Die Leiche im rosa Nachthemd
Anruf
zurückzuverfolgen.«
»Moment«, näselte die Stimme am
anderen Ende der Leitung. »Ich hole mir nur was zum Schreiben.«
»Das könnte Ihnen so passen!
Damit Sie jemanden auf mich ansetzen können, was? Wenn Sie’s nicht
interessiert, können Sie ja gleich auflegen. Als Ihre Bullen in der Blauen
Grotte ermittelten, haben sie allerlei herausgekriegt. Aber von dem
Kleiderschrank von Kerl mit dem Muttermal auf der rechten Wange, der sich
verdächtig oft in diesem Etablissement herumgetrieben hat, haben sie nichts
erfahren. Das wurde einfach totgeschwiegen. Wenn Sie weiterkommen wollen,
sollten Sie sich die Mädchen in der Blauen Grotte noch mal richtig
vorknöpfen. Stellen Sie ein paar gezielte Fragen. Vermutlich wird sich
herausstellen, daß sie Anweisung hatten, den Kerl der Polizei gegenüber nicht
zu erwähnen.«
Ich legte auf und ging hinaus.
Eine halbe Stunde schlug ich ziemlich ziellos die Zeit tot, rauchte und dachte
nach. Inzwischen wurde es dunkel, die Straßenbeleuchtung flammte auf.
Ich ging zurück zu Marians
Apartment und klopfte energisch.
Sie begrüßte mich erleichtert.
»Gut, daß du wieder da bist. Es war ein ganz komisches Gefühl, hier so allein
zu sitzen.«
»Das komische Gefühl hattest du
durchaus zu Recht. Der Bezirksanwalt hat einen Schnitzer gemacht.«
»Was hat er denn angestellt?«
»Er hat die Geschichte von dem
Mann verraten, den du vor dem Haus getroffen hast. Der ist mit einem Schlag zur
Schlüsselfigur des Falls geworden. Sie haben seine Spuren bis zur Blauen
Grotte zurückverfolgt. Er war mit der Ermordeten befreundet.«
»Aber — aber ich habe ihn gar
nicht gesehen. Das hast du doch nur erfunden...«
»Vielleicht hast du ihn
wirklich gesehen und hast nur nicht auf ihn geachtet!«
»Unsinn. Jedenfalls kann ich
mich an nichts erinnern.«
»Natürlich konzentriert sich
jetzt das ganze Interesse auf ihn. Wenn du mich fragst, hatte der andere Mann
gar nichts mit der Sache zu tun. Er sah nicht aus wie ein Mörder — oder?«
»Nein, bestimmt nicht. Das habe
ich Mr. Ellis auch gesagt. Er sah ernst aus und würdig, aber irgendwie —
irgendwie verstört.«
»Wahrscheinlich hast du selber
auch einen verstörten Eindruck gemacht. Wenn man nun dich hätte aus dem
Apartment kommen sehen...«
»Eben — daran habe ich auch
schon oft gedacht.«
»Ich war bei Ellis«, sagte ich,
»und habe die Karten auf den Tisch gelegt. Ich habe ihm gesagt, wer ich bin und
was ich tue und inwieweit ich in den Fall verwickelt bin und daß ich mich für
dich interessiere. Er hat mir aufgetragen, dich in Sicherheit zu bringen.«
»In Sicherheit?«
»Ja. Die Polizei zweifelt
daran, daß du hier sicher genug bist. Dein Aufenthaltsort ist zu bekannt. Eine
Leibwache wollen sie nicht für dich abstellen, weil das nur unnötig auffällt.
Es wäre ihnen lieber, wenn du irgendwo unter falschem Namen untertauchen
würdest. Ich habe versprochen, die Sache in die Hand zu nehmen.«
»Wann?« fragte sie.
»Sofort.«
»Ich werde schnell packen,
und...«
»Kommt nicht in Frage. Die
Sachen kann ich dir später bringen. Es brennt jetzt. Wir haben keine Minute zu
verlieren.«
»Aber, Donald, wenn du hier
bist, kann mir doch kaum was passieren, und...«
»Das ist nur eine schöne
Illusion. Jede weitere Minute hier bedeutet Gefahr für dich. Weshalb hab’ ich
eine Strafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung riskiert, um schneller
herzukommen?«
»So laß mich doch wenigstens
ein paar Kleinigkeiten mitnehmen!«
»Sei jetzt bitte nicht
schwierig, Marian. Du mußt mir vertrauen. Es hängt sehr viel für mich davon
ab.«
Vor der Hintertür wartete die
Firmenkutsche. Ich hatte wieder mal Schwierigkeiten mit dem Starter, aber
schließlich rollte sie doch los, und wir fuhren auf dem schnellsten Wege zu
meiner Pension.
»Bleib sitzen. Ich bin gleich
wieder da.«
Ich machte mich auf die Suche
nach Mrs. Eldridge.
»Wir brauchen das Zimmer noch
einmal, Mrs. Eldridge«, sagte ich. »Der Verlobte meiner Cousine ist noch nicht
da. Sein Kahn hat Verspätung. Es dauert noch zwei oder drei Tage.«
»Und die Mutter des jungen
Mannes?«
»Meine Cousine hat die letzten
beiden Tage bei ihr gewohnt, aber heute sind schon wieder andere Bekannte
gekommen, und so viel Platz ist dort nicht.«
»Meinetwegen — sie kann
dasselbe Zimmer haben. Wie lange wird es gebraucht?«
»Vier oder fünf Tage.«
»Dann muß ich aber um eine
Anzahlung bitten.«
Ich drückte ihr das Geld in die
Hand und ließ mir eine Quittung
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