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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Stimme hatte, war in vollem Gange, als Ben-Foran beschloss, sich im Becken im Tempel zu waschen. Yrons recht unbeholfene Arbeit an der Hand der Statue hatte zwar die Schönheit des Standbildes zerstört, aber den gewünschten Effekt gezeitigt. Der erheblich verstärkte Zustrom von Wasser ins Becken hatte den Schmutz von vier Dutzend schwitzenden, verdreckten Männern rasch fortgespült, und jetzt, im Zwielicht der Morgendämmerung, war es wieder kristallklar.
    Yron achtete sehr darauf, dass seine Männer nicht faul wurden. Abgesehen von den Kranken und den Magiern, die sich um die Kranken kümmerten oder Schriftrollen und Pergamente in einem Raum auswerteten, der sich beim ersten Morgengrauen geöffnet hatte, waren alle anderen draußen. Genauer gesagt, alle außer Ben, der im Tempel Dienst als Aufseher hatte. Während er schwamm, waren Yron und alle anderen, die einigermaßen in Form waren, in kleinen Gruppen unterwegs, erkundeten die
Rückseite des Tempels und die Umgebung, sammelten Feuerholz oder bereiteten das Frühstück vor und machten eine Bestandsaufnahme des Lagers.
    Trotz der schwierigen Situation im Regenwald, obwohl sie so viele Männer verloren hatten, mit denen er gereist war, und trotz des unangenehmen Gefühls, dass dies im Grunde doch nichts weiter als ein Raubüberfall war, musste Ben-Foran sich eingestehen, dass er es genoss. Teilweise einfach deshalb, weil er mit kaum einem Kratzer überlebt hatte und sich nicht das Fieber zugezogen hatte, dem so viele zum Opfer gefallen waren. Vor allem aber, weil er bei Hauptmann Yron war, einem echten Anführer, der von seinen Untergebenen sehr geschätzt wurde. Die Männer achteten ihn, weil er seine Leute unabhängig vom Rang als Gleichgestellte behandelte, was angesichts der Tatsache, dass er ihr Vorgesetzter war, einen recht schwierigen Balanceakt darstellte. Und er war ein großartiger Lehrer, der immer wieder mit Überraschungen aufwarten konnte und sich Dinge einfallen ließ, auf die niemand außer ihm gekommen wäre. Sein unorthodoxes Vorgehen machte ihn bei seinen eigenen Vorgesetzten nicht gerade beliebt und war zweifellos auch der Grund dafür, dass er an Einsatzorten wie dem calaianischen Regenwald jede Menge Erfahrung sammeln konnte. Für seine Männer waren solche Einsätze Erlebnisse, über die sie ihr Leben lang reden konnten. Falls sie überlebten.
    Ben-Foran hatte Angst, in Flüssen oder überhaupt in offenen Gewässern zu schwimmen, in denen irgendwelche Geschöpfe lauern konnten, doch dieses Becken war die reinste Erholung. Aus einer Laune heraus tauchte er und schwamm nach unten, bis er langsam über die Hand der Statue hinwegschwebte, die am Boden des Beckens
lag. Den Lärm des Regenwaldes konnte er unter Wasser kaum noch hören.
    Er sah, dass ein Teil des Daumens abgebrochen war, als die Hand auf den Boden des Beckens geprallt war. Das Stück steckte unter den anderen Marmorbrocken. Er stemmte sich an die Wand des Beckens und stieß die Hand zur Seite, bis der Daumen zugänglich war. Er hielt das Stück hoch wie eine Trophäe und kehrte zur Oberfläche zurück.
    »Guten Morgen, Ben.« Die Stimme des Hauptmanns hallte durch den Tempel.
    »Guten Morgen, Sir«, erwiderte Ben. Er drehte sich im Wasser herum und sah Yron als Silhouette in der Tür stehen. Die Leinwandtür war an der Seite festgebunden.
    »Schön, dass Ihr Euch während der Wache sinnvoll zu beschäftigen wisst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in den nächsten Tagen irgendetwas dringender brauchen als einen erfahrenen Taucher.«
    Ben-Foran errötete und schwamm eilig zum Rand des Beckens, um sich hinaufzuziehen und sich tropfend auf den Rand zu setzen. Auf einmal schlug sein Herz sehr schnell.
    »Entschuldigung, Sir.«
    Zu seiner Überraschung und Erleichterung lachte Yron. »Keine Sorge, Bursche.« Der Hauptmann klopfte ihm auf die Schulter, und das feuchte Schmatzen hallte laut durch den Tempel. »Genau das hätte ich auch gemacht.«
    Ben stand auf und legte seinen Lendenschurz an. Den Daumen hielt er mit einer Hand fest.
    »Ich sehe aber, dass Eure Erkundung nicht ganz vergebens war.« Yron deutete auf die Beute.

    »Nein, Sir. Ich sah, dass ein Stück vom Daumen abgebrochen war, und ich dachte …«
    »Ihr dachtet, Ihr könntet Euch ein Andenken mitnehmen.«
    »Ja, Sir.«
    Yron schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. Er schnippte mit den Fingern und streckte die Hand aus. »Nun, mit einer kleinen Änderung war es gar kein so schlechter Plan.«
    Ein wenig

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