Die Legenden des Raben 02 - Elfenjagd
wieder beruhigt hatte.
»Sie können unmöglich von unseren Absichten auf Calaius gewusst haben. Ich denke, es war ein Zufall, wenngleich ein äußerst unglücklicher.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Bitte, Mylord. Ja, es ist ein Unglück, doch ich denke, wir sollten zunächst vor allem in Erfahrung bringen, warum sie überhaupt dort im Regenwald aufgetaucht sind. Gewiss führen sie irgendetwas im Schilde. Und was die Frage angeht, warum Ihr nicht über ihren Aufbruch von Herendeneth unterrichtet wurdet – der Grund ist, dass diese Frage den Protektoren nicht gestellt wurde.«
Jetzt lächelte Dystran wieder. »Nun ja, das können wir leicht in Ordnung bringen. Denser ist nach wie vor Aebs Gebieter, nicht wahr?«
»Ja, Mylord.«
»Dann findet heraus, was der Rabe dort getan hat. Findet heraus, wie viel sie wissen. Aeb kann sich nicht weigern, direkte Fragen zu beantworten.«
»Sollten wir den Akt des Gebietens nicht widerrufen?«
»Was? Und damit einen Spion in ihrem Lager verlieren? Nicht doch, Ranyl. Er ist ein starker Mann, aber eben doch nur ein einziger Mann.«
»Ihr solltet noch wissen, dass Denser geschworen hat, Yron zur Strecke zu bringen«, ergänzte Ranyl.
»Wirklich? Das könnte bereits teilweise die Frage beantworten, wie viel der Rabe weiß, und vielleicht erklärt es sogar, was sie überhaupt dort zu suchen hatten.« Dystran dachte einen Augenblick nach. Dies war eine unerwartete und möglicherweise gefährliche Wendung. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sie ihre Informationen, um welche auch immer es sioch handelt, an irgendjemanden weitergeben, der den Elfen freundlich gesonnen ist. Damit meine ich vor allem Heryst und Lystern. Vermutlich sind sie hinter Yron her. Entwickelt einen Plan. Wir müssen Yron, Erys und die Forschungsgruppe aus Herendeneth sicher hierher schaffen. Es könnte nötig werden, ihnen den Weg zu ebnen, und das ist noch nicht alles. Der Rabe stellt ein Risiko dar, das beseitigt werden muss. Fangt sie oder tötet sie.«
Eine schwarze Katze trottete geschmeidig in den Speisesaal und sprang auf Ranyls Schulter, drehte sich zu Dystran um und nahm ihre natürliche Dämonengestalt an. Dystran schnitt eine Grimasse, als er den Hausgeist des alten Mannes erkannte.
»Ich verstehe nicht, warum Ihr dieses Biest behaltet«, sagte er. »Wie lange habt Ihr es jetzt schon? Es müssen Jahrzehnte sein.«
»Freund«, berichtigte der Hausgeist ihn und streichelte Ranyls Gesicht.
Der alte Mann lächelte. »Er hat Recht. Und mehr denn je brauche ich Gesellschaft. Das Sterben ist ein einsames Geschäft.«
Dystran schauderte. »Das sehe ich anders. Ich halte mich lieber an Frauen. Bei den Göttern, warum müssen diese Dämonen nur so hässlich sein?«
Er betrachtete den affenähnlichen, geflügelten und haarlosen Körper des Dämonen, den nackten Kopf, auf dem Adern pulsierten, und die Zunge, die zwischen den Reißzähnen aus dem Maul hing. Dämonenspucke tropfte auf Ranyls Kragen.
»Er ist nützlich, wenn das Opfer kein Magier ist«, sagte Ranyl.
»Ich an Eurer Stelle würde es allerdings bei der Katzengestalt belassen«, empfahl der Herr vom Berge.
»Leider kann die Katze weder sprechen noch fliegen.«
»Eigentlich sind sie sowieso zu nichts nütze, mal abgesehen davon, dass man ein sprechendes Haustier hat.«
»Aber nein, Mylord«, protestierte Ranyl. »Ich ermuntere andere Magier sogar, Hausgeister aufzunehmen, da wir jetzt wieder über einen begrenzten Zugang zur Dimension der Dämonen verfügen. Sie sind als Spione nützlich, und wenn man nicht weiß, wie man es anstellen muss, auch schwer zu töten.«
»Vielleicht solltet Ihr ein paar zum Raben schicken und mir beweisen, dass sie es wert sind, dass wir ihre hässlichen Körper und ihr Gesabber ertragen.«
»Das werde ich vielleicht tun.«
Es war der frühe Abend des siebten Tages nach Seliks kurzem Treffen mit Blackthorne und Gresse, das einen durchaus vorhersehbaren Verlauf genommen hatte. Eine halbe Wegstunde vor der Garnison von Understone hatte Selik seine Männer anhalten lassen. Sie sollten ausgeruht sein, damit sie am frühen Morgen mit voller Kraft angreifen konnten.
In einem verschwiegenen Wäldchen hatten sie ein Lagerfeuer angezündet, das von Understone aus nicht zu sehen war, und sich an einem Reh satt gegessen, das einer seiner Bogenschützen mit einem erstaunlichen Schuss vom Pferd aus erlegt hatte. Als er seine Männer essen und reden sah – hier und dort wurden sogar kurze Lieder angestimmt
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