Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
Unbekannte. »Das ist Aebs Sache, und er wird um Hilfe bitten, falls er sie braucht. Mehr musst du nicht wissen.«
»Wie du meinst.« Hirad langweilte sich bereits, obwohl sie noch nicht lange unterwegs waren. »He, Thraun, ist mit dir alles in Ordnung?«
Seit sie auf den Baum gestiegen waren, um den Ix zu überqueren, hatte der Gestaltwandler kein Wort mehr gesagt. Hirad hatte ihn von Zeit zu Zeit beobachtet und bezweifelte nicht, dass Thraun den Regenwald liebte. Er lauschte genau auf die Geräusche und freute sich über die Geschöpfe, denen sie begegneten. Er als Einziger war von der Kommunikation der Krallenjäger nicht überrascht gewesen, und Hirad vermutete sogar, dass er sie verstand.
Allerdings konnte niemand ergründen, was in seinem Kopf vor sich ging. Darrick, der ihn im Schwertkampf unterwies, hatte so gut wie nichts aus ihm herausbekommen, und auch der Unbekannte, dem Thraun oft enger folgte als ein Protektor, konnte ihn nicht zum Sprechen überreden. Trotz seines Schweigens waren seine Kampfinstinkte vorhanden, und Hirad hatte absolutes Vertrauen, dass er sich richtig verhielt. Ganz im Gegensatz zu Ren.
Thraun erwiderte seinen Blick und zuckte mit den Achseln. Sein Körper war fast völlig frei von Stichen. Entweder hatte der Trank, den Rebraal für sie gebraut hatte, bei ihm besonders gut gewirkt, oder seine Haut hatte sich einen Teil ihrer wölfischen Widerstandskraft bewahrt. Da Thraun offenbar nichts sagen wollte, wandte Hirad sich grinsend an Ilkar.
»He, Ilks, geht es deiner Freundin gut?«
Ren, die im Bug saß, zuckte zusammen und starrte angestrengt nach vorn. Ilkar ließ sich nicht auf das Geplänkel ein.
»Hör auf damit, Hirad«, warnte er ihn. Seine Ohren zuckten und liefen vor Zorn rot an.
»Ich wollte mich doch nur erkundigen, ob zwischen euch beiden alles in Ordnung ist. Ich mag es nicht, wenn es böses Blut gibt.«
»Alles ist in Ordnung, solange du deine Nase nicht hineinsteckst«,
sagte Ilkar. »Lass es einfach auf sich beruhen.«
»Bist du sicher, dass ich nichts tun kann, um zu helfen?«
»Du meinst, abgesehen davon, über Bord zu springen?«
»Tut mir Leid, dass ich überhaupt was gesagt habe«, meinte Hirad.
»Das tut uns allen Leid«, warf Erienne ein. »Hirad, du bist manchmal der reinste Sargnagel. Ich bekomme Kopfschmerzen davon.«
»Was ist los, Erienne?«, fragte der Unbekannte.
»Ist schon gut, danke.«
Der Unbekannte packte Hirad am Wams und zog ihn zu sich heran, bis er dem Barbaren ins Ohr flüstern konnte.
»Wir mögen deine Sticheleien, Hirad«, sagte er. »Aber manchmal ist Schweigen besser als dein unablässiges Geplapper. Jetzt ist ein solcher Augenblick.«
Hirad befreite sich unwirsch, richtete sich auf und drehte sich zum Unbekannten um, der ihn ernst ansah. »Hoffentlich erreichen wir bald die Flussmündung«, murmelte er.
Es sollte noch zwei Tage dauern, bis Hirads Wunsch erfüllt wurde.
Sechstes Kapitel
Das Delta des Shorth war ein wirres Durcheinander von einem halben Dutzend Kanälen, die vom Hauptstrom abzweigten. Das flache Land bot Raum für ein weitläufiges Sumpfgebiet, an dessen Saum Brackwasser und Schlick vorherrschten. Begrenzt wurde es von Klippen mit atemberaubenden Wasserfällen. Weit vor der Mündung des Flusses, wo das Wasser tief genug war und ruhig und stetig strömte, ankerten die feindlichen Schiffe.
Der Rabe hatte die Boote ein Stück stromaufwärts in einem Versteck gelassen und war am westlichen Ufer des Shorth bis zum Rand des dichten Regenwaldes geführt worden, wo das offene, teils mit Mangroven bestandene Sumpfland begann. Dahinter war gerade noch die Flussmündung zu erkennen.
»Leicht wird das nicht«, meinte Hirad.
Darrick stimmte ihm zu. Er hatte sich eine weite Ebene voller Sand vorgestellt, die gelegentlich von der Flut überschwemmt wurde, in der man eine Schlacht organisieren und durch überlegene Taktik gewinnen konnte. Was er nun sah, war sein schlimmster Albtraum. Hier drohte
ein Nahkampf in unsicherem und möglicherweise tödlichem Gelände. Ein Glück, dass sie keine Pferde dabeihatten, die in dieser Umgebung nur hinderlich gewesen wären.
»Was meinst du, Darrick?«, fragte der Unbekannte.
Wider Willen fühlte er sich durch diese Frage etwas geschmeichelt, doch er war keineswegs darauf erpicht, sie zu beantworten. Da die Al-Arynaar ausgeschwärmt waren, um die möglichen Fluchtrouten der überlebenden Feinde zu überwachen, während die sagenhaften TaiGethen noch nicht aufgetaucht waren, stand
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