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Die Leichenuhr

Die Leichenuhr

Titel: Die Leichenuhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mußte mich hier entdecken, und ich suchte fieberhaft nach einer Ausrede, die auch glaubhaft genug klang.
    Er blendete mich weiter. »Ich warte auf eine Antwort, verdammt noch mal!«
    »Ja, ich weiß!«
    »Also!«
    Ich hob meinen rechten Arm und winkelte ihn vor den Augen an.
    »Können Sie nicht das Licht wegnehmen?«
    »Ja, kann ich.« Er senkte den Arm. Der Lichtkegel warf einen Kreis auf den schmutzigen Boden. Gleichzeitig nickte mir der Mann zu. »Also, rede endlich!«
    »Ich… ich konnte…«
    »Nicht stottern.«
    »Ich konnte nicht schlafen, Mr. Baresi.«
    Er schwieg. Allmählich hatten sich auch meine Augen wieder auf die Lichtverhältnisse eingestellt. Ich erkannte den Mann mit der Halbglatze besser. Er trug einen Ledermantel und sah darin aus wie ein Scherge eines totalitäten Systems. Er hatte einen runden Kopf, dicke Wangen, und sein dunkles Haar war so weit zurückgewichen, daß ersieh schon über den Kaufeines Toupets hätte Gedanken machen können. Er hatte einen fleischigen Mund, selbst in der Dunkelheit fielen die wulstigen Lippen auf und der glänzende Speichel darauf. In den kleinen dunklen Augen glitzerte es. Er war kleiner als ich, was ihn ärgerte.
    Möglicherweise wippte er deshalb auf den Hacken und leuchtete mich wieder an.
    »Das ist mir zuwenig, Sinclair.«
    »Was denn?«
    »Deine Ausrede.«
    »Es ist keine, Sir. Ich… ich habe wirklich nicht einschlafen können. Es war so ungewohnt für mich. Und Tom schnarcht so laut wie ein Elefant.«
    »Das sollte dir doch nichts ausmachen!«
    »Darin bin ich sensibel.«
    Er schüttelte den Kopf und leuchtete wieder in mein Gesicht.
    »Gib endlich zu, daß du schnüffeln wolltest!«
    Da er mich anleuchtete, mußte ich ein sehr guter Schauspieler sein. Er suchte ja nach Regungen in meinem Gesicht, die seine Ansicht bestätigten, ich aber schüttelte den Kopf und brachte sogar so etwas wie ein Grinsen zustande. »Wieso denn, Mr. Baresi? Ich… ich… ich bin hier durch die Dunkelheit gegangen, das tue ich öfter. Ich habe bisher ein ziemlich freies Leben geführt, und ich wollte nachdenken.«
    Er lachte. Es hörte sich an, als hätte er mir bisher kein Wort geglaubt.
    Zum Glück senkte er die Lampe. »Nachdenken also. Toll, daß jemand wie du auch denken kann.«
    »Ich versuche es zumindest, Sir.«
    Er überhörte den Spott oder hatte ihn erst gar nicht mitbekommen, denn seine nächste Frage klang wieder normal. »Worüber hast du denn nachdenken wollen?«
    »Über mich, Sir.«
    »Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Was gibt es bei einem Herumtreiber zu denken? Du bist doch froh, wenn du einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekommst – oder?«
    »Das stimmt.«
    »So!« Seine Stimme klang zufrieden. »Und worüber hast du dir noch Gedanken gemacht?«
    »Bald kommt der Winter, Sir. Da muß ich sehen, daß ich irgendwo unterkomme.«
    Meine Antwort hatte ihn amüsiert. Er lachte leise, trotzdem schrill. »Wo können Penner wie du denn unterkommen?«
    »Keine Ahnung.«
    »In einer Zelle, wie?«
    Ich gab mich verlegen. »Nein, Sir, das… das möchte ich nicht.«
    »Hast du schon gesessen?«
    »Etwas.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Nie lange, Sir«, sagte ich schnell. »Zweimal für je zwei Wochen. Dann hat man mich wieder laufenlassen. Ich stehe an einem Wendepunkt und denke wirklich darüber nach, was ich machen und wie es mit mir weitergehen soll.«
    »Auf nächtlichen Spaziergängen.«
    »Richtig, Sir.«
    »Und das soll ich dir abnehmen?« blaffte er mich an. »Du willst mich doch hier auf den Arm nehmen.«
    »Nein, Sir, nein. Auf keinen Fall will ich das. Aber es ist leider so. Ich kann nachts am besten denken.«
    »Und schnüffeln!«
    »Wieso?«
    Er leuchtete jetzt gegen die Rückseite der großen Bude. Auf dem braunen Holz malte sich der helle Kreis ab. »Ich habe dich hier erwischt. Du bist mir vorgekommen wie jemand, der in dieses Kabinett eindringen wollte. Du hast dich hergeschlichen. Ich habe dich schon eine Weile beobachtet, du hast es nur nicht bemerkt. Ich will Typen wie dich hier nicht durchfüttern, damit sie mir…«
    »Sir, bitte!« Ich spielte weiterhin den Devoten. »So dürfen Sie nicht denken. Ich wollte hier nicht schnüffeln. Ich wollte auch nichts stehlen…«
    »Das wäre dir auch nicht gut bekommen.«
    »Weiß ich, Sir, weiß ich«, bestätigte ich nickend. »Ich habe mir nur Gedanken über mich selbst gemacht. Sie haben mir eine kleine Chance gegeben, dafür danke ich Ihnen, aber was kommt danach? Der Winter kann lang werden. Im

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