Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord
ihn, bis er wieder zu sich kam. »Wir müssen zusammenarbeiten, sonst sterben wir alle, versteht Ihr das nicht?«
»Ja«, sagte Dystran. »Ja. Kalträume. Richtet Kalträume ein. Und arbeitet. Forscht. Wir müssen kämpfen. Versammelt Euch im Mana-Bad.«
Tausende von Dämonen stürzten auf Xetesk herab. Lautlos und beängstigend kamen sie mit einer Woge eiskalter Luft. Andere waren sicher schon nach Dordover, Lystern und Julatsa unterwegs. Die Kollegien waren die Zentren der Mana-Energie und der Lebenskraft. Die Juwelen, nach denen die Dämonen sich schon so lange sehnten.
»Geht«, sagte Dystran. »Ich stelle mich ihnen. Sie werden reden wollen.«
»Reden?«
»Ja, Sharyr. Dämonen wollen immer reden.«
Drei lösten sich als Vorhut aus den Heerscharen und schwebten zum Turm. Sharyr rief die Überreste seiner Truppe zu sich und floh. Dystran stellte sich unterdessen
dem neuen Feind, obwohl sein Herz raste und er fast ohnmächtig wurde. Die drei waren monströs. Mehr als dreißig Fuß groß und mit entfernt menschenähnlichen Körpern ausgestattet, unter denen jedoch Tentakel zuckten. Farben spielten auf ihren geschlechtslosen Körpern, Regenbogen jagten einander.
»Ihr seid hier nicht willkommen!, quetschte Dystran hervor. »Achtet die alten Gesetze und Verträge. Kehrt in eure Dimension zurück und versiegelt den Riss, den ihr geschaffen habt.«
»Die Zeit der Menschen ist vorbei«, sagte einer mit wallendem, zuckendem Oberkörper. Seine Stimme war tief und trug weit. »Wir herrschen jetzt hier.«
Siebtes Kapitel
Hirad erwachte mit einem unbehaglichen Gefühl, dem zu trauen er gelernt hatte. Zunächst blieb er still liegen und atmete den starken Duft nach Heu ein. Die ersten Strahlen der Morgensonne fielen durch Lücken zwischen den Brettern in die Scheune. Draußen hörte er Pferde. Eine große Zahl von Pferden.
Eilig stand er auf und sah sich nach dem Unbekannten um. Der große Krieger spähte schon, Thraun und Darrick an seiner Seite, durch ein kleines Fenster zur einzigen Straße des Dorfs hinaus.
»Gibt es Ärger?«, fragte Hirad.
»Sieh selbst«, erwiderte der Unbekannte. »Dordover ist gekommen.«
Durchs Fenster konnte Hirad mindestens zwanzig Reiter in der Uniform des Kollegs ausmachen. Neben ihnen ritt der einzige Hochstapler, der am vergangenen Abend entkommen war. Einige Dorfbewohner waren ebenfalls erschienen und hatten sich am Ende des Weges versammelt, der zu Ferrans Bauernhof führte. Es gab keinen Zweifel, was sie wollten. Hirad konnte beobachten, wie die Dordovaner
dem Hochstapler und den Bauern kleine Beutel aushändigten und sie anschließend mit unwirschen Handbewegungen verscheuchten.
»Die zahlen das Kopfgeld für uns aus«, sagte er.
»Ja«, bestätigte der Unbekannte. »Ein wenig voreilig, meinst du nicht auch?«
Hirad hörte, wie jemand einen Schwertgurt anlegte.
»Verdammt richtig«, sagte Hirad. »Hast du Vorschläge?«
Noch einmal blickte der Unbekannte aus dem Fenster. Hirad riss sich los, zog die Stiefel an und gürtete sein eigenes Schwert. »Wie ich sehe, ist Ferran nicht bei ihnen. Wir können annehmen, dass er unschuldig ist. Demnach wissen sie zwar, dass wir bei ihm sind, aber sie wissen nicht unbedingt, wer sonst noch hier ist. Ohne gesehen zu werden, kommen wir allerdings nicht ins Bauernhaus. Ich glaube, wir könnten eine kleine Überraschung gebrauchen.«
»Ich frage mich, ob Denser und Erienne wissen, was hier los ist.«
»Daran zweifle ich nicht«, sagte Darrick. »Wir müssen uns allerdings Sorgen machen, weil wir keine Schutzschirme haben. Und ich muss dir widersprechen, Unbekannter. Wir brauchen keinen Überraschungseffekt. Schließlich bekommen wir Unterstützung.«
Er deutete nach links zum südlichen Ende des Dorfs. Aus dem Wald kamen Gestalten gerannt, die hinter den letzten Häusern im Schatten verschwanden und kurz darauf wieder auftauchten. Ganz in der Nähe brüllte ein Panther. Der Schrei des Raubtiers ängstigte die Pferde. Zwei stiegen hoch, die anderen trampelten unruhig und wichen zurück. Die Reiter saßen ab.
»Selbst wenn unser Liebespaar geschlafen hat, jetzt sind sie wach«, sagte Hirad. »Der Rabe, los jetzt. Wir haben zu tun.«
Thraun blieb hinten. »Ich will ein letztes Mal auf Balaia mit dem Panther laufen«, sagte er.
»Bist du sicher?«
Der blonde Krieger nickte, seine gelben Augen strahlten. Hirad wartete nicht auf ihn, sondern ging als Erster zur Leiter, die hinab zu den leeren Pferdeställen führte. An der Doppeltür
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