Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg
nicht schlafen und dachte sogar, er könne es vielleicht nie wieder. Herendeneth war wieder still, doch alles hatte sich verändert.
Die Luft strich über sein Gesicht, und er konnte nicht anders, als seine nackte Haut betasten. Sie juckte, wo die Maske sie wund gescheuert hatte. Zum Glück verhinderte die Salbe die Entstehung von Infektionen. Fasziniert verfolgte er mit den Fingern die Konturen seines Gesichts. Es war so ungewohnt, im Freien zu stehen und der Nacht sein Gesicht zu zeigen. Er konnte das Gefühl nicht ganz abschütteln, dass er eines Tages dafür würde büßen müssen.
Es wäre schön gewesen, wenn er das Gefühl hätte genießen können, doch die einzige Freude, die er je gekannt hatte, war das vereinte Bewusstsein seiner Brüder im Seelenverband gewesen. Dies war jetzt für immer vorbei, denn seine Seele war zu ihm zurückgekehrt. Das Gebet war erhört worden, doch der Preis war ein Verlust, der ihm das Herz schwer machte und eine tiefe Einsamkeit in ihm entstehen ließ.
Die Freiheit, so zu sein wie alle anderen Menschen. Er fragte sich, was er damit anfangen sollte, und suchte zum
tausendsten Mal den Kontakt zu seinen Brüdern, fand jedoch nur Schweigen. Er drehte sich um. Vier standen mit wehendem Haar hinter ihm im warmen Wind. Sie trugen noch die dunkle Kleidung und die Rüstungen, die nicht zu den unmaskierten Gesichtern passen wollten. Gesichter, die seine eigene Verwirrung widerspiegelten.
»Wir haben Arbeit, meine Brüder«, sagte er.
Sie nickten. »Wir sind eins«, entgegneten sie.
Sie folgten ihm ins Haus, das sich dunkel vor dem Nachthimmel erhob. Der Drache Sha-Kaan saß noch auf dem zerstörten Dach, sein großer Körper war ruhig, und den Kopf hatte er ins Haus gestreckt, um die noch lebende Al-Drechar zu schützen. Niemand außer den Elfendienern durfte sich ihr nähern.
Sie gingen durch die Flure zu den Privatgemächern, in denen vor kurzem so viel Blut vergossen worden war. Der Blick des Drachen lud sie ein, sich zu nähern. Er kannte ihre Gedanken und Wünsche.
»Ich werde nur den Frieden akzeptieren«, erklärte Sha-Kaan. »Es wird keine Bedrohungen mehr für Cleress oder Sols Angehörige geben.«
Die Worte, die der riesige Mund hervorbrachte, duldeten keinen Widerspruch. Der Große Kaan hatte getötet, um die Schwachen zu schützen, und er würde es wieder tun.
»Wir stehen auf deiner Seite«, sagte Ark. »Wir sind eins.«
»Ich weiß von eurem Verlust«, erwiderte Sha-Kaan, »doch der Gewinn ist größer. In meinem Land genossen eure Brüder die Freiheit.«
»Cil«, keuchte Ark. Ein weiterer Protektor, der genau wie Sol aus dem Seelenverband entkommen war, den man jedoch für verloren gehalten hatte.
»Ja«, bestätigte Sha-Kaan. »Er ist einer von dreien.« Einen Moment schwieg er, und nur sein Atem erfüllte wie ein
tosendes Feuer den Raum. »Auf dieser Insel gibt es noch einige, die mich bedrohen könnten«, sagte er. »Zusammen sind sie mächtig.«
Äxte wurden aus den Rückenklammern genommen.
»Wir verstehen«, sagte Ark. »Sie sind nicht mehr unsere Meister.«
Die Beseitigung einer Bedrohung. Es war das, was die Protektoren am besten konnten.
Das Unwetter hatte starken Wind und peitschenden Regen nach Xetesk gebracht, doch nach den engen Katakomben roch die Luft frisch und belebend. Einige wundervolle Augenblicke lang war es Hirad egal gewesen, wo sie waren. Er hatte sich flach in den Matsch gelegt und tief die Luft eingeatmet, die endlich nicht mehr nach Tod stank, während der Regen seinen schmerzenden Körper wusch, auf sein Gesicht prasselte und das Blut von der Rüstung spülte.
Schließlich hatte er sich auf die Ellenbogen hochgedrückt, als sein Körper etwas ruhiger und der Schmerz nur noch ein dumpfes Pochen war. Die Realität hatte ihn sofort wieder eingeholt. Sie saßen in einem Dickicht aus Ginster und Farn, wie Myx es beschrieben hatte. Die Dornenbüsche schufen eine solide Barriere rings um die kleine Lichtung, auf der der Schacht endete, und hielten auch etwas den Wind ab. In drei Richtungen liefen niedrige Gänge ins Dickicht.
Thraun wiegte Erienne in den Armen, während Denser, Auum und Duele sich um den liegenden Evunn drängten. Die Farbe in den Gesichtern der Elfen war verschmiert und lief in Bächen herunter. Ihre Qual war unter der zerstörten Tarnung deutlich zu sehen.
Darrick stand ganz in der Nähe, seine Füße ragten bis in die Illusion hinein, die das Gitter so gut verbarg, dass ein unbefangenes Auge auch aus nächster
Weitere Kostenlose Bücher