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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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dachte er, müßte es eigentlich die
Computerin
heißen.
    Hauptsächlich forschte er in der Firmengeschichte des Lebensmittelkonzerns Heidenbrück, sowie in der natürlich geschönten Vita von Vater Claude herum, ohne jedoch, alles andere hätte ihn auch staunen gemacht, auf grundlegend Neues oder gar Zusammenhänge mit Joshua Silbermann oder Hermann Bauer oder Peter Söhnle zu stoßen.
    Am Sonntag erreichte ihn dann ein unerwarteter Anruf aus Amerika. „Esther Rosenberg hier, wie geht’s dir?“
    „Danke gut, und selbst? Wie war dein Flug?“ Fast hätte Herr Schweitzer spontan gefragt, ob der Flieger denn tatsächlich auch heil gelandet sei, doch hatte er es gerade noch unterdrücken können. Wie hätte Esther sonst auch mit ihm telefonieren können, wenn eine der üblichen Bomben islamischer Terroreinheiten das Flugobjekt in seine Bestandteile zerlegt hätte? Erst denken, dann sprechen, ist ihm gottlob noch durchs Hirn geschossen.
    „Prima. Keine Turbulenzen. Ich habe fast durchgehend geschlafen.“
    „Schön.“
    „Du, ich habe hier im Schreibtisch ein paar alte Briefe gefunden.“ Herr Schweitzer horchte zu und auf. „Die könnten uns interessieren.“
    „Ja?“
    „Es handelt sich um Liebesbriefe an meine Oma. Leider ohne Datum. Aber einer davon ist mit einer Briefmarke vom Dritten Reich frankiert. Leider ist der Poststempel unleserlich. Bei den anderen hat jemand die Briefmarken herausgeschnitten. Vielleicht ein Sammler.“
    „Lies doch mal vor, bitte.“
    „Geht nicht, ich rufe von einer Telefonzelle aus an. Die Leitung im Häuschen ist tot. Abgemeldet. Eine Kopie von dem Brief habe ich gestern an Laura und dich abgeschickt. Per Luftpost. Unterschrieben ist er mit
Dein Schatz H
. Komisch, nicht wahr? Mein Opa heißt doch Joshua.“
    „Wann kommst du zurück?“
    „Weiß noch nicht. Muß mich hier noch um einiges kümmern. Vielleicht in zwei Wochen. Du, gerade ist meine letzte Münze ...“ Tut, tut, tut.
    Herr Schweitzer lauschte dem Geräusch noch eine Weile nach, ehe er den Hörer auflegte.
Dein Schatz H
– war es ein Brief aus der Zeit vor Joshua? Bedeutete H Heidenbrück oder Hermann Bauer? Oder eine noch gänzlich unbekannte Person? Er war sich sicher, der unleserliche Poststempel konnte mit moderner Technologie entschlüsselt werden. Beziehungen in diese Richtung hatte Herr Schweitzer jedenfalls zuhauf. Allerdings würde Esther erst in zwei Wochen wieder da sein. Und anrufen konnte man sie nicht. Aber Geistesgaben genug dürfte sie ja haben, sagte er sich, daß sie die Umschläge mit nach Frankfurt bringt. Wie lange ist eigentlich so eine Luftpost unterwegs?
    Der ersehnte Montag wurde zu Herrn Schweitzers Glückstag. Zum einen erwischte er Herrn Lampert, den Leiter des Jüdischen Museums, und zum anderen konnte dieser am Vormittag noch Zeit erübrigen, wo man doch üblicherweise erst noch einen Termin vereinbaren mußte. Gegen seine Gewohnheit sputete er sich, war gänzlich außer Puste, als er sein Bike abschloß und die Stufen emporstieg. Der Fahrtwind hatte seiner sowieso schon wirren Frisur eine neue Form gegeben, so daß die Haare jetzt aerodynamisch nach hinten abstanden. Wäre in diesem Moment ein Punk vorbeigekommen, hätte er Herrn Schweitzer sicherlich als Kumpel begrüßt.
    Kurz nachdem die Dame am Ticketschalter den Hörer aufgelegt hatte, war Herr Lampert auch schon da. „Herr Schweitzer?“
    „Der bin ich.“
    „Ich hatte bislang leider keine Zeit, sonst hätte ich Ihnen schon mal die Unterlagen rausgesucht.“
    „Macht nichts. Ich habe Zeit.“
    „Das trifft man heute nur noch selten, jemanden mit Zeit. Immer muß alles schnell, schnell gehen, als ob sich dadurch die Welt schneller dreht.“
    Lampert war ihm sofort sympathisch, und die Beklemmung, die ihn als Deutschen beim Betreten einer jüdischen Einrichtung überkommen hatte, war verflogen. Er hatte mit Ressentiments gerechnet. Und die hätte er in Anbetracht der Geschichte gut nachvollziehen können.
    „Ja. Obwohl ich mich natürlich beeilt habe herzukommen. Sie haben sicherlich viel zu tun.“
    „Normalerweise schon. Jetzt sollte ich eigentlich eine Gruppe amerikanischer Juden bei der Familienforschung begleiten. Aber der Reisebus hatte eine Panne, und der Termin ist auf den Nachmittag verlegt worden. Aber folgen Sie mir doch bitte.“
    „So, ich schmeiß jetzt mal den Computer an. Ganz schön praktisch, früher hat das manchmal Tage gedauert, bis die benötigten Unterlagen zusammen waren. Na ja, vollständig

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