Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord
aber das störte ihn nicht. Besorgt war er über die Frage, ob Xetesk sie gesehen hatte oder nicht. Die Dämonen hatten sie jedenfalls bemerkt, so viel war nach wenigen Herzschlägen klar. Wie eine bunte Wolke stiegen sie im Morgengrauen auf, ihre fremdartigen Rufe wurden von den gegenwärtigen Verfolgern beantwortet, die sich noch etwas mehr ins Zeug legten.
»Kommt schon!«, rief Vuldaroq, obwohl er wusste, dass seine Worte im heftigen Fahrtwind untergingen.
Er führte die vier noch lebenden Magier steil nach unten und überraschte damit die Verfolger, die ein wenig an Boden verloren. Jede Kleinigkeit war hilfreich. Vuldaroq staunte, als ihn eine seltsame Erregung durchflutete. So lange hatte es auf Messers Schneide gestanden, nun war die Zuflucht fast zum Greifen nahe, und er hatte sich nie lebendiger gefühlt als jetzt.
Er atmete tief ein, spürte, wie die Energien durch seinen geschundenen Körper strömten, und verlangte seinen Schattenschwingen noch etwas mehr Tempo ab.
»Komm schon, Dystran, du Schweinehund, jetzt ist der richtige Augenblick.«
Vuldaroq sah sich um. Durch die hauchzarten Flügel und den schützenden Film auf den Augen konnte er nicht scharf sehen, aber sie waren alle noch bei ihm. Die Dämonen flitzten als verschwommene rote Umrisse hin und her und bedrängten ihn, damit er einen Fehler machte. Schwer zu sagen, wie viele es waren. Mindestens zehn oder zwölf.
Wenn er und seine Leute nur noch wenige Augenblicke die selbstmörderische Geschwindigkeit halten konnten! Um den Luftwiderstand zu vermindern, flogen alle Magier mit dem Kopf voran, die Arme eng angelegt, die Beine gerade ausgestreckt und die Zehen nach hinten gestreckt. So blieb wenig Gelegenheit, sich auszutauschen, doch sie hatten in ruhigeren Momenten des Fluges einige Signale verabredet, und Vuldaroq wusste, dass die anderen Magier ihn beobachteten und auf Zeichen warteten.
Grimmig und hager erhoben sich vor ihnen die sieben Türme von Xetesk vor dem trüben Himmel. Nur in Dystrans Turm brannten einige Lichter, die anderen schienen verriegelt und unbewohnt zu sein, ganz ähnlich wie die Stadt. Sie verhüllte sich hinter wallendem Morgennebel, der zwischen den Mauern gefangen war. Nur hier und dort durchdrang der blasse Schein eines Feuers den Nebel.
Die Dämonen, die von der Stadt aufgestiegen waren, schwärmten aus und bildeten ein weites Netz, um die Dordovaner abzufangen. Einige kamen ihnen direkt entgegen, andere hielten sich noch zurück. Es mussten mindestens zweihundert sein, die sich über den stummen Häusern in der Luft drängten. Sie glänzten grün und dunkelblau.
Vuldaroq hielt direkt auf sie zu, und die Linie der Dämonen richtete sich aus, um die Magier am erwarteten Punkt abzufangen. Es war ein überraschend einfältiges Manöver, aber offenbar befanden sich keine Angehörigen der Führungskaste unter dieser Vorhut, und ohne die Anführer konnten sie in der Luft keine brauchbare Strategie entwickeln.
Der dordovanische Erzmagier schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit seiner Magier zu erregen. Dann deutete er mit den Zeigefingern nach oben und spreizte die Finger. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass sie das Zeichen gesehen hatten, und darauf vertrauen, dass sie entsprechend reagieren würden. Jedes Zögern konnte die schlimmsten Konsequenzen nach sich ziehen.
Vuldaroq nahm seinen letzten Mut zusammen, schoss mit Höchstgeschwindigkeit auf die Dämonen zu und spürte, wie seine Magier zu seinen Seiten eine enge Gruppe bildeten. Die Dämonen reagierten sofort auf das Manöver. Ein gutes Zeichen.
»Weiter so«, schnaufte er. »So ist es gut.«
Erst als sie so nahe waren, dass er schon ihre Rufe hören konnte, schoss er in einem Winkel von neunzig Grad nach oben. Die Mana-Gestalt der Flügel wurde einer Belastung ausgesetzt, unter der körperliche Flügel sicherlich zerrissen wären. Vuldaroq spürte die Fliehkraft im ganzen Körper. Wären nicht die Dämonen unter ihm vorbeigerast und hätte ihn nicht der Schwung weiter in die ursprüngliche Richtung getrieben, er hätte glauben können, abrupt angehalten zu haben.
Ein rascher Blick zeigte ihm, dass es alle bis hierher geschafft hatten. Unter ihm bremsten auch die Dämonen ab und wendeten, sie kamen jetzt aus allen Richtungen. Vuldaroq bereitete die Arme aus, bis er die Form eines Kreuzes
nachahmte, und änderte die Flugrichtung, um sich senkrecht nach unten zu stürzen.
Die anderen fingen das Signal auf. Jetzt kam die letzte Phase, und jetzt
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