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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Nichtsnutz den Älteren und seinen kleinen Bruder zu Hause lassen sollen!«
    »Er ist nicht mein Bruder.« Ambiades war gekränkt.
    »Das«, fuhr ich ihn an, »war bildlich gesprochen. Jetzt halt den Mund.« Er zuckte im Sattel zusammen, als wäre er geschlagen worden. Ich wandte mich wieder dem Magus zu. »Wie wollt Ihr jetzt also an etwas zu essen kommen?«
    Aber der Magus hatte einen Augenblick zum Nachdenken gehabt und war auf die offensichtliche Lösung verfallen. »Du«, sagte er, »wirst es stehlen.«
    Ich schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
     
    Pirrhea war eine alte Stadt. Wie so viele war sie über ihre Mauern hinausgewachsen und von Feldern und Bauernhäusern umgeben. Ich ging durch Küchengärten und erntete ab, was auch immer meine Hände im Dunkeln fanden. Ich ließ das, was ich gesammelt hatte, in einen Beutel fallen, den ich aus einem Schuppen beim ersten Haus, an dem ich vorbeigekommen war, gestohlen hatte. Einmal kam ich einem Ziegenpferch zu nahe, und seine Bewohner meckerten. Als niemand herauskam, um nach ihnen zu sehen, ging ich hinein und nahm zwei Kannen Ziegenmilch von dem Regal, auf dem sie standen, damit der Rahm sich absetzte. Ich war durstig und hungrig, und so trank ich eine der Kannen aus, während ich überlegte, ob ich in irgendjemandes Küche einbrechen sollte, um Brotreste zu stehlen. Ich entschied mich dagegen. Trockenes Brot war das Risiko nicht wert, aber ich schlüpfte in den Hühnerstall des größten Hauses, an dem ich vorbeikam, um drei Hühnern den Hals umzudrehen. Ich ließ sie in einen zweiten Beutel fallen und machte mich davon.
    Der Magus und die anderen warteten zwischen den Bäumen jenseits eines Zwiebelfelds auf mich. Ich war nicht sehr erpicht darauf gewesen, meinen Hals für sie aufs Spiel zu setzen. Während wir ritten, hatten wir uns gegenseitig unsere Nichtsnutzigkeit vorgeworfen. Es hatte Ambiades nicht gefallen, dass ich behauptet hatte, man hätte ihn zu Hause lassen sollen. Ich wies ihn darauf hin, dass er an der Furt kein bisschen geholfen hätte. Er wies mich darauf hin, dass ich auf einen Baum geklettert sei. Ich wies ihn darauf hin, dass ich kein Schwert gehabt hatte. Er bot an, mir seines zu geben – mit der Spitze voran.
    Als ich die anderen in einem der seltenen Haine von Mandelbäumen außerhalb der Ortschaft zurückgelassen hatte, hatte der Magus mir gesagt, dass er mir eine Stunde zugestehen und, falls ich bis dahin nicht zurück war, die Stadtmitte suchen und dort aus voller Kehle »Dieb!« schreien würde.
    In der Dunkelheit hatte er die Verachtung auf meinem Gesicht nicht sehen können, aber er hatte sie gewiss in meiner Stimme gehört. »Dann denkt daran, zugleich auch ›Mörder! Mörder!‹ zu schreien«, hatte ich gesagt.
    Seine Antwort hatte mich verfolgt, als ich davongegangen war: »Ich werde dafür sorgen, dass wir alle gemeinsam auf dem Richtblock landen.«
     
    Alle sahen die Hühner betrübt an, als der Magus sagte, dass wir keine Zeit hätten, sie zu kochen. Pol band sie an seinen Sattel, und wir ritten in die Dunkelheit, wobei wir eine Handvoll rohen Gemüses aßen und körnigen Sand zwischen den Zähnen zerrieben.
    »An der Hauptstraße gibt es in Kahlia einen Mietstall«, sagte der Magus. »Dort können wir Pferde zum Wechseln stehlen.«
    Ich verschluckte mich an dem Spinat, auf dem ich herumkaute. »Wir können was?«
    »Der Ritt dauert noch zwei Stunden, wenn wir die Pferde antreiben«, fuhr er fort und ging gar nicht darauf ein, dass ich ihn unterbrochen hatte. »Wir können uns einen Lagerplatz an der Straße suchen. Es sind so viele Reisende unterwegs, dass wir nicht auffallen werden. Dann schlafen wir ein paar Stunden. Pol, du könntest die Hühner ins Feuer legen, und danach holen wir uns Pferde und reiten weiter. Wir sollten unsere Verfolger abhängen können, wenn wir von der Hauptstraße und damit vom Seperchia-Pass nach Eddis ausweichen. Damit werden sie nicht rechnen.«
    »Ihr wollt auf demselben Pfad den Heimweg antreten? Warum reiten wir nicht einfach zum Hauptpass?«, fragte Ambiades. »Der ist doch näher gelegen, nicht wahr? Und wenn wir erst in Eddis sind, sind wir auf neutralem Gebiet.«
    »Sobald wir in Kahlia sind, wären wir tatsächlich näher am Hauptpass«, stimmte der Magus ihm zu. »Aber sämtliche Straßen werden gesperrt sein, und ich bin mir nicht sicher, ob wir durchschlüpfen könnten. Das Land um den Pass herum besteht größtenteils aus offenen Feldern. Sie rechnen sicher nicht damit, dass

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