Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
auch nicht erkennen, wenn du ihn siehst, Ambiades, nicht wahr?«
Ich stützte mich auf den anderen Steigbügel. Jetzt errötete Ambiades. Er blickte zugleich finster drein.
»Versuche es noch einmal mit dem Feigenbaum«, sagte der Magus.
Ambiades tastete und riet sich durch diese Klassifikation, und ich verlor das Interesse. Ich wurde langsam müde und aß meine zweite Orange.
Schon lange bevor wir Evisa erreichten, war ich erschöpft. Ich klagte ständig über meine Müdigkeit, aber niemand schien das zu bemerken. Ich war auch hungrig. Ich erzählte dem Magus, dass ich im Sattel verhungern würde, wenn ich nichts zu essen bekäme, und schließlich öffnete er widerstrebend das Bündel mit meinem Reiseproviant. Er bestand allerdings darauf, ihn gleichmäßig unter Ambiades, Sophos und mir aufzuteilen, obwohl ich ihn darauf hinwies, dass sie unter keinen Umständen so hungrig sein könnten wie ich.
Ambiades überließ mir edelmütig einen Anteil seiner Portion, aber irgendetwas an der Art, wie er es tat, erregte meinen Zorn.
Am späten Nachmittag trafen wir in Evisa ein. Der Magus war verstimmt darüber, dass wir nicht schneller vorangekommen waren. Er hatte nicht mit meinen überragenden Fähigkeiten im Umgang mit Pferden gerechnet.
In Evisa gab es kein Gasthaus, aber eine Frau, die Reisenden an einer Ansammlung von Tischen unter den Bäumen auf dem Dorfplatz Essen servierte. Ambiades und Sophos waren gleichermaßen entsetzt über das Essen – verschrumpelte Oliven und Hartkäse –, aber das Brot war weich und gut. Der Joghurt enthielt genug Knoblauch, um sämtliche Vampire im Lande umzubringen. Ich aß beinahe alles auf. In der Unterstadt von Sounis war es schwer, ein wählerischer Esser zu sein; im Gefängnis des Königs war es unmöglich.
»Ich habe Euch doch gesagt, dass sie nicht hungrig sind«, sagte ich zum Magus. »Ich weiß nicht, warum Ihr nicht zugelassen habt, dass ich alle Fleischpasteten bekomme.« Noch während ich sprach, zog er mir die Schale mit den verschrumpelten Oliven aus der Hand.
»Dir wird noch schlecht«, sagte er.
Ich schnappte mir noch ein paar Oliven aus der Schüssel, als sie abgeräumt wurde, verzichtete aber auf den Rest. Er hatte recht. Wenn ich versuchte, zu viel in meinen Magen zu zwingen, würde er rebellieren. Ich torkelte vom Tisch weg zu einem Grasfleck, wo ich mich hinlegte und einschlief. Es kam mir vor, als ob nur wenige Minuten vergangen waren, als Pol mir wieder mit dem Fuß einen Rippenstoß versetzte.
»Steh auf.«
»Geh weg.«
»Ich werde dich schon auf die Beine bringen«, drohte er.
»Ich will nicht aufstehen. Ich will, dass du weggehst.«
Nachdem er dafür gesorgt hatte, dass ich gründlich wach wurde, sagte ich ihm, dass ich hoffte, dass er im nächsten Bett, in dem er schlief, von etwas Giftigem gebissen werden würde. Ich zog mich auf einen der Tische hoch und sah Ambiades an, der bei den Pferden stand. »Bring meines hierher«, sagte ich, »ich rückte den Tisch nicht dorthin.«
Aber Ambiades wollte sich auf die Aufforderung eines wertlosen, dreisten kleinen Gauners hin keinen Schritt weit rühren. Ambiades, das ging mir auf, war die Art Mensch, die Leute gern in eine Hierarchie einordnete, und er wollte, dass ich begriff, dass ich in seiner ganz unten stand. Er würde mich trotz meiner untergeordneten Stellung höflich behandeln, und ich sollte dankbar dafür sein.
Ich meinerseits wollte, dass Ambiades begriff, dass ich mich als Hierarchie betrachtete, die nur aus einer Person bestand. Ich mochte mich der überlegenen Kraft Pols und des Magus beugen, aber nicht ihm. Keiner von uns rührte sich.
Pol und der Magus fuhren eifrig fort, die Beine der Pferde zu betrachten, und überließen es Ambiades und mir, uns zu einigen. Ambiades hatte sich in unlösbare Schwierigkeiten gebracht, ob er es nun wusste oder nicht. Gewiss, er war größer als ich, aber er musste annehmen, dass ich heftige und womöglich peinliche Gegenwehr leisten würde, wenn er versuchte, mich zum Pferd hinüberzuschleifen. Sophos rettete ihn, indem er die Zügel des Pferdes nahm und es zum Tisch hinüberführte.
Ambiades sah verächtlich zu; anscheinend war ihm nicht bewusst, dass es seine Würde war, auf die Sophos Rücksicht genommen hatte.
»Warum habt Ihr keinen Karren mitgebracht?«, knurrte ich dem Magus zu, als wir aus der Stadt hinausritten.
»Einen was?«
»Einen Karren – Ihr wisst schon, einen großen, hölzernen Kasten auf Rädern, von Pferden
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