Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
Verbrecher und ihre Herren. Bevor die TaiGethen dahin sind und unser Volk keinen Schutz mehr hat.«
»Komm mit in den Wald«, sagte Auum.
»Alles, was ich spüren muss, spüre ich auch hier«, erwiderte Nokhe. Auf einmal zischte es, wenn er atmete, sein Gesicht bekam tiefe Falten, er wurde blass und sah sehr
krank aus. »Ich kann nicht mehr aufstehen. Mein Magen ist zerstört, und die Schmerzen sind zu groß. Ich bin froh, dass du derjenige bist, den ich in meinen letzten klaren Momenten sehe. Du und auch Marack.«
Auum drehte sich zu ihr um. »Wo ist Hohan? Sammelt er Kräuter gegen die Schmerzen?«
Marack schüttelte den Kopf und schaute, wenn überhaupt möglich, noch trauriger drein. »Er ist fort«, flüsterte sie. »Der Fluch hat ihn gestern getroffen. Er will sich selbst dem Wald geben, solange er noch die Kraft dazu hat.«
Auum wiegte sich wie vor den Kopf geschlagen auf den Hacken hin und her. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass auch die TaiGethen sterben mussten. Niemand war sicher, nicht einmal Yniss’ treueste Diener.
»Und du, mein Bruder?«, fragte Auum.
»Ich wollte nicht allein sterben wie Hohan«, erklärte Nokhe. »Wenn die Schmerzen vorbei sind, werde ich ein letztes Mal mit Marack in den Wald gehen. Ich hoffe, es wird bald geschehen.« Er hatte sein Schicksal akzeptiert, konnte aber die Angst nicht völlig überwinden.
»Auch ich werde an deiner Seite sein.«
»Nein, Auum. Nur Marack darf mich sterben sehen. Du musst mich in Erinnerung behalten, wie ich im Leben war.«
Auum nickte und beugte sich vor. Er nahm Nokhes Kopf in beide Hände und küsste ihn auf die Stirn, auf die Wangen und schließlich behutsam auf die Lippen. »Möge Tual dich im Paradies zu ihrem Favoriten erwählen.«
Dann richtete er sich auf und wandte sich an Marack. »Kraft sollst du haben«, wünschte er ihr. »Wenn du allein gelaufen bist und die Kontemplation vorüber ist, komme zu uns. Ich fürchte, viele Tai werden Gefährten verlieren.«
Auum winkte seinen Tai. Duele und Evunn erwiesen Nokhe ihren Respekt und riefen Shorth an, er möge den Übergang ins Herz von Yniss beschleunigen. Bevor sie weiterliefen, versammelte Auum sie um sich.
»Falls der Fluch euch treffen sollte, werde ich nicht zögern, euch in die Umarmung des Waldes zu geleiten. Ihr müsst das Gleiche für mich tun. Und jetzt kommt, wir haben noch viel zu tun.«
Obwohl Yron und Erys Ben-Foran auf beiden Seiten stützten, kamen sie kaum schneller oder leichter voran. Sie hatten sich vorübergehend vom Ufer des Shorth entfernt, um nicht von der anderen Seite aus gesehen zu werden, stießen aber tiefer im Wald auf schwierigeres Gelände. Überall hingen Lianen und riesige Spinnennetze, und die Bäume standen so dicht, dass sie immer wieder umkehren und einen neuen Weg suchen mussten.
Bei jedem Schritt fürchtete Yron, einen Jaqrui zu hören, dieses tödliche Schwirren, das sich unaufhaltsam seinem Rücken und seinem Kopf näherte. Mit Erys’ Ankunft war ihr Glück vermutlich erschöpft, denn es kam dem erhofften Wunder so nahe, wie man es sich nur wünschen konnte. Der Tod des Krallenjägerpaars würde, sobald er entdeckt wurde, ihre Verfolger nur noch mehr anspornen. Sie waren immer noch zwei Tagesmärsche von der Flussmündung entfernt, wo hoffentlich die Reserve und das Schiff auf sie warteten, mit dem sie nach Balaia zurückkehren konnten.
Er war immer noch nicht sicher, ob sie es schaffen konnten, er wollte sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Das konnte man sich nicht erlauben, wenn die TaiGethen hinter einem her waren. Zwischen ihm und Erys hing jedoch ein Mann, dessen Schreie die Jäger anlocken würden.
Ben-Forans Beine waren vereitert. Die Verbände waren größtenteils abgerissen, die schrecklichen Wunden lagen offen, und Scharen erbarmungsloser Insekten und Würmer gruben sich hinein.
Unglaublich, dass der Junge überhaupt noch lebte. Erys war der gleichen Ansicht gewesen und hatte seine letzten Mana-Reserven eingesetzt, um die Schmerzen zu betäuben und die Infektion zu bekämpfen. Die Verletzungen waren jedoch viel zu schwer, und der Magier war bereits erschöpft. Yron war schon dankbar, dass Erys überhaupt noch die Kraft hatte, Ben auf einer Seite zu stützen.
Bis in den Nachmittag liefen sie und hielten kaum einmal an, um Atem zu holen. Ben-Foran verlor mehrmals das Bewusstsein, doch sobald er wieder zu sich kam, stellte er Fragen und sprach mit ihnen. Inzwischen waren sie sehr durstig, und Yron hatte Wasser und
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