Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
verteidigen können.«
»Nun, Herysts Zögern kommt uns nach wie vor entgegen, auch wenn Rusaus unglücklicher Tod zu bedauern ist. Die Spione berichten allerdings, dass er inzwischen seine Streitkräfte mobilisiert. Seine Truppen könnten den Ausschlag geben. Wir sollten Gespräche irgendeiner Art in Erwägung ziehen«, sagte Ranyl. Lächelnd trank er einen Schluck Wein.
»Gespräche worüber?«
»Das spielt eigentlich keine Rolle«, erklärte Ranyl, »solange sie nur eine gemeinsame Invasion verhindern können. Man könnte etwa darüber verhandeln, die Forschungsergebnisse
aus Herendeneth mit den anderen Kollegien zu teilen. Vuldaroq wird sich dadurch nicht beirren lassen, aber vielleicht zögert Heryst lange genug, und mehr brauchen wir nicht, damit unsere Leute sicher nach Hause kommen.«
»Es ist wichtig, Zeit zu gewinnen«, stimmte Dystran zu. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihm aus, als er sah, wie klug Ranyls Plan war.
»In der Tat. Wir sollten so bald wie möglich handeln. Vielleicht könntet Ihr Euch persönlich um eine Kommunion mit Heryst bemühen. Lindert seine Qualen, um es mal so auszudrücken.«
»Mein lieber Ranyl, ich werde keinen finden, der Euch ersetzen kann.« Dystran drückte die freie Hand des alten Mannes. »Ihr wolltet mir aber etwas über Calaius erzählen.«
»Ah, Mylord, die Götter tun sich zusammen, um Euren Aufstieg zu fördern«, sagte Ranyl hustend. »Ich habe Kommunion mit unseren Schiffen gehalten. Sie sind auf dem Rückweg von Calaius, und sie haben die Schriften gefunden, die wir benötigen.«
»Seid Ihr sicher?« Dystran war begeistert.
»Es war ein schwieriger Einsatz. Wir haben viele Soldaten verloren, Erys und Yron haben jedoch überlebt. Erys ist völlig sicher, dass sie den Text gefunden haben, den Ihr haben wolltet.«
»Wie schwierig genau?«
»Wir haben fast hundertneunzig Leute verloren«, sagte Ranyl leise.
»Was?« Dystrans Ruf hallte laut durch den Speisesaal und ließ die anderen Angehörigen des Rates der Sieben verstummen. Die nächsten Worte sprach er zornig und flüsternd. »Was, beim Abgrund der Hölle, ist nur passiert? Sind sie in einen Sturm geraten?«
»Elfen«, erklärte Ranyl. »TaiGethen. Al-Arynaar. Sie sind anscheinend erheblich gefährlicher, als man den Überlieferungen entnehmen konnte.«
Dystran seufzte. »Wir hatten doch eigens eine komplizierte Illusion als Schutz eingerichtet. Was ist damit geschehen?«
»Sie hat gewirkt, solange die Magier nicht krank wurden oder zu erschöpft waren«, erklärte Ranyl. »Sie konnten die Illusion nicht mehr aufrechterhalten. Als sie das vorgeschobene Lager erreichten, brach sie zusammen. Yron war überrascht, wie gut der Tempel verteidigt wurde, und wie gut die Elfen kämpften, die sich ihnen entgegenstellten. Wir können von Glück reden, dass überhaupt jemand davongekommen ist.«
Dystran leerte sein Glas und schenkte sich nach. Seine gute Laune war dahin. Erfreulich immerhin, dass sie den Elfentext geborgen hatten, auf den es ihm ankam – den Schlüssel zur Langlebigkeit –, doch das Ausmaß der Katastrophe, die über seine Truppe hereingebrochen war, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.
»Was ist mit den Ältesten der Elfen? Wann können wir mit ihren Forderungen rechnen?«
»Ich habe keine Ahnung«, gestand Ranyl, »aber wir können den Text rasch kopieren. Wir haben genug Zeit. Ich werde eine ausreichend demütige Entschuldigung verfassen.«
»Tut das.« Der Herr vom Berge starrte Ranyl an, dessen Augen vor Müdigkeit und Schmerzen stumpf wurden. Den alten Mann traf der Verlust so vieler Xeteskianer persönlich. »Es tut mir Leid. Ihr habt sicher Freunde verloren.«
Ranyl zuckte mit den Achseln. »Das ist nicht der entscheidende Punkt. Es gibt noch etwas, das Ihr wissen solltet.«
»Doch nicht, dass jemand die Schriften ins Meer geworfen hat?«
»Der Rabe war dort und hat auf Seiten der Elfen gekämpft.«
Dystran wollte diese letzte Information schon mit einer ungeduldigen Handbewegung abtun, doch dann hielt er inne. Es lief ihm kalt den Rücken hinunter, und er hätte beinahe noch einmal einen Schrei ausgestoßen.
»Was, zur Hölle, hatten die da zu suchen? Warum waren sie dort?« Er verlor die Fassung, und das war ihm auch bewusst, doch die Gegenwart des Raben warf viele Fragen auf. »Woher wussten sie, was wir dort wollten? Warum, bei allen brennenden Göttern, hat man mir nicht gemeldet, dass sie Herendeneth verlassen haben?«
Ranyl wartete, bis Dystran sich
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