Die Leichenuhr
abzeichneten und sich zu Szenen zusammenfügten.
Schlimme Bilder – fratzenhafte Gestalten, Höllenwesen und ein schreckliches Antlitz mit kalten Augen.
Sie lachte, die Hexe freute sich. Sie hatte den Sieg errungen. Sie vertraute auf Luzifer, auf die Hölle, auf deren Schutz, und die Männer rannten mit ihrer Gefangenen auf das brennende Kreuz zu. Sie holten aus.
Ihr Anführer gab die Befehle.
Vor und zurück schwangen sie den nackten Körper, dann ließen sie Lizzy los.
Sie jagte dem Flammenkreuz entgegen. Ihr Körper drehte sich noch in der Luft. Sie schlenkerte mit den Armen, und aus dem offenen Mund drang ein gellendes Gelächter.
Kurze Zeit später hatte sie den Flammenvorhang erreicht, tauchte in ihn hinein und prallte gegen das Kreuz.
Es war stabil, es hätte diesem Aufprall standhalten sollen, doch als der Körper dagegenschlug, brach es zusammen. Das Kreuz veränderte sich zu einem glühenden, sprühenden Holzhaufen, von dem aus eine knisternde Flammenwand in die Höhe schoß.
Loderndes Feuer, glühende Teile, Flammen, die nach Nahrung suchten.
Lizzy zeigte ihnen, wie sehr sie als Hexe das Feuer beherrschte.
Die Klanmänner waren zurückgetreten. Sie erwarteten, daß alles zu Asche verbrannte, doch etwas anderes geschah. Aus den zusammengeschlungenen Resten des Kreuzes erhob sich die Gestalt der Hexe wie Phönix aus der Asche. Ein kalt schimmerndes, nacktes, bläuliches Wesen mit einem glatten Gesicht und einem weit geöffneten Mund, aus dem ein Gelächter brandete, das selbst den Kuttenträgern Angst einjagte. Mit beiden Armen schaufelte sie in die Flammen hinein.
Sie fachte das Feuer noch einmal an und schleuderte die Glut nach vorn, auf die Peiniger zu, die so erschreckt waren, daß sie zunächst stehenblieben.
Einige Kutten fingen Feuer.
Schreie gellten über den Platz. Die Pferde rannten wiehernd davon, und die Hexe erlebte ihren Triumph, als sie sah, wie vier Männer in hellen Flammen standen und nicht so schnell aus ihren Kutten hervorkriechen konnten.
Einem gelang es, die brennende Kapuze abzureißen. Ein heißer Feuerstoß jagte von unten her gegen sein Gesicht und ließ die Haut schmelzen wie Glas in einem Brennofen.
Das bekam Jules Vangard noch sehr deutlich mit. Er konnte noch immer keine Erklärung abgeben und mußte plötzlich erleben, wie sich alles veränderte.
Ein ungewöhnlicher Nebel überzog die Szene. Er verdeckte sie nicht nur, er löschte sie sogar aus. Als Vangard endlich dazu kam, Luft zu holen, schmeckte er den Staub auf seiner Zunge und schaute wieder in das zitternde Licht der Kerzenflammen, die sich um das Zifferblatt der Uhr gruppierten…
***
Jules rührte sich nicht. Er war zusammengesunken, sein Rücken beschrieb dabei einen Halbbogen, und er sah aus wie ein Mensch, der jeden Augenblick einen Schlag erwartete. Die Augen hielt er geschlossen, denn der Kerzenschein hatte ihn zu stark irritiert. Er konnte ihn in kein Verhältnis zu den Flammen setzen, die er erlebt hatte.
Allmählich kehrte seine Erinnerung zurück. Aus den Tiefen tauchte sie auf. Er hörte sich sogar schreien und erschrak über die eigene Reaktion.
Dann öffnete er die Augen.
Die Lichter waren noch da. Nichts hatte sich verändert. Auch die Uhr konnte er sehen. Allerdings war der Zeiger nach rechts gewandert. Es war ungefähr zwanzig Minuten nach Mitternacht. Und ihm fiel auch ein, was er mit Lizzy erlebt hatte. Sie hatte über dem Zeiger geschwebt und sich sogar auf ihn gelegt. Dann hatte sie sich von ihm töten lassen.
Er erinnerte sich an das Blut, das aus den Wunden gesprudelt war und das helle Kleid benetzt hatte. Ein kalter Schauer jagte bei diesem Gedanken über seinen Rücken.
Einbildung? Hatte er sich das wirklich alles nur eingebildet? War es ein Produkt seiner Phantasie geworden?
Vangard hob die Hände an und preßte sie gegen seine Wangen. Er konnte nichts begreifen, weil er nichts wußte, und er fühlte sich so überflüssig. Daß er selbst in Schweiß gebadet war, konnte er nicht leugnen. Er fühlte sich wie ausgequetscht, und hinter seiner Stirn stachen ihn zahlreiche kleine Messer.
Seine Beine zitterten dermaßen stark, daß er sich kaum auf den Füßen halten konnte. Er mußte nachdenken und alles in die Reihe bekommen, sonst wurde er noch verrückt.
Wieder dachte er daran, aus welch einem Grund er hergekommen war.
Er hatte Lizzy finden wollen. Er mußte mit ihr reden, er wollte wissen, was sie hier tat.
Sie hatte sich umgebracht.
Getötet!
Vangard stand kurz vor
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