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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Hotels, wo gepokert wird. Da ist doch nichts mehr los. Die pokern ja
nicht mal mehr um Goldstücke, wie früher, sondern um poplige Chips, und wenn
man dann eine Handvoll von dem Zeug hat, zahlt irgend so ein Knicker womöglich
mit einem Schuldschein. Gehen Sie mal an den Hafen. Wo gibt’s denn da noch
Ferne und Meer, wo ist da noch Romantik?«
    »Ihr Glas ist leer, Ranigan.
Ober!«
    Der Ober füllte die Gläser.
Ranigan nahm einen Schluck. »Guter Stoff.«
    »Ihnen hat früher die Nixen-Bar gehört, nicht?«
    »Ja, das waren noch Zeiten. Wie
war doch gleich Ihr Name?«
    »Lam. Donald Lam.«
    »Stimmt, ja. Was wollte ich
noch — ja, richtig. Es ist doch so, Lam: Wenn die Leute die richtige
Einstellung zum Leben haben sollen, brauchen sie Arbeit und Geld. Dann legen
sie sich ins Zeug, bei der Arbeit und beim Vergnügen, statt sich gegenseitig
übers Ohr zu hauen. Damals floß das Geld bloß so. Man brauchte nur einen Eimer
zu nehmen und abzuschöpfen. Heute ist das alles anders geworden. Das Geld rollt
nicht mehr. Manchmal denke ich, daß in der ganzen Welt knappe tausend Dollar
sind und daß alle im Kreis herumrennen, um den Kerl zu finden, der sie in der
Brieftasche spazierenträgt. Und wenn sie ihn haben, stürzen sie sich auf ihn
und nehmen ihm den Kies weg. Ich erinnere mich, damals in der Nixen-Bar ...«
    »Ihr Gedächtnis ist fabelhaft«,
fiel ich ein. »Übrigens hat mir jemand von einer Ihrer Barfrauen erzählt, die
‘ne Millionenerbschaft gemacht haben soll.«
    Er richtete sich überrascht
auf. »Millionenerbschaft? Eins von meinen Mädchen?«
    »Hm — Sellar hieß sie.«
    »Sellar...« Er kniff
nachdenklich die Augen zusammen. »Ich hatte mal eine Sellar. Die war
Empfangsdame bei uns. Aber ‘ne Millionenerbschaft hat die meines Wissens nie
gemacht. Sellar... Sellar... Richtig — Amelia hieß sie mit Vornamen. Amelia
Sellar.«
    »Vielleicht war sie da auch
nicht mehr in der Nixen-Bar«, meinte ich.
    »Möglich...«
    »Wissen Sie, wo sie jetzt
steckt?«
    »Nee.«
    »Sie wissen auch nicht, wo ich
sie finden könnte?«
    »Nein. Man verliert diese
Mädchen so schnell aus den Augen. Bei mir arbeiteten die schönsten Beine der
ganzen Stadt. Heutzutage gibt’s ja gar keine schönen Beine mehr. Modem mögen ja
diese Mannequinstecken sein — aber hübsch — nee, hübsch ist anders. Was so ‘n
richtiger Mann ist, der will ein Bein mit Kurven und Grübchen sehen, bevor er
was rausrückt. Ich erinnere mich, damals im Jahre...«
    »Haben Sie überhaupt keine
Verbindung mehr mit Ihren früheren Angestellten?«
    »Nee«, sagte er. »Das war ein
ruheloses Volk. Lange hielten die es nie an einer Stelle aus. Neulich habe ich
zufällig mal eine wiedergesehen. Die Myrtle war das. Damals, als sie bei mir
anfing, war sie noch ein richtiges Kind, achtzehn oder neunzehn. Und ob Sie’s
glauben oder nicht — sie sieht heute nicht einen Tag älter aus.«
    »Wo haben Sie die denn
getroffen?«
    »Sie ist Kassiererin in einem Kino.
Die hat Klasse, die Puppe. Ich hab’ sie ein paarmal angesehen, und dann hab’
ich gesagt: >Sagen Sie, Ihr Gesicht kommt mir so bekannt vor. Heißt Ihre
Mutter nicht Myrtle mit Vornamen?< Da hat sie mich erkannt und gesagt:
>Ich bin ja selbst die Myrtle.< Ich hätte mich beinahe hingesetzt. Sie
ist verheiratet, hat ein zehnjähriges Kind. Natürlich sind die Kassenschalter
immer raffiniert beleuchtet, aber trotzdem sage ich ihnen — wie war doch gleich
Ihr Name?«
    »Lam. Donald Lam.«
    »Ich sage Ihnen, Lam, das Mädchen
wirkte nicht einen Tag älter als zu der Zeit, als sie bei mir war. Die hatte
Beine... Ein Dutzend von der Sorte, und das Geschäft ist gelaufen. Aber heute
hat das auch keinen Zweck mehr. Es ist einfach nicht genug Geld da. Jeder
versucht, dem anderen die Moneten abzujagen, und das hält die Leute Tag und
Nacht in Atem. Die goldenen Zeiten kommen nicht wieder.«
    »In welchem Kino war das,
sagten Sie?« fragte ich.
    »In der Market Street, vier
oder fünf Häuser vom Twin Peaks Hotel .«
    »Wie sieht sie denn aus?«
erkundigte ich mich.
    »Bildschön. Damals war ihr Haar
heller als jetzt, nicht so mahagonifarben. Soll ja jetzt die Modefarbe sein.
Aber einen Teint hat sie — wie ein Pfirsich!   Und Augen — wie Vergißmeinnicht. Sie sah einen immer an, als könnte sie
kein Wässerchen trüben. Und die Beine, wie gesagt... Also ich sage Ihnen — wie
war doch gleich Ihr Name?«
    »Lam. Donald Lam.«
    »Richtig. Vergesse ich immer
wieder. Ist ja auch ein komischer Name. Ich

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