Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
kommen, und ein zweiter, mit dem der Panter Erys an die Kehle gehen wollte. Beinahe hätte der Magier die Konzentration verloren. Beinahe. Lange und spitze Reißzähne in einem offenen Maul, Augen, die ihn anstarrten.
Erys sammelte sich und wirkte den Spruch im letzten Moment vor dem Zusammenprall, als das große Maul seine Hände fast schon erreicht hatte. Feuer schlug in den Schlund des Panters, verbrannte die Nase und die Augen. Der Panter heulte vor Schmerzen, überschlug sich, nachdem er mit Erys zusammengeprallt war, und raste, dem Tode nahe, blind zum Fluss. Seine Beine gaben nach, und alle Anmut war verschwunden, als er gegen die Bäume und Büsche prallte.
Ein unmenschlicher Schrei ertönte im Urwald, kündete von tiefen Qualen und weckte in Erys eine Angst, wie er sie noch nie empfunden hatte. Der Schrei hallte lange in seinen Ohren nach, unvergesslich.
Unten am Fluss wand sich der Panter brüllend und versuchte, die magischen Flammen zu ersticken, während sein Herr aus dem Wald taumelte. Der Elf hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, er sah nichts und schrie vor Qual, die Beine konnten seinen Körper nicht mehr halten. Er stolperte, stürzte und ruderte mit den Armen, als wolle er das magische Feuer löschen.
»Bei den Göttern.«
Erys richtete sich mühsam auf. Er spürte einen erdrückenden Schmerz in der Brust, betrachtete den sich windenden, kreischenden Elf und überlegte, ob er helfen konnte, doch Yron war schneller und schlug dem Elf die Axt in die Brust. Das Kreischen hörte ebenso auf wie der Todeskampf am Wasser. Erys fuhr zurück, starrte erst Yron und dann den toten Elf an.
»Glaubt mir«, sagte Yron, »Ihr hättet ihm nicht begegnen wollen, wenn er wieder zu sich gekommen wäre. Jetzt sagt mir, ob Ihr noch genug Kraft habt, um Ben zu helfen. Er liegt im Sterben.«
»Ich will sehen, was ich tun kann.« Erys ging zur Uferböschung und betrachtete den toten Panter, der bereits den Piranhas als Nahrung diente. Er war erschüttert, betastete seine Brust und atmete unter Schmerzen ein. »Ich fürchte, die Katze hat mir die meisten Rippen gebrochen.«
Ilkar hatte mit Rebraal wieder den Tempel betreten. Der Wunsch zu töten war verschwunden, doch der Zorn war geblieben. Schulter an Schulter standen sie knapp hinter der Tür, die von den Al-Arynaar in aller Eile repariert und wieder eingehängt worden war. Sechs von ihnen lagen im Innern, der Elfenfluch brachte sie um. Rebraal konnte keinen Blick von der Statue wenden, und Ilkar ließ seinerseits Rebraal nicht aus den Augen.
»Ich verstehe deinen Zorn«, sagte er.
»Nein, du verstehst ihn nicht.« Rebraal schwieg einen Moment, doch Ilkar wusste, dass noch mehr kommen würde. »Ich hätte es mir niemals träumen lassen. Wir haben so hart gekämpft, Ilkar. Du hättest die Magie und die Pfeile fliegen sehen sollen. Doch sie waren so viele. Meru hat mich gerettet, obwohl er starb. Da dachte ich noch, wir hätten Zeit, uns neu zu formieren und die anderen zu töten. Warum mussten sie das tun? Warum ausgerechnet dies?« Er deutete zur verschandelten Statue. »Yniss möge mich retten, aber ich habe die Elfen im Stich gelassen.«
»Rebraal, du hast mit neun Gefährten hundertdreißig Gegner angegriffen. Hundert von ihnen sind gefallen«, wandte Ilkar ein.
»Also habe ich versagt, und das hier ist die Folge.«
Ilkar wollte widersprechen, sah aber ein, dass es sinnlos war, und hielt den Mund. Nicht Rebraal hatte versagt, sondern die Al-Arynaar als Organisation. Sie und sogar die TaiGethen waren nachlässig geworden. Es war eine Tragödie, dass so viele Elfen für den Fehler bezahlen mussten, ohne jemals den Grund zu erfahren.
»Dann lass es uns in Ordnung bringen«, sagte Ilkar. »Jetzt gleich.«
»Wer hat das getan?« Rebraal schüttelte den Kopf. »Wer war das?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Ilkar.
Er wollte es herausfinden. Unbedingt. Denn wenn er es nicht herausfand, musste ganz Balaia dafür büßen.
»Deine Leute waren es«, fauchte Rebraal.
Ilkar sah ihn fassungslos an. »Nein, Rebraal, das stimmt nicht. Meine Leute, das ist der Rabe, und wir helfen euch, diejenigen zu fangen, die dies getan haben.«
»Ihr, der unbeholfene Rabe. Überlasst es den TaiGethen.«
»Was?«
»Sie werden den Wald säubern, und dann werden wir alle Rache üben.«
»Bei den Göttern, nein. Sie werden den Wald nicht säubern, Rebraal, denn das waren keine Schatzjäger. Ihr wurdet von einer sehr gut organisierten kleinen Armee angegriffen, die
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