Die Leiche im Badezimmer
Unterlagen zu wühlen — in der sicheren Überzeugung, daß
alles auch nur entfernt Interessante bereits von Kendrick beiseite geschafft
worden war — , oder heimzufahren, mich in mein eigenes Bett zu legen und zu
hoffen, alles würde sich still in Nichts auflösen. Für einen aktiven Menschen
wie mich gab es nur eine Entscheidung. Ich fuhr nach Hause.
Die Lichter brannten noch, und
Helen Walsh war nach wie vor da und saß im Sessel. Auf dem kleinen Tisch vor
ihr standen zwei Gläser, eine Flasche Scotch und eine Schale mit Eiswürfeln.
»Ich dachte, Sie könnten
wahrscheinlich einen Drink brauchen«, sagte sie mit zaghafter Stimme.
»Ich hatte den Eindruck, Sie
waren, als ich ging, im Begriff, ein Taxi zu rufen und nach Hause zu fahren.«
»Ich wollte hören, was passiert
ist.«
Ich ging in die Küche hinaus,
öffnete eine Flasche Mineralwasser, brachte sie ins Wohnzimmer zurück und goß
mir etwas zu trinken ein.
»Sie war tot«, sagte ich. »Eine
Schußwunde in der linken Brust. Genau wie bei Goldie Baker. Sie lag nackt auf
dem Teppich, ihre zerrissenen Kleider um sie herum, und ihr Körper war übel
zerkratzt. Goldie Baker war vergewaltigt worden, bevor sie umkam, und der
Coroner nimmt dasselbe bei Celestine Jackson an. Wollen Sie wissen, wozu mich
das macht? Zu einem Lustmörder!«
Sie schauderte. »Nicht doch!«
»Ich habe eine kleine Chance«,
sagte ich, »und die besteht darin, daß ich Kendrick finde, bevor die
pornografische Serie übersandt wird. Das einzige Problem ist — wo soll ich zu
suchen anfangen? Pine City ist nicht so groß — und
wenn er nicht schon auf dem Weg woandershin ist, brauche ich vermutlich nur
zwei Wochen, um ihn zu finden. Meiner mathematischen Schätzung nach habe ich
allenfalls zwölf Stunden zu meiner Verfügung.«
»Vielleicht weiß Marco, wo er
ist?«
»Wenn ich Marco finden kann«,
brummte ich. »Er war heute nicht im Büro. Kendrick drückte sich vage aus; Marco
sei verreist und käme vielleicht morgen zurück. Die neue, einfältige
Empfangssekretärin war heute auch nicht da. Was war eigentlich mit Ihnen los?«
Sie lächelte schwach. »Als ich
Ihnen gestern abend von meinem Bruder erzählte, wurde
mir wieder klar, wie sehr ich Marco hasse. Ich konnte es einfach nicht über
mich bringen, ihn heute zu sehen.«
Ich trank mein Glas leer, goß
mir erneut ein und ließ mich dann auf der Couch nieder. Helen Walsh saß ruhig
da, beobachtete mich mit einem besorgten Ausdruck in den Saphiraugen, und dabei
fiel mir etwas ein. Ich ließ meine Finger zwischen die Polster gleiten und
fand, wonach ich suchte.
»Hier.« Ich warf das rosa
Höschen in ihren Schoß. »Vielleicht brauchen Sie das angesichts des Wetters,
das wir neuerdings haben. Ich möchte nicht, daß Sie sich erkälten.«
»Ich habe noch mehr davon«,
sagte sie ernst. »Verhalten Sie sich immer so, wenn jemand eine Sache
aufschiebt? Werfen Sie ihm seine Geschenke einfach ins Gesicht?«
»Nicht, wenn ich in
Lustmörderlaune bin«, sagte ich.
Sie atmete schwer. »Ich bin
bemüht, dauernd Entschuldigungen für Sie zu finden! Ich sage mir die ganze Zeit
über, das sei die Reaktion auf das Rauschgift, das Kendrick in Sie
hineingepumpt hat. Aber im Augenblick fällt mir einfach nichts mehr zu Ihrer
Entschuldigung ein, Al Wheeler! Und wenn Sie weiter so dasitzen und vor
Selbstmitleid wimmern, dann werde ich — werde ich...«
»Was?« fragte ich, plötzlich
fasziniert.
Ihr Gesicht wurde dunkelrot.
»Vergessen Sie nicht, daß Sie keine Exklusivrechte darauf besitzen, sexbesessen
zu sein, das ist alles.«
Ich trank einen Schluck
verdünnten Whisky und begann mich plötzlich besser zu fühlen. »Ich weiß nicht,
wie Sie das schaffen.« Ich schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich meine, hierzusitzen und schmutzige Reden zu führen.«
»Es ist eine Art Therapie«,
sagte sie leichthin. »Vielleicht haben wir sie im Augenblick beide nötig. Die
Therapie, meine ich.«
»Ich beziehe meine aus der
Flasche«, sagte ich. »Warum halten Sie nicht mit?«
»Ich brauche etwas, das mehr
physische Anstrengung erfordert. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?«
»Einmal schnell um den Block
rennen?«
»Das genügt vielleicht.«
Sie stand auf, zog den
Reißverschluß ihrer weißen Tunika auf, zog sie aus, faltete sie sorgfältig
zusammen und legte sie über die Rücklehne des Sessels. Die genau gleiche
Prozedur erfolgte mit der Hose, und dann stand sie in einem weißen
Spitzenbüstenhalter und einem dazu passenden winzigen
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