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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Tempel zu bewachen, den man als das am besten gehütete Geheimnis auf ganz Calaius betrachtete. Die Realität war schwer zu akzeptieren, und der Elf musste seine Furcht beiseite schieben, empfand zugleich aber Stolz darüber, dass ihre Wachsamkeit geholfen hatte, wenigstens den ersten Angriff abzuwehren. Sie hatten den Tempel bewacht und verteidigt. Und je nachdem, was er am anderen Ende des rücksichtslos in den Wald gehackten Weges fand, mussten sie vielleicht noch einmal ihre Pflicht tun.
    Soweit Rebraal es wusste, hatte es noch nie einen Angriff auf Aryndeneth gegeben. Natürlich waren gelegentlich ungebetene Gäste gekommen. Besucher, die keine Pilger waren, sondern eher das Abenteuer als die Erleuchtung suchten. Bis heute hatte keiner von ihnen böse Absichten gehabt oder etwas stehlen wollen. Doch angesichts dieser Gefahr, so fern sie zunächst auch erschienen war, hatte man vor mehr als dreitausend Jahren, nachdem die letzten Priester den Tempel verlassen hatten, die Al-Arynaar gegründet.
    Rebraal sandte ein kurzes Gebet an Orra, Appos und Shorth, die Götter der Erde, und dankte für die Weitsicht der Vorfahren. Einen Moment lang verdrängte kalte Abscheu
seine Ängste. Diesen Eindringlingen durfte es nicht gestattet werden, die Harmonie zu stören. Aryndeneth, das Heim der Erde, war aus vielen Gründen das Zentrum des Elfenvolks, und die Al-Arynaar, die Hüter der Erde, hatten den Elfen gegenüber eine Pflicht, die den meisten Elfen nicht einmal bewusst war. Sie waren mehr als nur zeremonielle Wächter, so viel war jetzt leider klar geworden. Sie waren die Hüter des ganzen Elfenvolks.
    Als die Sonne am Morgenhimmel emporstieg, begann jedes Blatt zu dampfen, und mit steigender Temperatur nahm auch die Luftfeuchtigkeit zu. Rebraal lächelte in sich hinein. Er war hier geboren und darauf eingestellt, die erdrückende Hitze zu ertragen, die mit jedem Herzschlag zunahm. Er konnte sich mühelos bewegen, sein Atem blieb ruhig, und sein Körper sonderte Schweiß ab, um im Gleichgewicht zu bleiben.
    Am Ende des Weges würde er jedoch wahrscheinlich auf Fremde stoßen, die jetzt schon litten, wie sie an jedem Tag ihrer Reise nach Aryndeneth gelitten hatten. Er verstand, was dieses Klima mit einem Menschen machte, der nicht richtig darauf vorbereitet war. Flüssigkeitsverlust im Körper, Lethargie, Hitzschlag. Die Hitze spielte dem Verstand eigenartige Streiche und machte die Menschen träge und reizbar. Und das war erst der Anfang der Probleme.
    Die Schlangen, die großen Raubkatzen und die Spinnen konnte man wenigstens sehen und bekämpfen. Außerdem gab es jedoch beißende, krabbelnde, grabende Insekten und ihre unsichtbaren Vettern, gegen die man sich kaum wehren konnte. Man konnte sie nur ertragen und die Wunden versorgen. Mit Kräutern und Blüten, wenn man die richtigen Pflanzen kannte, und mit Magie, wenn man es nicht besser wusste. Niemand war immun.
Nicht die Elfen, die hier geboren wurden, und erst recht nicht die Fremden. Rebraal und die anderen Al-Arynaar tranken morgens und abends ein Gebräu aus gepressten Kräutern und Blüten. Es sorgte dafür, dass die Krankheiten nicht zum Ausbruch kamen, tötete die unter die Haut gelegten Eier ab und linderte den Juckreiz. Doch die Angriffe der Insekten waren nicht aufzuhalten. Der Regenwald und alles, was in ihm lebte, waren die Waffen der Al-Arynaar. Rebraal war entschlossen, sie einzusetzen, wenn er konnte.
    Anhand des Temperaturanstiegs schätzte Rebraal, dass er zwei Stunden gelaufen war, ehe er brennendes Holz roch. Er hatte nichts gehört, und der Geruch war nicht stark, nur ein flüchtiger Eindruck im trägen Lufthauch. Dennoch lauschte er jetzt angestrengt. Er hatte keine klare Vorstellung, was ihn erwartete, es wäre jedoch gefährlich anzunehmen, die Besatzung des Lagers müsse ebenso unfähig sein wie die Vorhut.
    Er hörte nichts Ungewöhnliches. Der Regenwald war erwacht. Vögel kreischten, die Äste knackten, wenn Affen und Eidechsen in den Baumwipfeln wanderten, im Unterholz wimmelte es von Nagetieren, Spinnen, Insekten und Reptilien. Es summte und surrte in der Luft. Alles war, wie es sein sollte, abgesehen vom Brandgeruch, den der Wind herantrug. Er lief weiter, bewegte sich fast lautlos auf dem Weg, und lauschte angestrengt, um die Geräusche aufzufangen, die er früher oder später hören musste.
    Es sollte noch einmal zwei Stunden dauern, bis er sie endlich wahrnehmen konnte. Stimmen drangen durch die dichten Pflanzen, das Knacken eines

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