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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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dem Auge zu verlieren.
    Einmal sah Avesh sie noch, auf und ab hüpfend wie ein Korken im stürmischen Meer. Sie war hilflos und konnte
sich nicht dagegen wehren, dass sie einfach mitgerissen wurde.
    »Mami!«
    »Schon gut, Atyo«, sagte Avesh. Er hatte den Kopf gesenkt und rannte wieder, obwohl er nur noch unter Schmerzen atmen konnte. »Wir werden sie schon finden. Wir sehen sie bald wieder.«
    Direkt vor ihnen strauchelte ein Mann und stürzte. Avesh reagierte schnell und sprang über den Liegenden hinweg. Sein linker Fuß kam im Schlamm schief auf und rutschte weg. Er verlor das Gleichgewicht, fiel nach rechts und hielt im Fallen seinen Sohn fest.
    Es klang so, als wären die Pferde wieder in unmittelbarer Nähe. Er rollte sich herum, die Leute sprangen, von den rufenden Soldaten gehetzt, fluchend über ihn hinweg. In das Trampeln ihrer Füße mischte sich das Pochen der Pferdehufe, die den Boden beben ließen.
    Avesh kam mühsam auf die Beine und kehrte den fliehenden Menschen, die ihn wieder umzustoßen drohten, den Rücken. Sein schmutziger, verängstigter Sohn kreischte panisch und hielt sich verzweifelt an der Kleidung des Vaters fest.
    »Es wird alles wieder gut«, sagte Avesh. »Wir werden …«
    Er stand an einer Stelle, wo sich plötzlich so viele Pferde drängten, dass er nicht mehr ausweichen konnte. Er drehte sich nach links und rechts und sah nichts als schwarze und braune Flanken und Hinterteile der Pferde, Beinschienen und die Stiefel der Reiter. Er bekam einen heftigen Stoß ab, als hinter ihm ein Hengst hochstieg und der Reiter ihn anbrüllte, sich in Bewegung zu setzen, doch er konnte nichts weiter tun, als sich flach auf den Rücken fallen zu lassen.

    Er blieb still liegen, als dicht neben seinem Kopf und seinem Körper Hufe aufsetzten und vorbeiflogen, während die klagenden Flüchtlinge aus Xetesk vertrieben wurden. Dann wurde es in seiner Umgebung relativ still. Er keuchte schwer.
    »Jetzt wird alles wieder gut, mein Junge, es wird alles wieder gut.« Er streichelte Atyos Kopf. Seine Hand war feucht. Blut. Er erstarrte.
    »Atyo?« Der Junge hing schlaff in seinen Armen. »Atyo?«
    Hektisch richtete er sich auf, bis er den Jungen vor sich auf dem Schoß hatte. Atyos Kopf kippte zur Seite, Blut strömte über sein Gesicht. Direkt unter dem Haaransatz hatte sein Kopf eine Delle, wo ihn ein Huf getroffen hatte. Der Kleine hatte keine Chance gehabt.
    »Nein.« Er hauchte es nur. »Nein.«
    Avesh stand auf und drückte das tote Kind an sich. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, nachdem sie so lange in der grimmigen Kälte ausgeharrt hatten, nachdem sie Essensreste vom Boden aufgeklaubt und tagelang überhaupt nichts bekommen hatten. Der Junge hatte all das überlebt, und jetzt war er von denen ermordet worden, die er um Hilfe gebeten hatte.
    Tränen strömten über sein Gesicht und verschmierten den Schmutz. Avesh kämpfte die Übelkeit nieder, die ihn überkam, die Schwärze vor den Augen und die nahende Ohnmacht.
    Sein Junge. Tot.
    Allmählich klärte sich sein Blick wieder, und er betrachtete die Überreste des Lagers, wo hier und dort noch einige Nachzügler umherliefen, die von den Soldaten übersehen worden waren. Dutzende, vielleicht sogar hunderte lagen am Boden, wie sie gefallen waren, ihre
Kleidung wurde vom Wind aufgebauscht. Einige bewegten sich noch, die meisten nicht. Er sah auch die maskierten Abscheulichkeiten, die Protektoren, die unermüdlich marschierten und die Kavallerie unterstützten.
    Er blickte nach unten und sah eine zerlumpte Decke. Er legte Atyo darauf und wickelte sie um den Leichnam des Jungen. Wenigstens fror er jetzt nicht mehr. Nach einem letzten Blick auf das zerstörte Gesicht küsste er Atyo auf die Stirn und hüllte ihn ein. Dann stand er auf.
    Vor ihm erhoben sich die abweisenden Mauern von Xetesk. Die Verantwortlichen sollten ihrer gerechten Strafe nicht entgehen, doch er würde nicht sein Leben wegwerfen im vergeblichen Versuch, sich zu rächen. Damit würde er Atyos Tod nicht ungeschehen machen.
    Zitternd drehte Avesh sich um und ging nach Norden zur Furt durch den Fluss Dord. Dort wollte er seine Frau suchen und mit ihr zusammen ihren Sohn begraben.
    Dann wollte er zurückkommen. Und er würde nicht allein sein.

Zwölftes Kapitel
    Als sie das Seil erreichten, das in Höhe der Baumkronen den mächtigen braunen Fluss Ix überquerte, war Rebraal nicht mehr sicher, wer nun eigentlich wen zu retten versuchte.
    Auf eine Nacht, in der sie aus reiner

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