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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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widerstrebend übergab Ben den Daumen. Yron betrachtete ihn genau. Das Stück war schön und detailliert gearbeitet und so lang wie seine Hand.
    »Nun folgt eine Lektion, die ich Euch wirklich gern erteile«, sagte Yron breit lächelnd.
    »Welche denn, Hauptmann?« Ben hatte den Eindruck, die Frage werde erwartet, auch wenn er keine Lust hatte, sie zu stellen.
    Yron beugte sich ein wenig zu ihm. »Das ist etwas, das Ihr zweifellos in der Zukunft noch üben könnt, wenn Ihr ein eigenes Kommando führt. Man nennt es seinen Rang ausnutzen .« Er kicherte und steckte sich das Stück in die Tasche, dann breitete er die Arme aus. »So, das war es schon. Ist das nicht einfach? Und jetzt zieht Euch an, ich will Euch etwas zeigen.«
    Ben nickte. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er schon trocken war. Er runzelte die Stirn und hielt einen Moment inne. Es war im Tempel eindeutig wärmer als am vergangenen Nachmittag. Seltsam. Er zuckte mit den Achseln und zog die Hosen an.
     
    Er war der Anführer der Einsatztruppe und wusste, dass es folglich an ihm hängen blieb. Sytkan unternahm den längsten Spaziergang seines Lebens und wanderte den
sanften Hang von Herendeneth bis zum Monument hinauf. Er ging allein, um seine friedlichen Absichten zu demonstrieren, und sein einziger Trost war, dass sie wirklich glaubten, er sei gekommen, um zu helfen.
    Sie beobachteten ihn, als er an den Gräbern der Ahnen vorbeikam. Ihre Köpfe bewegten sich nicht, ihre Augen blinzelten nicht. Sytkan war sich sehr bewusst, wie winzig er war und wie leicht es einem dieser unglaublichen Geschöpfe gefallen wäre, ihn auszulöschen.
    Er hatte keine wirkliche Vorstellung von ihrer Größe gehabt, er hatte nicht gewusst, wie sehr sie jeden Ort dominierten, an dem sie sich aufhielten. Erst als er näher kam, wurde es ihm klar, und dort lagen sie nun wie zwei riesige goldene Skulpturen. Jeder war von der Nase bis zum Schwanz mehr als hundert Fuß lang, ihre liegenden Körper waren höher als ein Haus, und die ungeheuren Flügel waren über den glitzernden Schuppen an der Seite zusammengefaltet.
    Als Sytkan bis auf dreißig Fuß heran war, wurde er nervös, und seine Schritte wurden zögernd. Er hatte schon ihren scharfen Geruch nach Holz und Öl in der Nase. Köpfe, die so hoch waren wie er, wurden auf langen, anmutigen Hälsen zu ihm herumgedreht und zeigten ihm erneut, wie unbedeutend er war. Er konnte nichts weiter tun als stehen bleiben.
    »Äh …«, begann er. Die sorgfältig geplante Ansprache war vergessen. Er starrte die oberen Reißzähne des größeren Drachen an, als dieser das Maul öffnete. Bei den brennenden Göttern, diese Zähne.
    »Ich bin Sha-Kaan, der Große Kaan meiner Brut. Hier bei mir ruht Nos-Kaan. Mein Drachenmann und Freund Hirad Coldheart unterrichtete mich, dass du Sytkan bist, ein Magier aus Xetesk. Du bist mit deinen Leuten gekommen,
um für uns einen Weg aus dieser unschönen Dimension in unsere Heimat zu suchen.«
    »Ich … ja«, sagte Sytkan. »Ich … also, teilweise, wenigstens. Und deshalb müsste ich … müssten wir euch vielleicht einige Fragen stellen. Ist es … äh … wäre das akzeptabel?«
    Der große Drache lachte. Der Atemstoß warf Sytkan von den Beinen; die Luft donnerte um seine Ohren, erschütterte den Boden und die Atmosphäre.
    »Das wird erwartet«, sagte Sha-Kaan. »Wie sonst könntet ihr verstehen, wo man Beshara findet?«
    Sytkan stand langsam wieder auf und klopfte sich den Staub ab. »Beshara?«, fragte er.
    »Unsere Heimat«, erklärte Sha-Kaan.
    »Entschuldigung, natürlich«, sagte Sytkan. Er hatte den Namen noch nie gehört. Er erwiderte Sha-Kaans Blick, er blickte tief in die unergründlichen Augen, erkannte die Macht, die in ihnen lag, und verlor die Fassung. »Nun, äh, ich bin hergekommen, um mich vorzustellen. Ich bin der Anführer der Xeteskianer, und ich kann euch versichern, dass wir gute Absichten haben und auf die bestmögliche Art mit euch zusammenarbeiten wollen. Ich möchte fragen, ob es einen besseren oder schlechteren Augenblick gibt – wenn du verstehst, was ich meine –, um mit euch zu reden?«
    Sytkan schnappte nach Luft. Sha-Kaan betrachtete ihn lange, die riesige schlitzförmige Pupille verengte sich eine Spur. Er blinzelte langsam und öffnete seinen Mund. Der Magier kämpfte gegen den Impuls an, sich einfach umzudrehen und wegzulaufen.
    »Sehr zuvorkommend«, sagte Sha-Kaan ohne jede Spur von Wärme. »Frage uns, was du willst und wann du willst, obwohl ich der

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