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Die Leichenuhr

Die Leichenuhr

Titel: Die Leichenuhr
Autoren: Jason Dark
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bedrohlich, als wollte sie einen Menschen davor warnen, sie zu unterbrechen.
    Das konnte auch Einbildung sein, nur hatte ich gelernt, auf meine Gefühle zu achten. Seltsamerweise hatte mich eine innere Warnung erfaßt. Es konnte durchaus sein, daß sich in der unmittelbaren Nähe irgendwelche Feinde herumtrieben.
    Es wäre vermessen gewesen, schon in der ersten Nacht mit einem Erfolg zu rechnen. Ich wollte allerdings auch nicht die Zeit grundlos vertun.
    Nichts und niemand bewegte sich. Die Stille und die Starre waren in diesem Fall Geschwister. Selbst der Wind hielt sich zurück. Starke Böen und ein leichter Sturm waren erst für die folgenden Tage angesagt worden. Wonach ich genau suchte, wußte ich nicht. Ich wollte mich einfach überraschen lassen und ging zunächst einen Bogen, wobei ich immer dicht an der Begrenzung des Platzes blieb.
    Die Überraschung gelang.
    Beinahe wäre ich über ein am Seitenrand abgestelltes Fahrzeug gestolpert, das zwischen einigen Bäumen stand und nicht auszumachen gewesen war.
    Es war ein deutsches Auto, was mich nicht weiter interessierte. Mir war etwas eingefallen. Am Abend zuvor hatte ich den Wagen noch nicht gesehen. Der Polo war also erst nach Einbruch der Dunkelheit hergefahren. Während ich das Fahrzeug umging, dachte ich über den Grund nach. Es konnte ein völlig harmloser sein, daß jemand aus dem Zirkus Besuch bekommen hatte, aber das wollte ich nicht so ohne weiteres unterschreiben, denn das Auto kam mir vor, als hätte es sein Fahrer bewußt in einem Versteck abgestellt, damit es nicht sofort gesehen werden konnte.
    Ich hatte auch während meines zweimaligen Rundgangs nichts Verdächtiges entdecken können. Der Wagen war leer, auf dem Beifahrersitz lagen zwei Zigarettenschachteln und auf dem Rücksitz eine dunkle Jacke.
    Ich setzte meinen Weg durch die Dunkelheit fort. Am Himmel hatte der Wind ein Wolkenloch gerissen, und genau an dieser Stelle schaute der Mond auf die Erde nieder. Er sah aus wie eine hochkant gekippte Gondel und kam mir sehr bleich vor.
    Ein großer Schatten tauchte vor mir auf. Es war die größte Bude auf dem Platz und auch so etwas wie die Attraktion des Zirkus Baresi, wie ich wußte.
    Das historische Kuriositätenkabinett erinnerte mich von der Form her an eine Geisterbahn. Ich schaute mir die Vorderfront an. Ich sah das leere Kassenhäuschen und links davon die Eingangstür. Nach dem Bezahlen ging der Kunde die vier Stufen einer Holztreppe hoch, erreichte einen Gittergang, wandte sich nach links und konnte das Kabinett betreten. Die Tür war jetzt verschlossen, es brannten auch keine Lampen, nur die Bemalung zeichnete sich in der Düsternis als finsteres Meer ab, dessen Motive ich nicht erkennen konnte.
    Ich wußte auch nicht, woher der Grund kam, aber mich interessierte das Kabinett. Ich hatte mir schon bei dem ersten Entdecken vorgenommen, es zu betreten, allerdings war die Nacht nicht der richtige Zeitpunkt.
    Außerdem wollte ich keine Tür aufbrechen.
    Da mich der Gedanke nicht losließ, begab ich mich auf die Rückseite.
    Ich ging davon aus, daß es dort ebenfalls einen Eingang gab. Sollte dies der Fall sein und sollte die Tür auch nicht abgeschlossen sein, würde ich mal einen Blick hineinwerfen.
    Starke Bretter hielten die Holzwände an der Rückseite zusammen.
    Dennoch gab es Lücken, und mir fiel auf, daß sich im Innern etwas tat.
    Ich hörte keine Geräusche, aber ich sah einen weichen Lichtschimmer durch eine der Lücken schimmern.
    Sofort dachte ich an den leeren Wagen. Konnte es sein, daß jemand die gleiche Idee gehabt hatte wie ich und diesem Kabinett einen nächtlichen Besuch abstatten wollte?
    Ich hörte einen Schrei!
    Es war ein dünnes Geräusch, ziemlich weit entfernt klingend, aber doch hörbar.
    Der Schrei war im Innern des Kabinetts aufgeklungen. Meine Neugierde war gewachsen. Ich mußte nur den Eingang finden, denn was einem anderen gelang, sollte mir auch gelingen.
    Meine Hand steckte schon in der Tasche, um nach der Lampe zu fassen, als ich das dumpfe Geräusch eines Tritts hörte. Es war zu spät für mich, noch nach einer Deckung zu suchen. Ich ließ die Lampe los, drehte mich um – und wurde vom starken Schein einer Taschenlampe geblendet, der genau in mein Gesicht zielte.
    »Was machst du denn hier, Sinclair?« klang die scharfe Stimme des Direktors hinter der weißen Lichtfülle auf…
    Ich fluchte innerlich und war sauer auf mich selbst, daß ich nicht mehr auf die Sicherheit geachtet hatte. Ausgerechnet Baresi
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