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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Kommunion beteiligt gewesen waren, und sie waren rücksichtsvoll gewesen und hatten sie sich selbst und ihren Gedanken überlassen.
    Lange hatte sie um Ilkar geweint – sein Lächeln, seine Energie, seine Ausstrahlung. Die Berührungen, die sie nie mehr spüren würde. Die Schmerzen, die mit seinem Tod durch den Elfenfluch verbunden gewesen waren. Sie dachte auch an den Raben. Eine so enge Freundschaft, zerstört durch etwas, gegen das sie nicht einmal kämpfen konnten. Hilflosigkeit. Sie wusste genau, wie sich das anfühlte.
    Schließlich schob sie die Gedanken an den Elf, den sie geliebt hatte, beiseite, und stimmte sich auf das Mana-Spektrum ein. Der Schatten war da, bedeckte das Herz, dämpfte die Farben und zehrte an seinen Kräften. Auch das Phänomen, das sie vor allem in den letzten Tagen bemerkt hatten, war wieder zu beobachten. Der Schatten schickte dunkle Ausläufer wie Speere in das Spektrum. Sie fragte sich, was dies zu bedeuten hatte. Bisher war ihnen noch nichts eingefallen.
    Wenigstens hatte es keine weiteren Ausfälle der julatsanischen Magie mehr gegeben. Allerdings fiel es ihnen viel
schwerer als früher, ihre Sprüche zu wirken, und sie waren danach stärker erschöpft, als es hätte der Fall sein dürfen. Diese Schwierigkeiten waren für alle, die ihre Sprüche außerhalb des Kollegs und der Stadt wirkten, noch viel größer.
    Pheone blieb stehen, blickte in die tiefe Schwärze hinab, die auch das Mondlicht nicht durchdringen konnte, und ließ ihren Tränen freien Lauf. Die Dunkelheit und der Schatten da unten vertieften sich jeden Tag ein wenig mehr, und mit jedem Tag schwanden ihre Aussichten, das Herz zu bergen, wenn die Elfen endlich kamen.
    Sie betete, es möge nicht zu spät sein, aber vor ihr klaffte ein riesiger, gähnender Abgrund.

Einundzwanzigstes Kapitel
    Die Katakomben unter den Türmen von Xetesk waren zweifellos der am meisten gefürchtete Ort auf ganz Balaia. Legenden und Mythen rankten sich um das unterirdische Labyrinth. Düstere Geschichten, damit die Kinder brav im Bett blieben. Viele Gerüchte waren Übertreibungen, die auf Unwissenheit beruhten, doch einige bargen durchaus ein Körnchen Wahrheit.
    Hier wurden Forschungen durchgeführt, an denen sich keine Studenten beteiligen durften. Früher hatte man hier mit Menschen experimentiert, die von den Protektoren verschleppt worden waren. Hier war der Kontakt mit der Dimension der Dämonen hergestellt worden, der Xetesks Macht vergrößert hatte. Hier hatte nur der Kreis der Sieben mit seinen Gruppen begabter Magier Zutritt, die neue Sprüche entwickeln und die politische Vorherrschaft festigen sollten. Hier befand sich auch der Seelenverband.
    Doch als sie an den Wächtern vorbeikamen, die Auum und Evunn mühelos getötet hatten, und das Labyrinth betraten, das ungebetene Besucher verwirren sollte, bemerkte Hirad, dass er allen Legenden zum Trotz keineswegs
durch unebene Gänge mit nackten Felswänden lief, von denen das Wasser tropfte und in denen sich schreckliche Ungeheuer herumtrieben.
    »Was denkst du, wir sind doch keine Wilden«, sagte Denser. »Hier geht es nach links, Rebraal. Die Treppe hinab, dann wieder nach links.«
    »Nein, das nicht, aber trotzdem. Sieht das nicht ein wenig zu aufgeräumt aus?«
    Denser zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Ich kenne es nicht anders. Nur weil es nicht so ist, wie du dachtest …«
    Sie liefen keineswegs durch feuchte, unebene und schreckliche Höhlen, sondern durch sorgfältig errichtete Gänge, die auch einem vornehmen Haus keine Schande gemacht hätten. Die Flure waren breit genug, damit drei Menschen nebeneinander gehen konnten, nach oben hin gewölbt, verputzt und mit Pastellfarben gestrichen. Hier und dort hing sogar ein Gemälde an den Wänden.
    Der Stein strahlte einen sanften blauen Schein aus, und ein leichter Zug hielt die Atemluft frisch.
    »Vergesst nicht, wir sind noch nicht sehr tief«, fuhr Denser fort. »Dies ist die oberste Ebene. Rebraal, geradeaus, dann scharf nach rechts. Da kommt wieder eine Treppe, warte am unteren Ende. Dort beginnt der Spaß.«
    »Was meinst du damit?«, wollte der Unbekannte wissen.
    »Warte nur ab, bis wir die Treppe hinter uns haben.«
    »Ich liebe geheimnisvolle Männer«, murmelte Erienne.
    »Und wie«, stimmte Hirad zu.
    Am Fuß der Treppe veränderte sich die Umgebung. Das Licht blieb, doch hier gab es keine schönen Dekorationen mehr, sondern nur noch grobe Wandbilder und Gesichter, die aus dem glatten Fels gemeiselt waren.

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