Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
blitzschnell in Aebs Schläfe. Endlich blieb der Protektor still liegen.
Es wurde ruhig in der Garnison.
Hirad setzte sich zwischen die Leichen und legte erschöpft die Hände auf die Knie. Er spürte das Blut durch seine Haare rinnen, und von einer weiteren Wunde tropfte das Blut auf den Boden. Es war ihm egal.
Der Unbekannte ließ den Dolch auf Aebs Leichnam fallen, richtete sich auf, nahm sein Schwert und ging zu den Unterkünften hinüber.
Hirad beobachtete ihn und hörte ein leises Schluchzen. Denser hatte Ren, die krampfartig weinte und die Schultern hängen ließ, in die Arme genommen. Erienne ging zu ihnen und kniete nieder. In der Nähe stand Darrick, vor dessen Füßen ein toter Xeteskianer lag. Hirad hatte nicht einmal bemerkt, dass die Gegner so weit durchgebrochen waren. Er dankte den Göttern, dass der General aufgepasst
hatte, sonst hätte der Rabe an einem einzigen Tag alle Magier verloren.
Seufzend schaute Hirad auf. Thraun bot ihm eine Hand, Hirad schlug ein und ließ sich hochziehen. Müde schleifte sein Schwert über den Boden, als er dem Unbekannten folgte, der langsam zu Ilkar ging.
»Ein schwarzer Tag für den Raben«, sagte Hirad.
»Aber wir haben den Daumen«, sagte Thraun. Er deutete zur Unterkunft. Auum kam gerade wieder heraus und hielt dankbar das Bruchstück hoch. Duele und Evunn folgten ihm und stießen einen Mann vor sich her.
Yron.
Hirad wollte sofort loslaufen, da er ein neues Ziel für seinen Hass gefunden hatte. Der Unbekannte trat ihm in den Weg.
»Lass sie«, sagte er bekümmert. Seiner Stimme fehlte die gewohnte Kraft.
»Er hat Ilkar getötet«, wandte Hirad ein.
Thraun stieß ein tiefes Grollen aus.
»Ja«, stimmte der Unbekannte zu. »Aber mit ihm wird sich Auum beschäftigen. Er kann Yron die Gerechtigkeit der Elfen zuteil werden lassen.«
Dennoch gingen die drei Rabenkrieger hinüber. Yron sah sie an, seine Augen hatten Mühe, sich an die Helligkeit zu gewöhnen.
»Tut mir Leid, dass die TaiGethen nicht an Eurer Seite gekämpft haben«, sagte er. »Aber was sie finden wollten, war wichtiger.«
Der Unbekannte nickte. »Warum habt Ihr es getan?«
»Ich wusste es nicht«, erwiderte Yron. »Wäre mir klar gewesen, dass … dass es wegen dieses Andenkens so viele Tote gibt, dann hätten ich es nie mitgenommen.«
»Ilkar ist Euretwegen gestorben«, sagte Hirad. »Ilkar.«
Yron seufzte. »Nichts, was ich sagen kann, wird Euch helfen. Aber glaubt mir, ich wusste nicht, dass dies geschehen würde. Deshalb wollte ich den Daumen zurückbringen.«
»Dafür sollt Ihr sterben.«
»Ich werde sterben, Hirad. Deshalb bin ich hier draußen.«
Die Elfen versammelten sich, um zu beten. Das Krallenjägerpaar tappte aus der Baracke, Auum öffnete die Augen und winkte dem Raben, Yron allein zu lassen. Der Xeteskianer entschuldigte sich ein letztes Mal und kniete nieder. Auum drückte ihn zu Boden.
Der TaiGethen sprach einige Worte, trat zur Seite und neigte den Kopf. Dann trabte der Panter zu Yron, setzte ihm die Pfote auf die Schulter und biss ihn in den Hals. Die Knochen brachen, er war sofort tot.
»Auch wir müssen unsere Rituale abhalten«, sagte der Unbekannte.
Er, Hirad und Thraun gesellten sich zu Rebraal, der bei Ilkars Leichnam kniete.
Vom Magier war nicht viel übrig. Seine Kleidung war verbrannt, sein Körper verkrümmt und verkohlt. Doch als Rebraal ihn herumdrehte, konnte man noch sein Gesicht erkennen, das erhalten geblieben war, weil er mit dem Gesicht nach unten im feuchten Erdreich unter dem Wehrgang gelandet war. Es schien friedlich – seine ovalen Augen waren geschlossen, die Wangen noch ein wenig gerötet. Nur die Lippen waren unnatürlich blass.
»Oh, Ilkar«, sagte Hirad. Er streichelte sein Gesicht. »Du hast uns gerettet, was? Ich wünschte nur, er hätte es noch erleben können. Was soll ich nur ohne dich machen?«
Hirad versuchte, sich Ilkar lebendig vorzustellen, und
ein erschreckend klares Bild des Elfenmagiers, der lächelnd mit ihm redete, entstand in seinem Kopf. Erschrocken atmete er tief durch.
»Wir müssen uns auf die Totenwache vorbereiten«, sagte er. »Es muss hier doch irgendwo eine Schaufel geben. Wir begraben ihn irgendwo draußen in der Natur. Ich will ihn nicht an einem Ort lassen, an dem Selik sich aufgehalten hat.« Wieder sah er seinen toten Freund an. »Mach’s gut, Ilks. Oh, nein!«
Er musste weinen, er konnte nicht anders. Er schüttelte den Kopf, als die Tränen kamen, entfernte sich etwas, wich weiter zurück,
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