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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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erst dachte.«
    »Nein? Soll ich ihm erzählen, dass du das gesagt hast?«
    »Wehe, du wagst es! Und sag auch meinem Vater nichts. Du weißt, dass mein Vater hofft, dass er einen härteren Kerl aus mir machen wird. Findest du nicht, dass der Magus netter ist, als er auf den ersten Blick wirkt?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Pol.
    »Nun, mit mir springt er nicht so hart um wie mit Ambiades.«
    »Das überlässt er ja auch Ambiades, wie ich sehe«, sagte Pol.
    »Oh, das macht mir nichts aus, Pol. Ich mag Ambiades. Er ist klug, und normalerweise ist er nicht so … so …«
    »Hochfahrend?«, schlug Pol vor.
    »Launisch«, sagte Sophos. »Ich glaube, ihm macht etwas zu schaffen.« Er wechselte das Thema. »Weißt du, wohin wir wandern?«
    Ich spitzte die Ohren.
    »Nach Attolia«, sagte Pol und sprach damit nur aus, was zu diesem Zeitpunkt schon offensichtlich war.
    »Ist das alles, was du weißt? Warum bist du dann hier?«
    »Dein Vater hat mich hergeschickt, um ein Auge auf dich zu haben. Einen Mann aus dir zu machen.«
    Sophos lachte. »Nein, im Ernst! Warum?«
    »Aus den Gründen, die ich genannt habe.«
    »Ich wette, der Magus brauchte jemanden, auf den er sich verlassen konnte, und mein Vater hat gesagt, dass er dich nicht ohne mich haben könnte.«
    Ich wette, er hatte recht.
    Wir gelangten an einen Steilhang und mussten klettern. Als wir uns hinabgearbeitet hatten, ließ Pol sich hinter Sophos fallen und beendete so ihr Gespräch. Sophos schloss zu mir auf.
    »Bist du wirklich nach dem Gott der Diebe benannt?«
    »Ja.«
    »Aber woher wussten sie denn, was du einmal werden würdest, als du noch ein Säugling warst?«
    »Woher wussten sie denn, als du noch ein Säugling warst, was du werden würdest?«
    »Mein Vater ist Herzog.«
    »Und meine Mutter war Diebin.«
    »Also wussten sie, dass auch du einer werden würdest?«
    »Die meisten in meiner Familie rechneten damit. Mein Vater wollte, dass ich Soldat werde, aber ich habe ihn enttäuscht.«
    Hinter uns hörte ich Pol schnauben. Er fand zweifelsohne, dass die Enttäuschung meines Vaters gerechtfertigt war.
    »Dein Vater? Wirklich?«
    Sophos klang so überrascht, dass ich ihn ansah und fragte: »Warum nicht?«
    »Oh, na ja, ich meine …« Sophos wurde rot, und ich fragte mich, wie es um seinen Blutkreislauf bestellt war; vielleicht hielt sein Körper zusätzliches Blut im Kopf vorrätig, damit er jederzeit erröten konnte.
    »Was erstaunt dich so?«, fragte ich. »Dass mein Vater Soldat ist? Oder dass ich ihn kenne? Dachtest du, ich wäre ein uneheliches Kind?«
    Sophos öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas zu sagen.
    Ich sagte ihm, dass ich nicht unehelich geboren sei. »Ich habe sogar Brüder und Schwestern«, erzählte ich ihm, »und die haben denselben Vater.« Der arme Sophos blickte drein, als wäre er gern im Boden versunken.
    »Was machen sie?«, fragte er schließlich.
    »Nun, einer meiner Brüder ist Soldat, der andere ist Uhrmacher.«
    »Wirklich? Kann er diese neuen Uhren fertigen, die hinten flach statt rund sind?« Er klang interessiert, und ich wollte ihm gerade erzählen, dass Stenides seine erste flache Uhr vor etwa zwei Jahren hergestellt hatte, aber der Magus bemerkte, dass Sophos mit mir redete, und rief ihn weg.
    Als Sophos nach vorn eilte, sagte ich laut: »Meine Schwestern sind sogar verheiratet und obendrein redliche Hausfrauen.« Zumindest waren sie größtenteils redlich.
    Die von der Quelle ausgewaschene Rinne war nirgendwo tief genug, um als Schlucht gelten zu können. Ihre Hänge führten in sanftem Bogen von uns weg, und nur an wenigen Stellen war das Vorankommen schwierig. Bei unserem Abstieg konnten wir Attolia vor uns ausgebreitet sehen und zu unserer Rechten das Meer. Als Punkte am Horizont setzten Inseln die Bergkette hinter uns fort. Jenseits des attolischen Tals lag eine weitere Bergkette, in der die Seperchia entsprang. Sie schlängelte sich durch die Ebene, manchmal näher an den Hephestischen Bergen, manchmal viele Meilen weit entfernt. Unmittelbar bevor sie die Küste erreichte, traf sie auf einen felsigen Ausläufer des Vorgebirges und wurde in die Hephestische Bergkette selbst abgelenkt. Dort bestanden die Berge aus weichem Kalkstein, und der Fluss hatte einen Pass nach Sounis ausgewaschen, um an der Stadt des Königs vorbei und schließlich ins Mittlere Meer zu strömen.
    »Hier ist es viel grüner als zu Hause, nicht wahr?«, bemerkte Sophos an niemanden im Besonderen gewandt.
    Er hatte durchaus recht.

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