Die Leiche im rosa Nachthemd
Augenblick
abpassen, in dem die Luft rein ist.«
»Donald, ich habe meine
Handtasche verloren«, sagte sie.
Ich trat ein und stellte einen
Stuhl zwischen die Tür. »Wie kommt denn das?«
»Jemand hat sie aus meinem
Zimmer mitgehen lassen«, erklärte sie sehr bestimmt.
»Unsinn!«
»Doch!«
»Das ist eine achtbare Pension.
Mrs. Eldridge würde nie dulden, daß...«
»Das ist mir egal. Ich hatte
die Handtasche noch, als ich meine Wohnung verließ, und ich weiß ganz genau,
daß ich sie mitgebracht habe.«
Ich stieß einen leisen Pfiff
aus. »Das ist dumm. Vermutlich hast du sie im Wagen gelassen, und den habe ich
inzwischen woanders abgestellt. Was war denn drin?«
»Mein ganzes Geld.«
»Wieviel?«
»Alles, was ich besaß.«
»Der Bezirksanwalt hat mich
gebeten, für deine Unkosten aufzukommen. Ich kann dir einen Vorschuß geben.«
Sie ging mit kurzen,
energischen Schritten zur Tür und klappte sie zu.
»Holla!« sagte ich. »So geht
das nicht. Du wirst deinen Ruf ruinieren und von Mrs. Eldridge an die frische
Luft gesetzt werden. Sie...«
Marian Dunton stellte sich vor
mir in Positur. »Nun hör mal gut zu, mein lieber Donald. Ich bin zwar vom Lande
— aber ein wenig gesunden Menschenverstand darfst du mir schon Zutrauen. Du
bist ein netter Kerl, und ich mag dich gern und vertraue dir, aber wenn du
meine Handtasche klaust, hört bei mir der Spaß auf.«
»Ich — deine Handtasche
klauen?«
»Jawohl. Ich weiß, daß du
Detektiv bist. Ich weiß, daß du manches tust, was ich nicht wissen soll. Ich
weiß, daß du mich wie eine Schachfigur benutzt hast, daß der Fall so läuft, wie
es dir in den Kram paßt. Damit habe ich mich abgefunden. Aber daß du mich den
ganzen Nachmittag schamlos anschwindelst, geht mir denn doch über die
Hutschnur.«
»Anschwindeln? «
»Jawohl. Soll ich dir mal was
sagen? Du warst gar nicht beim Bezirksanwalt. Du hast nur eine halbe Stunde in
der Gegend herumgestanden.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Du hast erzählt, du hättest
eine Strafe wegen Überschreitung der Geschwindigkeit riskiert. Aber als wir
vorhin losgefahren sind, war der Motor eiskalt. Deshalb ist die Kutsche auch so
schlecht gestartet. Du bist gar nicht bei Mr. Ellis gewesen. Rate mal, woher
ich das weiß? Fünf Minuten bevor du wieder aufgetaucht bist, hat er angerufen
und mich gebeten, heute um halb elf zu ihm ins Büro zu kommen. Er erwartet ein
paar Kollegen aus Santa Carlotta, und ich soll mir ein Foto ansehen. Kein Wort
von deinem Besuch...
Das soll mir gleich sein. Ich
habe Vertrauen zu dir, und wenn du mich nicht einweihen willst, ist das deine
Sache. Aber daß du meine Handtasche verschwinden läßt, ist einfach gemein. Ich
hatte sie hier im Zimmer, als du hier warst. Dann bist du abgezogen, und da war
sie weg.«
Ich ließ mich in einen Sessel
fallen und fing an zu lachen.
Sie sah mich zornsprühend an.
»Das ist nicht lächerlich.«
»Marian — ich muß dich schon
wieder um einen Gefallen bitten!«
»Ich hab’ schon genug für dich
getan.«
»Das weiß ich. Und es ist
wieder eine knifflige Sache. Aber es hegt mir sehr viel daran.«
»Worum geht’s denn?«
»Du mußt mir jedes Wort
glauben.«
»Wir in der Provinz leben auch nicht
ganz hinter dem Mond. Wenn ich dir alles glauben würde, müßte ich wirklich sehr
dämlich sein.«
»Wenn es zum Krach kommt und du
nachweisen kannst, daß du von nichts gewußt hast, trage ich die Verantwortung.
Wenn du mit mir unter einer Decke steckst, machst du dich mitschuldig.
Kapiert?«
Sie sah mich beunruhigt an.
»Was willst du tun?«
»Wenn ich das wüßte...«
Sie dachte nach. Schließlich
meinte sie: »Einverstanden. Aber ich komme mir wirklich sehr dumm vor so ganz
ohne Geld...«.
Ich nahm meine Brieftasche und
gab ihr ein paar Scheine von Bertha Cools Spesengeld.
»Und wie ist es mit Kleidern?«
fragte sie.
»Kauf dir, was du so für die
nächsten Tage brauchst. Und noch eins, Miss Dunton. Mr. Ellis und ich waren uns
darüber einig, daß es für Sie besser ist, wenn Sie in den nächsten Tage nicht
in die Zeitung schauen.«
»Warum?«
»Mr. Ellis meint, daß
vermutlich etwas über diesen Fall drinsteht, und er möchte nicht, daß Sie
irgendwie beeinflußt werden.«
Sie sah mich aus großen,
unschuldigen Augen an. »Ich werde mich natürlich ganz nach dem richten, was Mr.
Ellis für richtig hält.«
»Wunderbar. Dafür wird er
sicher dankbar sein.«
»Hat Mr. Ellis mir sonst noch
etwas ausrichten lassen?«
»Ich kann mich im
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