Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord
ich gesehen habe, auch wenn sie ungewiss ist«, sagte Cleress. »Deshalb besteht noch Hoffnung.«
»Aber warum haben sie Calaius und die Wesmen nicht direkt angegriffen?«, fragte Erienne.
»Aus zwei Gründen«, erklärte Sha-Kaan. »Sie warten seit Jahrtausenden darauf, einen Zugang zu finden. Xetesk hat ihnen schließlich diesen Weg geebnet, indem es mit Kräften hantiert hat, die kein Magier richtig verstand. Sie haben ein Loch in die Hülle der balaianischen Dimension geschlagen. Die Dämonen haben die Seelen der Magier aufgenommen und daraus große Kraft für die kommenden Schlachten gewonnen. Und sie greifen zuerst die Kollegien und den Osten eures Landes an, weil in dieser Dimension niemand mehr eine Waffe gegen sie erheben kann, sobald die Magie zerstört ist.
Die Brut Kaan schwebt in Gefahr, und mittelbar jede andere Brut auf Beshara. Die Arakhe sind seit Äonen unsere Todfeinde. Wir können es nicht zulassen, dass sie einen Zugang zu unserer Heimat bekommen, denn sonst könnten sie uns überwältigen, wie sie es mit Balaia bereits getan haben.«
»Sind sie wirklich so stark?«, fragte der Unbekannte.
Sha-Kaan schwieg. Darrick beobachtete unterdessen die anderen, die versuchten, das Gehörte zu verdauen. Er konnte nicht alle Gesichter sehen, erkannte aber durchaus, dass sie es glaubten. Bei den Göttern, was blieb ihnen auch anderes übrig.
»Xetesk hat eine Menge zu verantworten.«
Es dauerte einen Herzschlag, bis Darrick merkte, wer gesprochen hatte.
»Niemand macht dir einen Vorwurf, Denser«, wandte Hirad ein.
»Jeder xeteskianische Magier trägt eine Mitschuld, und ich bin einer von ihnen«, erwiderte er. »Wir haben alle den Eid geleistet, der uns den Zugang zur xeteskianischen Magie eröffnete, wir alle wollten Dimensionssprüche entwickeln, und wir alle haben mit Freuden das Abkommen mit den Dämonen akzeptiert, das uns einen verstärkten Mana-Zustrom verschaffte.«
»Es wird eine Abrechnung geben, falls Xetesk nach der Niederlage der Arakhe überhaupt noch existiert«, grollte Sha-Kaan. »Du trägst eine Mitschuld, aber Hirad hat recht. Man kann dir schwerlich etwas vorwerfen, über das du keine Kontrolle hattest.«
»Damit fühle ich mich nicht unbedingt besser.«
»Dann nutze deinen Zorn«, sagte Sha-Kaan. »Kämpfe.«
»Aber wie?« Denser hob hilflos beide Arme. »Es kommt mir vor, als wäre es längst zu spät.«
»Noch nicht.« Sha-Kaan wechselte abermals die Position, und seine Krallen knirschten auf dem Steinboden. Diera brachte Jonas zum Schweigen, der unruhig wurde.
»Vielleicht solltest du mit Jonas wieder nach draußen gehen«, schlug der Unbekannte vor.
»Ich muss es hören«, widersprach Diera. »Um meinet-und um seinetwillen. Ich muss ihm erklären können, was passiert ist, wenn du nicht zurückkommst.«
Der Unbekannte schnitt eine schmerzliche Grimasse und streichelte ihre Wange. »Ich komme immer zurück. Ich verspreche dir, dass ich auch diesmal keine Ausnahme mache.«
»Du hast auch versprochen, nie wieder ohne mich wegzugehen«, sagte Diera. Es war kein Vorwurf. »Warum habe ich nur einen Rabenkrieger geheiratet?«
»Wir können nicht entscheiden, wen wir lieben wollen«, sagte Sha-Kaan. »Wenigstens darin, wenn schon in nichts anderem, sind wir gleich.«
Diera kniete sich neben ihr Kind. »Willst du für mich und deinen Vater ein lieber Junge sein? Wir möchten, dass du noch eine kleine Weile still bist, während Sha-Kaan spricht.«
»Und dann fliegt er wieder weg?«, fragte Jonas und strahlte seine Mutter an.
»Ich denke schon, mein Lieber. Er kann ja nicht die ganze Zeit hier drinbleiben.«
»Wie kommt er raus?«
»Tja«, sagte Diera, »wahrscheinlich benutzt er eine Tür, genau wie wir.«
Jonas’ Gesicht war so skeptisch, dass Darrick beinahe vor Lachen geplatzt wäre. Flüsternd, aber laut genug sagte der Junge: »Ich glaube, die Türen sind nicht groß genug, Mami.«
Da löste sich endlich die Spannung. Alle lachten laut auf, Hirad krümmte sich und wollte sich auf den Unbekannten stützen, der ihm in diesem Moment kaum helfen konnte.
Sha-Kaan polterte laut, dass es nur so durch die Kammer hallte, und Cleress musste sich die Tränen aus den Augen wischen.
»Sehr aufmerksam für so einen Dreikäsehoch, was?«, meinte Hirad.
»Und ob«, bestätigte der Unbekannte. »Wie der Vater, so der Sohn.«
»Er bleibt stecken!«, rief Jonas voll neuen Selbstvertrauens
und dankbar für die Aufmerksamkeit. »Aber wir können ihn rausziehen.«
»Still,
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