« Ich konnte spüren, wie sich meine Wangenmuskeln beim Sprechen anspannten.
    »Manchmal, wenn etwas sehr schnell passiert, vor allem, wenn es einem Angst macht –«
    »Es hat nichts mit Angst zu tun! Birch hat versucht, mich umzubringen! Hältst du mich für einen Lügner?«
    »Nein, ich versuche nur –«
    »Warum in aller Welt sollte ich ihn hinunterstoßen? Ich hab ihn nicht mal gekannt!«
    »Reg dich nicht auf –«
    »Und er hat mich nicht gekannt! Warum sollte er mich umbringen, es sei denn, jemand hat es ihm befohlen –«
    »STOPP!« Es war ein heftiger, unvermittelter Wutanfall, wie ich ihn noch nie zuvor bei ihr erlebt hatte. Er erinnerte mich an ihren Vater.
    Genau wie er fing sie sich allerdings ziemlich schnell wieder. Als sie weitersprach, war es beinahe nur noch ein Flüstern.
    »Lass uns nicht darüber streiten. Wir werden einander nicht überzeugen. Und ich glaube dir. Ich bin sicher, dass Birch dich als Erster angegriffen hat. Aber ich weiß auch, dass Daddy ihm

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