Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
wissen, dass dieser Prozess nicht mehr aufgehalten werden kann, wenn er einmal begonnen hat.
Ich will nicht, dass irgendein Prozess beginnt. Ich will nur, dass die Schmerzen verschwinden.
Das ist der Beginn des Prozesses, sagte Myriell.
Na gut. Aber drängt mich nicht in irgendeine Richtung, in die ich nicht gehen will. Glaubt nicht, ihr könntet mich auf irgendeine Weise kontrollieren, denn sonst werde ich gegen euch kämpfen. Unternehmt nichts ohne meine ausdrückliche Zustimmung.
Die beiden Al-Drechar lachten. Erienne, wir kennen dich viel zu gut, um so etwas anzunehmen.
Da gibt es nichts zu lachen, fauchte Erienne.
Nein, im Grunde nicht, räumte Myriell ein. Bist du jetzt bereit? Entspanne dich einfach.
Beginnt, sagte Erienne.
Nach dem ersten sanften Tasten verschwanden ihre Schmerzen, und sie erkannte die in der Einen Magie angelegte Macht, die ihr zur Verfügung stehen würde, sobald sie stark genug war. Eine Kraft war es, die man zum Guten wie zum Bösen einsetzen konnte, viel umfassender als die Magie irgendeines Kollegs. Sie beruhte auf den Energien von Land, Himmel, Mana und Meer, und ihre Bandbreite war unendlich. Wenn Erienne über diese Macht verfügte, konnte sie so viel tun.
Das Schiff war im Schutze der Dunkelheit gekommen, und schon vor Einbruch der Dämmerung waren die Ladearbeiten zum größten Teil abgeschlossen. Sha-Kaan war erwacht, als die Xeteskianer sich darauf vorbereiteten, mit der nächsten Flut auszulaufen. Wutentbrannt flog er auf und schlug heftig mit den müden Schwingen.
Bleib und ruhe dich aus, Nos-Kaan, sendete er, während er zum Haus hinabstieß, aus dem gerade Sytkan, der Anführer der xeteskianischen Magier, herauskam. Ich rufe dich, wenn ich dich brauche.
Der Magier wusste, dass er kam. Die Äste der benachbarten
Bäume bogen sich unter dem Wind der Schwingen, Staub und Sand wurden hochgewirbelt, und seine Flügelschläge übertönten jedes Gespräch auf dem Boden. Man musste es dem Xeteskianer hoch anrechnen, dass er dem Drachen ins Auge sah, nachdem er sich aufgerappelt und den Staub abgeklopft hatte. Andere aus seinem Gefolge blieben nicht ganz so ruhig und flohen hinunter zur Landestelle.
Sha-Kaan setzte sich auf die Hinterbeine, bog den langen Hals nach unten und blickte drohend auf Sytkan hinab. Zehn Protektoren bildeten einen schützenden Ring um den Magier.
»Sollte ich über eure Entscheidung, die Insel zu verlassen, noch unterrichtet werden? Oder hofftet ihr, wir würden schlafen, bis euer Schiff außer Sicht ist?«
»Unsere Arbeit hier ist erledigt, Sha-Kaan. Abgesehen von den Kräften, die zur Verteidigung und zum Schutz der Al-Drechar und ihrer Helfer gebraucht werden, müssen wir alle nach Xetesk zurückkehren, um unsere Forschungsergebnisse zu überprüfen.«
Sha-Kaan beugte den Hals noch weiter hinab, bis sein Maul sich dicht vor Sytkan befand. Über die Schnauze hinweg starrte er den Magier an, der die Augen aufriss. Die Protektoren zogen ihre Waffen.
»Sage ihnen, sie sollen diese Dinger wegstecken. Sie können mir nichts anhaben.«
Sytkan machte eine Geste, und die Klingen wurden gesenkt.
»Was willst du von mir?«, fragte Sytkan, und seine Stimme klang durchaus überheblich und gelangweilt.
»Beendet, was ihr begonnen habt«, sagte Sha-Kaan. »Ihr müsst nirgendwo hingehen, um eure Forschungsergebnisse zu überprüfen. Ich verbiete es euch sogar. Ihr werdet
uns die Freiheit geben, in unsere Dimension zurückzukehren, bevor ich euch die Freiheit gebe, zu euren kleinen Zankereien nach Balaia zurückzukehren.«
»Du bist nicht in der Position, irgendetwas zu verbieten, Großer Kaan«, sagte Sytkan, der sich seiner eigenen Verletzlichkeit offenbar nicht bewusst war. »Wir haben hier das Sagen, und wenn du nach Beshara zurückkehren willst, dann solltest du uns den Zeitplan festlegen lassen. Das bedeutet, dass wir abreisen, um unsere Forschungen in die Praxis umzusetzen, bevor wir uns weniger wichtigen Dingen zuwenden.«
Sha-Kaan hätte ihn beinahe an Ort und Stelle zerquetscht, doch er dachte an Hirads Warnung und hielt sich zurück.
»Du wandelst auf sehr gefährlichem Grund, kleiner Mensch«, sagte er. »Der Zeitplan, wie du es nennst, besagt, dass wir es uns nicht erlauben können, uns deinen Launen zu unterwerfen. Wenn du es dir recht überlegst, wirst du auch einsehen, dass es nichts Wichtigeres geben kann, als deine Arbeit zu vollenden und uns nach Hause zu schicken.«
»Drohe mir nicht, Sha-Kaan«, sagte Sytkan. »Wir haben
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