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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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stammen.
    »Haben Sie versucht, Ihre erste
Frau im Bickmore Hotel zu erreichen, Doktor?« erkundigte ich mich.
    »Ja — ich habe ihr sofort
geschrieben. Der Brief kam zurück. Eine Mrs. Lintig sei dort unbekannt.«
    Ich betrachtete den Brief eine
Weile. Schließlich fragte ich: »Wie war ihr Mädchenname?«
    »Sellar. Amelia Rosa Sellar.«
    »Lebten ihre Eltern noch?«
    »Nein. Sie hatte überhaupt keine
Verwandten. Als Kind hatte sie bei einer Tante an der Ostküste gelebt, aber die
war gestorben, als Amelia siebzehn war. Seitdem hatte sie sich allein
durchschlagen müssen.«
    »Sie haben vermutlich keine
allzu großen Anstrengungen gemacht, sie aufzuspüren, als Sie jenen ersten Brief
bekamen?«
    »Ich habe mich jedenfalls nicht
an eine Detektei gewandt. Als der Brief zurückkam, nahm ich an, sie hätte den
Hotelbriefbogen nur benutzt, um mich irrezuführen.«
    »Damals hat sie sich nicht
versteckt gehalten, weil sie Sie in der Hand hatte«, bemerkte ich. »Es ging ihr
nicht mehr um Geld, sondern nur noch darum, Mrs. Vivian Carter nicht zu Mrs.
Alfmont werden zu lassen.«
    »Warum hat sie dann aber keine
Adresse angegeben?«
    Ich überlegte. »Weil sie etwas
vor Ihnen zu verbergen hatte — etwas, was Ihnen zu der stärkeren Position
verholfen hätte. Und an diesem Punkt werden wir den Hebel ansetzen.«
    »Charles — ich glaube, er hat
recht«, sagte Mrs. Alfmont hoffnungsvoll.
    »Dieser Frau traue ich alles
zu«, sagte Alfmont. »Sie war in den letzten Jahren unserer Ehe von einer
geradezu krankhaften Egozentrik. Alles mußte sich um sie drehen. Glücklich war
sie nur, wenn irgendein männliches Wesen ihr zu Füßen lag. Ständig mußte man
sie in Atem halten. Vor der Langeweile, dem Alltag, der Konvention hatte sie
panische Angst.«
    »Die wissenschaftlichen
Vokabeln können Sie sich sparen. Ich kenne den Typ.«
    »Sie
ist egoistisch, verschlagen, unwahrhaftig und unberechenbar«, erklärte Alfmont.
»Um zu ihrem Ziel zu kommen, ist ihr jedes Mittel recht.«
    Ich stand auf. »Ich nehme diese
Briefe mit. Gibt es einen durchgehenden Nachtzug von hier nach San Franzisko?«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte er.
    »Einen Bus?«
    »Ich glaube schon.«
    »Von nächtlichen Autofahrten
hab’ ich eine Weile genug«, sagte ich.
    Mrs. Alfmont schüttelte mir
herzlich die Hand. »Ihr Besuch hatte einen ernsten Anlaß«, sagte sie. »Trotzdem
fühle ich mich irgendwie ruhiger. Mir geht es nur um Charles. Ich selber
bedaure nichts. Ich liebe ihn — auch ohne Trauschein. Wenn es zu einem Skandal
kommt, so haben wir immer noch einander. Für den Mord allerdings — ja, für den
Mord sind Sie zuständig, Mr. Lam.«
    »Ja, für den Mord bin ich
zuständig«, wiederholte ich resigniert.
     
     
     

8
     
    Es war Samstag geworden, ehe
ich die Information bekam, deretwegen ich die Reise nach Frisko unternommen
hatte. Ich erfuhr, daß die Frau, die ich suchte, Empfangsdame in einem der
Nachtklubs an der Küste gewesen war und dort unter ihrem Mädchennamen, Amelia
Sellar, gearbeitet hatte. Gewohnt hatte sie in dieser Zeit im Bickmore Hotel. Am Sonntagabend hatte ich den »Roten Ranigan« ausfindig gemacht, dem der
Nachtklub damals gehört hatte.
    Ranigan war ein freundlicher
alter Mann mit rundlicher Figur, wallendem Haar, das nicht mehr rot, sondern weiß
war, und einer Vorliebe für Zigarren und Klatschgeschichten aus der guten alten
Zeit.
    Er saß an einem Ecktisch, vor
sich eine Flasche Sekt, die ich auf Berthas Spesenkonto als Taxigebühren zu
verbuchen gedachte, und schwelgte in Erinnerungen.
    »Sie sind ein junger Spund«,
sagte er. »Sie können sich nicht mehr daran erinnern — aber damals war San
Franzisko die tollste Stadt der Welt. Keine europäische Stadt konnte ihr das
Wasser reichen — nicht einmal Paris.
    Frisko war kein Sündenbabel,
wie es immer heißt. Es war einfach eine tolerante Stadt. Leben und leben
lassen, das war die Devise. So war die Stadt. So waren ihre Bewohner. Der Hafen
war voller Schiffe. Der Handel mit dem Orient blühte. Kleinigkeitskrämer waren
nicht gefragt. Die Leute kümmerten sich nur um das, worauf es wirklich ankam.
    Heute ist das anders. Wenn man
jetzt eine Sirene hört und die Streifenwagen vorbeisausen sieht und
hinmarschiert, weil man denkt, daß irgendwo ‘ne Revolution ausgebrochen ist,
sind da bloß ein paar Polizisten zugange, die eine Dame vom ambulanten Gewerbe
mitnehmen, weil sie auf der falschen Straßenseite auf Kundenfang gegangen ist.
    Gehen Sie mal heute in eines
der großen

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